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Mittwoch, 24. Februar 2016

Jean-Philippe Blondel "This is not a love song"


This is not a love song


Vincent ist Franzose, lebt aber mit seiner Frau und seinen Töchtern in London, wo er eine gutgehende Restaurant-Kette betreibt. Als seine Frau ihm überraschend eröffnet, dass sie etwas Zeit für sich braucht und mit den Kindern zu ihren Eltern fährt, lässt er sich von ihr überreden, in der Zeit auch seine Familie in Frankreich zu besuchen. Doch statt auf eine glückliche Familie trifft er auf Schweigsamkeit, stille Vorwürfe und Geheimnisse. Mit der Zeit wird klar, dass die Probleme schon lang zurückliegen und Vincent selbst nicht unschuldig an der Situation ist.
„This is not a love song“ von Jean-Philippe Blondel ist ein sehr kraftvoller, aber auch ruhiger Roman über einen Mann, der sich ungewollt mit seiner Vergangenheit konfrontiert sieht. Er hatte sich in London ein Leben aufgebaut und seine Zeit in Frankreich davon völlig abgeschlossen. Er sieht auf seinen Bruder und seine Eltern herab, die nie aus dem kleinen Ort in Frankreich rausgekommen sind und seiner Meinung nach keine Ambitionen haben. Vincent ist keine besonders sympathische Hauptfigur, er wirkt selbstgerecht und verurteilt seine Mitmenschen für ihr Leben. Es herrscht eine unglaubliche Sprachlosigkeit zwischen den Charakteren des Buches, obwohl es Dinge zu erzählen geben, Diskussionen geführt werden müssten, scheinen sich alle nur schweigend anzublicken.
Vincent wirft seiner Familie vor, ihm nicht erzählt zu haben, was mit seinen alten Freunden geschehen ist, gleichzeitig hat er sich nie bei Ihnen gemeldet, in dem Moment als er Frankreich verließ hat er das Interesse an ihnen verloren. Er dachte, er könnte in dieser Woche einfach an alte Zeiten anknüpfen und ist hin und hergerissen zwischen der Wut auf die Welt und alle anderen und die Wut auf sich selber, weiß nicht was er tun soll und will gleichzeitig keine Verantwortung übernehmen. Sein Ziel ist einfach nur, die Woche zu überstehen und zurück nach England zu fahren, weit weg von allem, was in verunsichern oder sein Leben in Frage stellen könnte.
Blondel schreibt all dies in einer sehr kurzen, aber dennoch fast poetisch anmutenden Sprache. Die Abgehacktheit vieler Sätze lässt einen das Gefühl haben, sehr nah an Vincent dran zu sein, seinen Gedanken direkt zu folgen und seiner Zerrissenheit nachzuspüren. „This ist not a love song“ ist ein besonderes Buch, es braucht Zeit, man muss sich fallen lassen und sich auch auf die eigene Diskussion einlassen. Welche Verantwortung haben wir für unsere Mitmenschen? Inwieweit sind wir verpflichtet, für sie da zu sein, können wir uns als unabhängige Insel betrachten, ohne Familie, Freunde, Beziehungen? Vincent scheint in einem Selbstbetrug zu leben, aus dem ihn nichts wirklich rausreißen kann, in London erwartet ihn seine perfekte, rosarote Welt. Doch mit diesen Fragen wird auch er weiterleben müssen.
Blondel hat mit „This is not a love song“ wunderbares Buch für ganz besondere Lesemomente geschaffen.


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