Donnerstag, 29. März 2018

Anna Romer "Der Schattengarten"


Vor Jahren ist Lucy aus Melbourne, ihrer Heimatstadt, geflohen, weil sie von ihrer großen Liebe abgewiesen wurde. In London hat sie sich ein neues Leben aufgebaut und ist inzwischen verlobt. Doch ein Brief ihres Großvaters holt sie zurück. Er müsse ihr etwas zeigen, was alles erklären würde. Etwa auch den Tod ihrer Mutter, den Lucy nie verwinden konnte? Sie kommt zurück, doch bevor sie mit ihrem Großvater sprechen kann, verstirbt er. Lucy muss sich jetzt selbst auf die Suche nach den Hintergründen ihrer Familiengeschichte machen.
„Der Schattengarten“ von Anna Romer ist eine schöne Familiengeschichte, die mich jedoch einfach nicht richtig packen konnte. Lucy ist zwar die Hauptfigur und die Geschichte wird aus ihrer Sicht erzählt, dennoch war sie für mich die ganze Zeit nicht richtig greifbar. Die Rückblenden, die die Autorin immer wieder einschiebt, haben mir weitaus besser gefallen als die aktuelleren Stellen. Auch wenn die Story in der Vergangenheit spannend beschrieben wurde, fehlte mir ein wenig der rote Faden, mehrere Elemente liefen hier für mich durcheinander. Einmal der Tod von Lucys Mutter, der in den 70ern passierte, dann aber auch das Verschwinden ihrer Großmutter in den 30ern und das plötzliche Auftauchen eines Mädchens, ebenfalls in den 30er Jahren. Hier hätte ich mir eine straffere und klarere Struktur gewünscht, die deutlich zu einer Auflösung geführt hätte. So waren mir alle Elemente der Erzählung zu wenig miteinander verbunden.
Leider konnte mich „Der Schattengarten“ von Anna Romer nicht richtig überzeugen, besonders die Hauptfigur war mir einfach zu unscharf. Die Story an sich hätte mit einer klareren Struktur sehr spannend sein können, so tröpfelt mir die Handlung einfach etwas zu sehr dahin. Kein schlechtes Buch, aber in dem Genre gibt es weitaus besseres zu lesen.

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Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen des Goldmann Verlags. 


Mittwoch, 28. März 2018

Sam Bourne "Der Präsident"


Ein US-Präsident der narzistisch ist, leicht größenwahnsinnig und zu Kurzschluss- reaktionen neigt – dass uns das bekannt vorkommt, ist sicher kein Zufall. Nachdem er in einer Nachtaktion beinahe Nordkorea mit Atomsprengköpfen bombardiert hätte, beschließen der Verteidigungsminister und sein Stabschef, dass sie diesen Präsidenten ausbremsen müssen, wenn er nicht die ganze Welt in die Zerstörung treiben soll. Als ihr erster Plan scheitert, scheint ein Attentat die einzige Lösung, um Schlimmeres zu verhindern. Doch das ist nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag – auch nicht für den Verteidigungsminister.
Sam Bourne schreibt seinen Thriller sehr offensichtlich in Anlehnung an die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten. In seinem fiktiven Roman lässt er den namenlosen Präsidenten die Atomcodes aktivieren, erst in letzter Minute kann ein Unglück verhindert werden, die Öffentlichkeit erfährt davon natürlich nichts. Die Story ist sehr spannend angelegt und auch die Figuren sind eigentlich gut eingeführt in die Geschichte und bieten viel Potential. Leider hat mich die Zusammenführung der beiden Erzählstränge um den Stabschef und den Verteidigungsminister und andererseits eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses, die Ermittlungen anstellt, nicht überzeugt. Ihre Figur war einfach nicht stark und selbstbewusst genug, um als Rechtsberaterin im Weißen Haus zu überzeugen. Mir fehlte als Leser ein Protagonist, mit dem ich mich in irgendeiner Weise identifizieren konnte, leider hat Bourne es nicht geschafft, diese Figur in die Story einzubinden. Alle waren mir durchweg eher unsympathisch und so konnte mich die Geschichte nicht richtig mitnehmen. Zudem fand ich es etwas zu einfach, so offensichtlich Präsident Trump als Charakter zu kopieren und als Romangrundlage zu verwenden.

Ich hatte mir von „Der Präsident“ etwas mehr erwartet, mir fehlten die Spannung und eine Hauptfigur, die die Story für den Leser nachvollziehbar macht, indem er mit ihr sympathisiert. Vom Ansatz her finde ich Sam Bournes Idee ganz gut, bei der Umsetzung wäre aber mehr drin gewesen.

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Hier geht es zu weiteren Informationen des Bastei Lübbe Verlags. 

Dienstag, 27. März 2018

Matthias Kröner "MM City. Hamburg"


Der nächste Städte-Trip steht an und für die Reiseplanung musste mal wieder ein Reiseführer aus dem Michael Müller Verlag her. Matthias Kröner hat für den Verlag alles Wissenswerte rund um die Hansestadt Hamburg zusammengeschrieben und in einem sehr übersichtlichen und interessanten Reiseführer zusammengefügt.
Neben dem Klassiker, die Stadtspaziergänge, die einem die einzelnen Stadtviertel mit ihren Sehenswürdigkeiten, aber auch Essens- und Shoppingtipps näher bringen, gefällt mir hier besonders der Einführungsteil. Man bekommt einen tollen Überblick, was die Highlights der Stadt sind, wo man gut essen kann und was man vielleicht lieber auslassen sollte, wenn man sich nicht mit Massen von anderen Touristen durch die Gegend schieben will. Die Kritik an der Hafenrundfahrt kann ich gut nachvollziehen – wir werden sie trotzdem machen, einfach weil es für uns dazu gehört. Aber die Tipps sind toll gestaltet und bringen auf sehr gut lesbare und übersichtliche Art und Weise einen Überblick, was man in Hamburg machen kann. Auch das Material an Stadtplänen und die Übersicht zum öffentlichen Nahverkehr ist wie immer dabei, man findet sich also problemlos in der Stadt zurecht, auch wenn man vorher noch nicht in Hamburg war.
Ein besonderer Bonus ist abschließend der Teil „Nachlesen & Nachschlagen“, der zum Schmökern einlädt und sicher auch schon die Zugfahrt bei der Anreise durch kurzweilige Lektüre verkürzen kann. Der Hamburg-Reiseführer von Matthias Kröner überzeugt durch tolle Tipps und Übersichtlichkeit, das kann ich nur weiterempfehlen.

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Hier geht es zu weiteren Informationen des Michael Müller Verlags. 

Mittwoch, 21. März 2018

Alexandra Zöbeli "Der Pub der guten Hoffnung"


Sam und Hannah erhalten eine Nachricht, die schlimmer kaum sein könnte: Ihr Sohn Felix ist Amok gelaufen, hat zwei Menschen mit in den Tod gerissen und sich selbst das Leben genommen. Hannah verliert jeglichen Lebensmut und sucht psychologische Hilfe. Sam hingegen flieht vor den Reportern und Bekannten nach Wales in das Cottage eines Freundes, um Abstand zu gewinnen. Dort lernt er die lebenslustige Hope kennen, die sich mit viel Energie um die Kinder ihrer Schwester kümmert. Hope, Finn und Sian bringen wieder Licht in Sams Leben – doch die Frage, wie es mit Hannah weitergehen soll, kann er nicht vergessen. Irgendwann muss er sich seinem alten Leben stellen.
Alexandra Zöbeli ist eine Garantin für schön geschriebene Wohlfühlliteratur. Sie schreibt Liebesgeschichten, die einen bewegen und Freude machen. Ihr neuer Roman „Der Pub zur guten Hoffnung“ hebt sich davon jedoch etwas ab, die Geschichte ist komplexer und auch die Figuren sind tiefer angelegt als bisher. Das wirkt sich alles sehr positiv auf die Handlung aus. Auch wenn ich die vorhergehenden Romane der Autorin schon sehr mochte, gefällt mir dieser noch besser. Der Schicksalsschlag macht es Sam und Hannah sehr schwer, sich in ihrem Leben zurechtzufinden und beide hadern mit ihrer Ehe und wie es weitergehen soll. Weder Sam, noch Hope oder Hanna machen es sich leicht mit ihren Entscheidungen und als Leser hat man stets das Gefühl, das Handeln der Protagonisten gut nachvollziehen zu können.
„Der Pub zur guten Hoffnung“ ist nicht nur eine leichte Liebesgeschichte, es ist ein Roman über eine Ehe, die mit einer großen Krise fertig werden muss, der sie vielleicht nicht gewachsen ist. Die Figuren wachsen einem sofort ans Herz und man gibt sich von der ersten Seite an mit allen auf eine bewegte Reise. Mir hat der neue Roman von Alexandra Zöbeli ausgesprochen gut gefallen, ich kann ihn nicht nur Fans von leichter Unterhaltung ans Herz legen, im Pub der guten Hoffnung ist für alle Leser was dabei.

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Hier geht es zu weiteren Informationen des Ullstein Verlags. 

Dienstag, 20. März 2018

Zehn Fragen an: Tabea Bach

©Claudia Toman

1) Am frühen Morgen - Kaffee oder Tee? 
Kaffee, heiß, schwarz, ohne Zucker.  
2) Wofür sind Sie dankbar?
Dafür, dass ich den schönsten Beruf der Welt habe und jeden Tag aufs Neue in das Universum meiner Protagonisten eintauchen darf. Ich bin dankbar für die Liebe meines Lebens, die ich ganz ähnlich wie Sylvia in Die Kamelien-Insel unverhofft gefunden habe und seither nicht mehr loslasse. Dafür, dass ich in einem freien Land lebe und meine Meinung frei äußern kann. Und einfach dafür, am Leben und gesund zu sein. Ach, es gibt so vieles, für das ich dankbar bin!
3) Urlaub – in die Berge oder an den Strand?
 Ich liebe beides und lebe ja auch im Schwarzwald, immerhin einem Mittelgebirge. Aber so richtig entspannen kann ich mich - wen wunderts - am Meer.  
4) Ihr Lieblingsbuch?
Mein Lieblingsbuch ist "Flammen des Zorns" von Daniel Oliver Bachmann. Ein unglaublich packender Thriller und gleichzeitig die schönste Liebesgeschichte der Welt. 
5) Ihr Tipp, wenn es mal stressig wird?
Tief durchatmen, statt alles schneller zu tun zu versuchen, bewusst zu verlangsamen und eine Liste machen, in welcher Reihenfolge ich die Dinge erledige. Meist wird der Stress ja von außen an einen herangetragen. Es liegt an uns zu entscheiden, ob wir uns davon steuern lassen wollen oder nicht.  
6) Welches Buch liegt gerade auf Ihrem Nachttisch?
"Liebe M., du bringst mein Herz zum Überlaufen" von Anna Paulsen.
7) Welches Buch können Sie immer wieder lesen?
Die Gedichte von Ingeborg Bachmann.  
8) Ihr Berufswunsch als Kind?
Schriftstellerin, schon als ich 7 Jahre alt war. Und mit 12 schrieb ich in mein Tagebuch: "Eigentlich möchte ich Schriftstellerin werden. Ich sollte dabei bleiben!"  
9) Mit wem würden Sie gerne einen Tag Ihr Leben tauschen?

Mit meiner Heldin Sylvia in der Roman-Trilogie "Die Kamelien-Insel"  
10) Und zum Abschluss - Sie haben drei Wünsche frei! Was wünschen Sie sich?
Dass die Ressourcen dieser Welt gerecht aufgeteilt werden und niemand mehr in Not leben muss. Natürlich wünsche ich mir eine Welt ohne Krieg. Und ganz persönlich: Dass meine Bücher die Herzen von möglichst vielen Lesern berührt.

Die Kamlieninsel-Trilogie erscheint im Verlag Bastei Lübbe, der erste Band unter dem Titel "Die Kamelieninsel" ist bereits am 23. Februar 2018 erschienen, hier findet ihr meine Rezension dazu. Der zweite Band "Die Frauen der Kamlieninsel" erscheint im September 2018. 

Montag, 19. März 2018

Jessie Burton "Das Geheimnis der Muse"


Odelle Bastien kommt aus der Karibik und geht in den 60er Jahren nach London, um Schriftstellerin zu werden. Sie nimmt einen Schreibjob in einem Museum an und lernt auf der Hochzeit einer Freundin Lawrie Scott kennen. Er hat ein Bild von seiner Mutter geerbt und Odelle hilft ihm, es im Museum einschätzen zu lassen. Doch die Reaktion von Odelles Chefin fällt unerwartet aus, was hat das Bild in ihr ausgelöst, dass sie so heftig darauf reagiert? Ein großes Geheimnis scheint wie ein Schleier über dem Gemälde zu liegen, der sich nur ganz langsam hebt.
Jessie Burton beschreibt in „Das Geheimnis der Muse“ eigentlich zwei Geschichten: Die der jungen Odelle, die sich als völlig Fremde versucht in London zurechtzufinden und die von Olive Schloss, einer jungen und aufmüpfigen Frau, die mit ihren Eltern in den turbulenten 30er Jahren in Spanien lebte. Stück für Stück fügt sie die Geschichten zusammen und schafft so eine große Spannung. Zwar ist einem klar, dass es eine Verbindung zwischen diesen beiden Frauengeschichten geben muss, aber erst spät löst sich für den Leser das Geheimnis um Olive Schloss auf, was die Lektüre die gesamte Zeit spannend und mitreißend macht. Unbedingt will man wissen, was mit Olive passiert ist, woher das Bild kommt und wer es wirklich gemalt hat. So gleitet man sehr schnell hinein in die Geschichte und kann die Figuren schon bald nicht mehr loslassen und so auch das Buch nicht mehr zur Seite legen.
Mich hat die Jessie Burton mit „Das Geheimnis der Muse“ sofort in einen Bann geschlagen und ich musste einfach immer weiterlesen. Die Geschichte ist kurzweilig, sehr gut recherchiert und schön geschrieben, hat also alles, was ein guter Schmöker mitbringen sollte. Besonders die Passagen in Spanien haben mich fasziniert, weil sie neben der Geschichte um Olive auch sehr anschaulich das langsame Hineingleiten in einen Bürgerkrieg zeigen und die verschiedenen Positionen zu Wort kommen lassen. So hat man neben der fiktiven Story um Olive Schloss und den jungen Rebellen und Maler Isaac Robles auch ein realistisches Bild von der historischen Situation in der damaligen Zeit. Aber auch die Beschreibungen von Odelles Kämpfen im Alltag sind sehr faszinierend, obwohl sie sich immer als Mitglied des Commonwealth gefühlt hat, verdeutlichen ihr die Menschen – mal bewusst und mal unbewusst- immer wieder, dass sie in London nicht dazugehört.
„Das Geheimnis der Muse“ ist ein sehr gelungener Roman, Jessie Burton schafft es problemlos, verschiedene Themen in einer spannenden Geschichte zu vereinen und die Leser von der ersten Seite an mitzunehmen. Ein sehr gelungener Roman, den ich alles Fans von Romanen mit starken Frauenfiguren und Hobbydetektiven nur ans Herz legen kann.

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Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe im Insel Verlag. 

Freitag, 16. März 2018

Catharina Junk "Bis zum Himmel und zurück"


Katja sitzt gerade an einem Drehbuch über eine Familienserie, als ein Anruf ihr Leben durcheinander wirft: Ihre Mutter, zu der sie seit Jahren keinen Kontakt hat, meldet sich um ihr Bescheid zu geben, dass ihr Vater im Koma liegt. Der Vater, der sie vor über zehn Jahren einfach im Stich gelassen hat, nachdem ihre jüngere Schwester bei einem Unfall ums Leben kam. Er verließ ihre Mutter für eine andere Frau und auch Katja hat nie wieder etwas von ihm gehört. Jetzt muss sie sich der Frage stellen, ob sie alles so belassen will wie es ist, oder aus ihrem Schneckenhaus herauskommt, um ihren Vater zu besuchen und eventuell sogar seine neue Familie kennenzulernen. Eine schwere Frage für Katja, die alte Wunden wieder aufreißt.
Der Titel und das Cover wirken zwar wie ein etwas kitschiger Liebesroman, aber wie bei ihrem Debut „Auf Null“ überzeugt Catharina Junk wieder mit einer sehr schönen und gar nicht kitschigen Geschichte. Katja ist eine sehr ambivalente Hauptfigur, die nicht nur sympathisch ist, sondern einen als Leser auch das ein oder andere Mal mit ihrer Sturheit auf die Palme bringen kann. Doch davon lebt die Geschichte, denn der Leser kann sich zwar gut in Katja einfühlen, dabei aber auch die anderen Perspektiven gut nachvollziehen. Das Buch ist zwar an vielen Stellen traurig, aber die Autorin Catharina Junk schafft es dennoch immer, eine gewisse Komik einfließen zu lassen, so dass man beim Lesen immer noch viel Freude hat und nicht von negativen Gefühlen überrannt wird. Dass dies nicht selbstverständlich ist, zeigt sich daran, wie Katjas Figur angelegt ist: sie gibt sich die Schuld am Tod ihrer Schwester, ihre Vater hat sie verlassen, ihre Mutter wurde alkoholabhängig, der Beginn ist eigentlich prädestiniert dafür, auch Katja in den Abgrund zu stoßen. Die die Autorin gibt ihrer Figur die Chance, ihr Leben neu zu beginnen und lässt uns Leser auf manchmal traurige, aber oft auch komische und immer mitreißende Art daran teilhaben.
Catharina Junk ist auch mit ihrem zweiten Roman „Bis zum Himmel und zurück“ ein bewegender, spannender und unterhaltsamer Roman gelungen, der einfach Freude am Lesen macht. Ihr Blick auf menschliche Emotionen und ihr Mitgefühl für die Hauptfigur sprechen aus jeder Zeile und machen das Buch für jeden Leser zu etwas Besonderem, was lange in Erinnerung bleibt. Das perfekte Buch, um ein Wochenende auf dem Sofa abzutauchen und sich voll auf Katja und ihr Schicksal einzulassen.  

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Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe des Rowohlt Verlags. 

Wer etwas mehr über Catharina Junk erfahren möchte, findet hier mein Kurzinterview mit der Autorin (und vielleicht auch die ein oder andere kleine Gemeinsamkeit mit der Hauptfigur Katja).

Donnerstag, 15. März 2018

Adam Haslett "Stellt euch vor, bin fort"


Es gibt Menschen, die haben ein leichtes Leben. Sie sind glücklich mit ihrer Familie, gesundheitlich geht es allen gut und die Entscheidungen im Leben sind leicht zu treffen, weil ein ruhiger Weg vorgezeichnet ist. Aber es gibt auch die andere Möglichkeit, den steinigen Weg, den Margeret wählt, als sie sich für ihre Liebe John entscheidet, obwohl sie weiß, dass er unter bipolaren Störungen leidet, die wohl nie ganz verschwinden werden. Sie bekommen drei Kinder, leben halbwegs glücklich zusammen, denkt man als Leser zunächst. Doch Johns Krankheit beeinflusst das Leben aller, auch noch in der nächsten Generation und ist das prägende Element, um das die Familie kreist, immer und ohne Ausnahme.
„Stellt euch vor, ich bin fort“ von Adam Haslett ist ein unglaublich aufwühlendes und emotionales Buch. Diese Krankheit, die nicht steuerbar ist, zerreißt die Familie beinahe und während Margaret immer versucht, Johns Verhalten auszugleichen, kommt sie irgendwann an einen Punkt, wo sie auch das nicht mehr kann. Die drei Kinder können ihre Lebensentwürfe nicht unbeeinflusst von der Erkrankung gestalten und schwanken so immer zwischen Vorwürfen und Mitgefühl für ihre Mutter. Zwar sind sie eine Familie und auch oft zusammen, doch jeder ist wie eine Insel in dieser Gemeinschaft mit eigenen Problemen beschäftigt, ständig von dem Versuch vereinnahmt, ein Leben zu schaffen, dass sich nicht um den Vater, seine Erkrankung und sein Schicksal dreht, welches besonders für seinen ältesten Sohn Michael ungeahnte Folgen hat. 
Die Geschichten haben mich sehr berührt, Adam Haslett reißt einen regelrecht in die Handlung hinein und schont die Leser nicht. Wir müssen uns mit den Figuren auseinandersetzen, dürfen nicht wegsehen, müssen uns konfrontieren mit dieser zerrütteten Familie, die doch eigentlich hätte glücklich werden sollen. Der Autor schafft es auf bemerkenswerte Weise, Mitgefühl für alle Positionen zu wecken und uns alle Figuren mit ihren Eigenarten nahe zu bringen. Das macht das Buch zu etwas Besonderem, was einen nach der Lektüre nicht loslässt, sondern weiter beschäftigt und in einem arbeitet.
Was wäre wohl passiert, wenn Margaret oder John sich in dieser oder jener Situation anders verhalten und anders entschieden hätten? Wären ihre Kinder jetzt glücklicher, während sie als junge Erwachsene ihren Weg suchen? Diese Fragen schwirren einem im Kopf herum, während man die Familie auf einer Reise begleitet, die sie fast zerreißt und die kein Happy End im eigentlichen Sinne haben kann. Ob Hasletts Schluss dann doch ein glücklicher ist, sollte jeder Leser für sich selbst entscheiden. 
Mich hat der Roman „Stellt euch vor, ich bin fort“ von der ersten bis zur letzten Seite beeindruckt und mitgerissen, es hat mich bewegt und nicht losgelassen und verbindet damit alles, was ein wirklich großartiges Buch mitbringen muss.

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Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen des Rowohlt Verlags. 

Mittwoch, 14. März 2018

Zehn Fragen an: Catharina Junk


© Kerstin Schomburg
Am 13. März 2018 erschien Catharina Junks neuer Roman "Bis zum Himmel und zurück". Ich habe das Buch zwar noch nicht ganz durch, bin aber schon völlig begeistert von der Geschichte und der intensiven Darstellung der Figuren. 

Für Sarahs Bücherregal beantwortete Catharina Junk jetzt den Fragebogen "Zehn Fragen an...". 

1) Am frühen Morgen - Kaffee oder Tee?
Weder noch, denn ich hasse Heißgetränke! Wasser mit Kohlensäure oder zuckerfreie Cola, immer möglichst sehr kalt.

2) Wofür sind Sie dankbar?
Meine Familie, meine Gesundheit und meine Freundinnen und Freunde. Und dafür, dass es Menschen gibt, die meine Bücher mögen.

3) Urlaub – in die Berge oder an den Strand?
Strand. Strand. Strand.

4)Ihr Lieblingsbuch?
„Stolz und Vorurteil“ von Jane Austen, „Auslöschung“ von Thomas Bernhard und „Lolita“ von Nabokov.

5) Ihr Tipp, wenn es mal stressig wird?
Leider habe ich keinen.

6) Welches Buch liegt gerade auf Ihrem Nachttisch?
„Sag den Wölfen, ich bin zu Hause“ von Carol Rifka Brunt, übersetzt von Frauke Brodd.

7) Welches Buch können Sie immer wieder lesen?
Meine oben genannten Lieblingsbücher, außerdem noch „Dies ist kein Liebeslied“ von Karen Duve und fast alles von Wolfgang Herrndorf.

8) Ihr Berufswunsch als Kind?
Tierärztin.

9) Mit wem würden Sie gerne einen Tag Ihr Leben tauschen?
Mit niemandem.

10) Und zum Abschluss - Sie haben drei Wünsche frei! Was wünschen Sie sich?
Das darf ich doch nicht sagen, sonst geht’s nicht in Erfüllung.



Neben ihrem neuen Roman "Bis zum Himmel und zurück" kann ich allen Lesebegeisterten auch ihren Roman "Auf Null" ans Herz legen. Selten hat mich ein Buch so bewegt und mitgerissen wie diese Geschichte, daher: unbedingt lesen! Meine Rezension zu dem Buch findet ihr hier. Als Taschenbuch übrigens erschienen unter einem neuen Titel, "Liebe wird aus Mut gemacht". 

Montag, 12. März 2018

Ferdinand von Schirach "Strafe"


Die Welt ist nicht zu unterteilen in Schwarz und Weiß und was wir als Gut oder Böse empfinden, ist nicht immer im Einklang mit der juristischen Sichtweise auf die Dinge. In mehreren Erzählungen zeigt Ferdinand von Schirach, wohin Einsamkeit und Verzweiflung die Menschen treiben kann und dass das Rechtssystem nicht immer wirklich Recht hat, wenn man es von der persönlichen oder emotionalen Position betrachtet. Im Mittelpunkt dieser Erzählungen steht immer der Mensch als Teil eines Gefüges. Die Gesellschaft, die Erwartungen an ihn hat (z.B. bei der Schöffin) oder auch nur ein Partner, der Hilfe erwartet in einem Rahmen, der alles übersteigt.
Ferdinand von Schirach fasst in seinem Buch „Strafe“ viele Erzählungen zusammen, die einen als Leser sehr berühren. Sie sind sehr sachlich und distanziert beschrieben und führen eben dadurch die Absurdität der Situationen vor Augen und machen es für den Leser so nah, wie es anders gar nicht möglich gewesen wäre. Der Autor verurteilt seine Figuren nicht, er beobachtet nur. Die Charaktere sind in den seltensten Fällen böse, sie sind allein, überfordert oder vielleicht auch rachsüchtig und persönlich betroffen. Ob sie ihre Strafe erhalten oder nicht hat nichts mit der wirklichen Tat zu tun, sondern mit Zusammenhängen, die aufgedeckt oder eben unter den Teppich gekehrt werden. Mich haben die Erzählungen sehr bewegt. Besonders wie abwechslungsreich und verschieden die Situationen waren, hat mir außerordentlich gut gefallen.
„Strafe“ ist ein großartiges Buch, eine Sammlung von Erzählungen Ferdinand von Schirachs, der einem das Wesen der Menschen vor Augen führt und die Leser berührt durch die Darstellung seiner Figuren. Ein großartiges, kurzweiliges Buch, das viel zu schnell zu Ende war.

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Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen des Luchterhand Verlags. 

Donnerstag, 8. März 2018

Daniel Sánchez Arévalo "Das Flüstern der Insel"


Alice und Chris führen eine glückliche Ehe, sie haben eine Tochter und Alice ist erneut schwanger. Doch kurz nach einem Anruf von Chris, dass er auf dem Heimweg von einer Geschäftsreise in Yale ist, erreicht Alice ein Anruf der Polizei: Ihr Mann ist tödlich verunglückt, doch nicht in der Nähe von Yale, sondern auf einer ganz anderen Strecke. Was hat ihr Mann dort gemacht und warum hat er sie angelogen? Die Frage, die Alice ihrem Mann jetzt nicht mehr stellen kann, lässt sie nicht los und die Nachforschungen beginnen, ihr Leben zu bestimmen.
„Das Flüstern der Insel“ von Daniel Sánchez Arévalo beginnt sehr spannend. Durch den Tod von Chris hat Alice keinen richtigen Ansatz, um die Lösung für sein Geheimnis herauszufinden und beginnt mit einer fast planlosen Suche. Das ganze Buch dreht sich um diese Suche und beschreibt sehr mitreißend, wie Alice in einen wahren Sog gezogen wird in der Hoffnung, der Lösung näher zu kommen. Dem ordnet sie alles unter, ihr ganzes Leben kreist nur noch um die Frage, was das Geheimnis von Chris war. Dabei entwickelt sie fast manische Züge, was einen als Leser sehr fesselt. Für mich stand mehr die Entwicklung von Alice als Protagonistin im Vordergrund als die Frage, was Chris eigentlich gemacht hat, was aber auch überraschend gut zu dem Buch passte. Die Idee und die Geschichte haben mir wirklich gefallen, umso enttäuschender war der sehr lapidare Schluss, der gar nicht zu dem großartigen Buch passen wollte.
Daniel Sánchez Arévalo hat mit „Das Flüstern der Insel“ einen spannenden Thriller geschrieben, der leider am Ende stark an Kraft verliert. Mir war das Ende dann doch einfach zu simpel, um mich überzeugen zu können.

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Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe des Insel Verlags. 

Mittwoch, 7. März 2018

Alyson Richman "Abschied in Prag"


Es sind die 30er Jahre in Prag, als Lenka und Josef sich ineinander verlieben. Er ist Medizinstudent und sie an der Kunsthochschule, das Leben könnte nicht schöner sein. Aber der Einmarsch der deutschen Truppen steht kurz bevor, als die beiden überstürzt heiraten, damit die Familien gemeinsam nach Amerika fliehen können und Visa bekommen. Doch es kommt anders als geplant und Josef flieht alleine, während Lenka in Prag bleibt und als Jüdin mit ihrer Familie nach Theresienstadt deportiert wird. Sie verlieren sich aus den Augen, bis eine Hochzeit sie Jahrzehnte später wieder zusammenführt.
Die Geschichte um Lenka und Josef hat mich beim Lesen tief berührt und einfach nicht losgelassen, so dass ich den ganzen Roman fast in einem Rutsch durchgelesen habe. Ihr Schicksal ist mir sehr nahe gegangen und besonders die Beschreibungen von Lenkas Leben in Theresienstadt und später in Auschwitz treiben einem die Tränen in die Augen. Die Autorin Alyson Richman durchbricht in ihrer Erzählung immer wieder die Chronologie und wechselt zwischen den Perspektiven von Lenka und Josef hin und her, was die Geschichte noch aufregender und spannender macht. Doch im Mittelpunkt der ganzen Geschichte stand für mich die ganze Zeit Lenka, denn wie ihr Leben dargestellt wird, welches Leid sie erfahren muss, bewegt einen so sehr, dass man sie einfach nicht mehr loslassen kann.

Selten hat mich eine Geschichte beim Lesen so berührt wie diese. Alyson Richman ist mit ihrem Roman „Abschied in Prag“ ein beeindruckendes Buch gelungen, das einem mitnimmt in eine dunkle Zeit Europas und einem die damaligen Zustände so nahe bringt, wie es kein Sachbuch jemals könnte.

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Dienstag, 6. März 2018

Marie Benedict "Frau Einstein"


Sie ist die Unbekannte an Albert Einsteins Seite: Mileva Maric, zunächst seine Kommilitonin, später seine Ehefrau und Mutter seiner Kinder. In einer halb fiktiven Geschichte spürt Marie Benedict der Geschichte dieser Frau nach, die größeren Anteil an Einsteins Entdeckungen haben könnte, als zunächst gedacht. Aufgewachsen in Serbien und schon früh von ihrem Vater gefördert, kommt sie zum Studium nach Zürich, in einer Zeit also, als noch kaum Frauen studieren durften. In Mathematik und Physik kann sie sich zunächst profilieren, doch die Liebe zu Albert Einstein nimmt immer größeren Raum ein. Stück für Stück beginnt er, seine kluge Frau ins Abseits zu drängen, bis er alleine Rampenlicht steht.
Marie Benedict hat kein Sachbuch geschrieben, das muss man klar sagen. Es ist eine sehr subjektive Sichtweise, die sich keineswegs mit Sekundärliteratur belegen lässt, aber es ist eine Möglichkeit der Interpretation der Geschichte von Albert Einstein und Mileva Maric. Die Geschichte von Mileva fand ich sehr faszinierend, sie hatte eine besondere Kindheit, wurde als Mädchen gefördert und hatte Zugang zu einer höheren Bildung, die vielen verwehrt blieb. Das Buch lässt sich sehr flüssig lesen und durch die Erzählweise erlebt man alles aus Milevas Perspektive. Es bleibt so nicht aus, dass sie einem näher ist als Albert und ans Herz wächst, was durchaus von der Autorin gewollt scheint. Albert kommt durchweg schlecht weg in diesem Roman, was auch mein Kritikpunkt daran ist. Selbst in einer völlig fiktiven Version der Liebe von Albert Einstein und Mileva Maric hätte ich mir von Marie Benedict etwas mehr Neutralität bei der Erzählweise erhofft, die Albert Einstein nicht völlig unsympathisch als Egomanen, der seine Frau unterdrückt, darstellt.
„Frau Einstein“ von Marie Benedict ist ein schöner und spannender Einblick in die Welt von Einsteins Ehefrau Mileva Maric, jedoch mir zu einseitig und wenig fundiert, um wirklich zu überzeugen.

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Hier geht es zu weiteren Informationen des Verlags Kiepenheuer & Witsch.

Montag, 5. März 2018

Dietrich Höllhuber / Angela Nietsche "Dresden"


Auf die Reiseführer des Michael Müller Verlags ist eigentlich immer Verlass und so ging es auf ein Wochenende nach Dresden, den Reiseführer in der Tasche und ansonsten – das gebe ich zu – völlig unvorbereitet. Dresden ist eine wunderschöne Stadt, die Altstadt ist faszinierend und weltberühmt und der Blick von der anderen Seite der Elbe bei Sonnenschein ein Traum. Der Reiseführer bietet wie immer zahlreiche Spaziergänge durch die Stadt bis in die Außenbezirke an und schlägt auch Ausflüge in die nähere Umgebung vor, für die allerdings bei uns keine Zeit blieb.
Die historischen und kulturellen Erklärungen finde ich bei diesem Dresden- Reiseführer ebenso gelungen, wie ich es schon vom Michael Müller Verlag kenne. Man bekommt sofort ein Gefühl für die Stadt, wenn man den Rundgängen folgt und verpasst gleichzeitig nichts. Außerordentlich enttäuscht war ich allerdings von den Empfehlungen von Restaurants, Cafés und Bars anging. Es entstand das Gefühl, am besten ginge man nirgends hin, denn wirklich gutes Essen gibt es in Dresden nicht. Wenn man denn wirklich unbedingt muss (und wir mussten irgendwann etwas essen!), dann gibt es ein paar Tipps, aber immer mit starken Einschränkungen. Zu touristisch, hält nicht was der Name verspricht, lieber nur etwas trinken, das Essen ist ungenießbar, dauert ewig. Hier hat meiner Meinung nach jemand den Sinn des Reiseführers nicht verstanden, den er da geschrieben hat. Ich suche doch eben gerade nach guten Tipps und will nicht hören, was alles nicht stimmt. Es war das erste Mal, dass ich mit einem Reiseführer vom Michael Müller Verlag unterwegs war und für Essen und Getränke dann doch fast ausschließlich Google Maps genutzt habe. Die Autoren Dietrich Höllhuber und Angela Nietsche jedenfalls scheinen es in Dresden tunlichst zu vermeiden, Essen zu gehen.
Der Reiseführer zu Dresden aus dem Michael Müller Verlag hat wieder einen tollen Aufbau und vermittelt ein schönes Gefühl davon, was man sich ansehen sollte. Besonders den Spaziergängen sollte man folgen. Wer Hunger hat, muss sich jedoch eine andere Informationsquelle suchen.

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Hier geht es zu weiteren Informationen des Michael Müller Verlags. 

Hier jetzt noch meine Tipps zu Essen und Getränken, nach einem Wochenende in Dresden:

Das Restaurant kommt im Reiseführer nicht wirklich gut weg, kritisiert wird, dass das Essen nicht wirklich wie bei August dem Starken daherkommt. Das war uns egal, das Lokal ist sehr schön, der Service aufmerksam und das Essen sehr lecker. Ich kann das Restaurant uneingeschränkt empfehlen.

Hier gibt es leckeres Bier und leckere Hausmannskost zu guten Preisen, obwohl das Lokal direkt an der Frauenkirche liegt. Die Bedienung war sehr aufmerksam und besonders die unterschiedlichen Biersorten lohnen sich. Obwohl am Samstagabend sehr voll, lief alles reibungslos, hier kann man gut essen und trinken.

Ginhouse
Wer etwas Ausgefallenes für den Abend sucht, ist hier auf jeden Fall richtig! Eine Vielzahl an Gin-Sorten, eine Karte die zu Recht Buch heißt, so umfangreich wie sie ist und ein sehr schönes Ambiente sorgen für den perfekten Samstagabend. Wenn möglich sollte man sich unbedingt an die Bar setzen und den Barkeeper ein wenig bei der Herstellung der ausgefallenen Kreationen beobachten, die Auswahl ist riesig. Nebenbei glänzten die Herren an der Bar durch viel Fachwissen und tolle Tipps für Getränke, die einem gefallen könnten. Diese Bar ist wirklich etwas Besonderes und die Cocktails ihren Preis absolut wert.