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Freitag, 8. Januar 2016

Andrei Mihailescu "Guter Mann im Mittelfeld"

In Andrei Mihailescus Roman „Guter Mann im Mittelfeld“ begegnen sich zwei Charaktere aus verschiedenen Welten, obwohl beide im kommunistischen Rumänien der 80er Jahre leben: Stefan ist Journalist bei einer staatstreuen Zeitung, er hat sich mit seinem Leben eingerichtet, versucht aber immer wieder kleine Spitzen gegen den Staat in seinen Artikeln unterzubringen. Er gehört zu den kleinen Leuten, lebt mit seiner Mutter in einer Wohnung, kennt Nahrungsmittelknappheit, Probleme mit Strom und Heizung zur Genüge. Raluca hingegen ist mit einem Parteifunktionär verheiratet, arbeitet als Architektin an planwirtschaftlichen Bauprojekten mit und kennt die Nachteile des kommunistischen Systems kaum. Dennoch treffen sich die beiden und verbinden Ihre Leben auf eine beeindruckende Weise, denn beide gehen dafür hohe Risiken ein, sie stoßen Menschen und dem Staat vor den Kopf mit ihrer Art, ihr Leben zu leben.

Der inzwischen in der Schweiz lebende gebürtige Rumäne Mihailescu hat mit diesem Roman ein großartiges Debut vorgelegt, dass einen sowohl durch die Charaktere als auch die gesamte Stimmung des Romans gefangen nimmt. Durch Stefan beschreibt er die Angst und die Enge des Systems so real, dass der Leser sich selbst in diesem grau mit ihm gefangen sieht. Besonders befangen gemacht hat mich der große Einfluss des Staates bis in das Privatleben, Verfehlungen treffen nicht einen selbst in geballter Form und durch Gewalt, sondern haben immer auch Folgen für Freunde und Verwandte. Jede noch so kleine Äußerung im privaten Kreis kann Verfolgung auf höchster Ebene nach sich ziehen, die Menschen sind regelrecht gefangen in dieser Situation, in der keine Freiheit mehr zu existieren scheint. Jeder versucht nur nicht anzuecken und nicht aufzufallen. Dass Stefan dennoch immer wieder versucht, im Kleinen gegen dieses System vorzustoßen, lässt ihn schon fast naiv wirken, der kleine David gegen den Goliath-artigen mächtigen Parteiapparat.

Raluca hingegen ist sehr privilegiert und dennoch auf ganz andere Art gefangen. Durch ihre Ehe mit einem Parteifunktionär ist sie keineswegs freier, im Gegenteil werden nur anderen Anforderungen an sie gestellt. Sie muss das Parteibild einer Ehefrau und Mutter erfüllen und bewegt sich zugleich in einer ganz anderen Gefahrenzone. Je höher die Parteikader sind, mit denen man sich umgibt, umso wichtiger wird es, keinen zu verärgern, um nicht in Gefahr zu geraten. Sehr beeindruckend fand ich die beschriebene Szene, in der sie auf den Neffen des Generalsekretärs trifft und alle anwesenden schon fast in eine verängstigte Schockstarre verfallen, weil sie sich der gegenwärtigen Gefahr allein durch die Anwesenheit dieser Person bewusst werden.

Andrei Mihailescus Roman beschreibt auf bedrückende Weise die Ängste und Zwänge, mit denen die Menschen leben und wie wenig Freiheit es im Privaten geben kann, wenn der Staat allgegenwärtig ist und willkürliche Macht ausübt. Eine heute nur recht komplizierte Liebesgeschichte kann so eine Staatsaffäre sein, die das Leben vieler Menschen beeinflusst und sie körperlich und psychisch zerrüttet.


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