Dienstag, 4. Oktober 2016

Allard Schröder "Der Hydrograf"

Graf Franz von Karsch-Kurwitz ist ein junger und leidenschaftlicher Hydrograf, als er sich 1913 auf der Posen nach Valparaíso einschifft. Dies ist für ihn nicht nur eine Forschungsreise, sondern auch die Flucht vor einer arrangierten Ehe mit einer Frau, für die er nichts empfinden kann. An Bord lernt er mit seinen Mitreisenden sehr unterschiedliche Menschen kennen, die aus den verschiedensten Gründen den Kontinent verlassen, unter anderem auch die geheimnisvolle Asta Maris, die Franz völlig in ihren Bann zieht.
Das besondere an Allard Schröders Roman „Der Hydrograf“ ist die ruhige und gleichzeitig klare Sprache, die einen als Leser geradezu in die Geschichte einsaugt. Schröder orientiert sich dabei stilistisch stark an der Zeit, in der er seinen Roman auch ansiedelt, so dass man sich ein ums andere Mal als Leser bei dem Gedanken an beispielsweise Thomas Mann wiederfindet. Franz von Karsch ist geprägt durch eine Vielzahl von Ereignissen aus seiner Kindheit und neigt dazu, sich in seiner Lethargie und schon fast Selbstmitleid zu suhlen. Die Schifffahrt bietet hierfür die besten Voraussetzungen und das Leben seiner Mitreisenden scheint ihm Projektionsfläche für eigene mögliche Abenteuer zu werden. Die Geschichte selbst verläuft sehr ruhig und mit wenigen Aufregern, das spannende an dem Buch ist jedoch Franz‘ Psychologie und sein Blick auf die Welt. Er ist eine fast typische, an den Verhältnissen seiner Zeit leidende Figur des frühen 20. Jahrhunderts. Ein Mann, der ohne materielle Sorgen aufgewachsen ist und es dennoch nicht schafft, glücklich zu sein.
„Der Hydrograf“ ist ein sehr psychologisches Buch, das man nicht einfach weglegen kann. Die Handlungen und Gedanken von Graf Franz von Karsch-Kurwitz bleiben einem noch erhalten und häufig muss man sie auch rückblickend noch einmal prüfen und hinterfragen. Ob er an irgendeinem Punkt in seinem Leben wirklich glücklich geworden ist, wage ich zu bezweifeln. Aber es dies anders gekommen wäre, wenn er diese Schiff nicht bestiegen hätte, glaube nach der Lektüre allerdings auch nicht. Mir hat „Der Hydrograf“ ausgesprochen gut gefallen und ich wüsste in der aktuellen Literatur nichts, was sich mit dem großartigen, wenn auch etwas behäbigen Stil von Allard Schröder direkt vergleichen ließe. 

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