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Donnerstag, 19. Januar 2017

Ian McEwan "Nussschale"

Ian McEwan schafft in seinem Roman „Nussschale“ einen ganz besonderen Erzähler. Ein ungeborenes Baby, zwei Wochen vor dem Geburtstermin, berichtet von seinen Beobachtungen. Und was es erlebt, ist wahrlich shakespearscher Stoff, seine Mutter verlässt seinen Vater um mit dessen Bruder zu leben. Ein perfider Mord wird vom Bruder geplant, um den lästigen Ehemann loszuwerden und ganz wie in „Hamlet“ die Witwe zur Frau zu nehmen. Ob und wie das ungeborene Kind auch die Rache ausführt, um Mutter und Onkel in den Untergang zu stürzen, sollte jedoch jeder Leser selbst herausfinden.
Der Autor hat mit seinem Roman eine außergewöhnliche und wie ich finde ungeheuer spannende Idee umgesetzt, indem er als Erzähler keinen Außenstehenden oder eine der handelnden Personen auswählt, sondern das Baby im Bauch seiner Mutter. Es ist wie ein unsichtbarer Beobachter und dennoch Beteiligter, ein Schachzug, der Ian McEwan großartig gelungen ist. Denn Mutter und Onkel nehmen die Schwangerschaft kaum war, das kommende Kind ist nur ein störender Faktor in ihrer Planung und soll möglichst schnell weggegeben werden. Der ausgiebige Alkoholkonsum der Mutter und das Essverhalten wirken, als wollte sie sich schon vor der Geburt an dem Kind für seine bloße Existenz rächen. Doch das Baby hört alles, versteht die Gespräche und berichtet dem Leser von allem, was geschieht und geplant wird. Das ist höchst unterhaltsam, manchmal spannend und witzig zugleich. Trotz der offensichtlichen Existenz eines umfangreichen Babybauchs ist es, als wäre er unsichtbar, nicht-existent und vor allem irrelevant für alle weiteren Entscheidungen.

Mich hat Ian McEwans Roman „Nussschale“ einfach begeistert, er setzt ein bekanntes Thema so kreativ und einzigartig um, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen kann. 

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Hier geht es zu weiteren Informationen vom Diogenes Verlag. 

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