Freitag, 15. September 2017

Petra Morsbach "Justizpalast"

Thirza Zorniger ist das Produkt einer leidenschaftlichen Beziehung zwischen dem Schauspieler Carlos Zorniger und Gudrun, Tochter von Strafrichter Wilhelm Kargus. Doch die Beziehung zerbricht und Thirza wächst bei ihrem Großvater und den Tanten in Parsing auf, nachdem ihre Mutter überfordert die Erziehung der Tochter aufgibt. Dort entwickelt sie den Wunsch, ebenso wie ihr Großvater, den sie sonst nicht besonders zu mögen scheint, Juristin zu werden und es bis in den Münchener Justizpalast zu schaffen.
Petra Morsbach erzählt in „Justizpalast“ ausgiebig von Thirzas Leben, ihren Jugendjahren, aber hauptsächlich von ihrer Zeit als aktiver Juristin in verschiedensten Themengebieten. Familiengericht, Gnadenabteilung im Ministerium, Beschwerdekammer, Kartellrecht – durch all diese Bereiche arbeitet sich Thirza und was vielleicht langweilig klingt, ist ein hochspannender Roman über Recht und Gerechtigkeit. Bereits im Studium diskutiert Thirza mit Kommilitonen Radbruch und die Frage, welche Rolle Recht und Gesetz und welche darin die Richter zu spielen haben. Gibt es so etwas wie rechtgewordenes Unrecht? Diese Frage ist direkte Folge aus dem Fehlverhalten der Richter in der Nazi-Diktatur und beschäftigt Thirza ihr ganzes Leben lang. Der Roman „Justizpalast“ ist nicht nur spannend, man lernt auch eine Menge über Rechtsauslegung, Rechtsphilosophie und das Selbstverständnis der Justiz. Immer wieder werden Fälle eingeflochten, die Thirza verhandelt, was den Roman so nah und lebensecht macht, dass man manchmal vergisst, dass man eine fiktive, keine reale Geschichte liest.
Thirza ist eine sehr spezielle Persönlichkeit, privat sehr gehemmt, sucht sie Erfüllung im Beruf und hat sich von der Vorstellung, in einer Beziehung glücklich zu werden, schnell verabschiedet. Sie kämpft in einer Zeit um Anerkennung, als Frauen in der Justiz selten und im Richteramt noch seltener waren. Jedenfalls zu Beginn, denn Morsbach lässt uns an Thirzas Beispiel auch die Geschichte der deutschen Justiz in der Nachkriegszeit erleben, die Veränderung der Probleme und Fragestellungen und die Komplexität des Rechts durch immer neue Gegebenheiten von Außen.
Ich halte Petra Morsbachs Roman „Justizpalast“ für einen herausragenden Roman. Die Autorin bereitet ein zunächst langweilig erscheinendes Thema wie ein Leben für die Justiz so spannend auf, dass man den Roman kaum noch aus der Hand legen kann. Durch Thirzas speziellen Charakter wird das Buch noch kurzweiliger und selbst komplizierte Stellen über rechtsphilosophische Diskussion schreibt sie so klar und fesselnd, dass man sich keinesfalls abgeschreckt fühlt. Thirza wächst einem ans Herz und ihr uneingeschränktes Streben nach Gerechtigkeit schafft großen Respekt vor dieser Figur.
Von mir gibt es eine uneingeschränkte Empfehlung für diesen Roman verbunden mit der Bitte, sich nicht abschrecken zu lassen vom vielleicht schwierigen Thema, denn Petra Morsbach macht es dem Leser unglaublich leicht, sich darauf zu einzulassen. 

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Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen des Knaus Verlags. 

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