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Sonntag, 30. Dezember 2012

Volker Kutscher "Der stumme Tod"


Im zweiten Band der Krimireihe von Volker Kutscher trifft Gereon Rath auf einen alten Bekannten aus dem ersten Band, den Filmproduzenten Oppenberg. Rath muss in seinem neuen Fall in Berlin rund um das Milieu des neu entstehenden Tonfilms ermitteln, nachdem eine Schauspielerin von einem Scheinwerfer erschlagen wurde. Ein Unfall scheint dies jedoch nicht gewesen zu sein, vielmehr steckte Sabotage hinter dem Anschlag auf die Schauspielerin zu stecken. Doch mit seinen eigenmächtigen Ermittlungsmethoden macht sich Rath auch dieses Mal keine Freunde.
Wie im ersten Band auch glänzt das Werk von Volker Kutscher durch detaillierte Beschreibungen des Berlins der 30er Jahre und großartige Rechercheleistung. Selten war ein historischer Roman so glaubwürdig und realistisch geschrieben und die Figuren gleichzeitig so interessant und schillernd in allen Facetten. Mit Gereon Rath ist dem Autor eine Figur gelungen, die durch seine Probleme und eigenwilligen Methoden sicher noch Grundlage für zahlreiche Krimis sein kann, ebenso seine Kollegen am Alex in der Mordinspektion. Das Zusammenspiel der Charaktere sorgt dafür, dass die Geschichte auf keiner Seite langweilig wird.
Neben der eigentlichen Krimihandlung gelingt Kutscher dabei eine großartige Beschreibung einer spannenden Epoche, der Wechsel vom Stummfilm zum Tonfilm mit den Herausforderungen für Schauspieler und Produzenten wird von ihm eindrucksvoll und glaubwürdig beschrieben. Stellenweise fühlte ich mich ein wenig an den Film „The Artist“ erinnert, der mit zahlreichen Oscars ausgezeichnet wurde.
Wie schon der erste Band ist auch „Der stumme Tod“ uneingeschränkt zu empfehlen.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Steve Watson "Ich. Darf. Nicht. Schlafen."


Jeden morgen aufzuwachen ohne zu wissen, wer man ist oder wo man ist - eine schlimmere Vorstellung gibt es wohl kaum. Der Mann neben einem im Bett ist fremd, das Gesicht im Spiegel um Jahre älter als erwartet und jeden Tag aufs neue muss einem jemand die eigene Lebensgeschichte erzählen. Genau das passiert Christine in „Ich. Darf. Nicht. Schlafen“. Durch jede Nacht Schlaf verliert sie ihr Gedächtnis. Doch mit viel Arbeit und der Hilfe eines Arztes beginnt sie, sich bruchstückhaft an Dinge zu erinnern. 
Was auf den ersten Blick klingt wie ein Roman über das Leiden einer Frau, ist in Wahrheit ein haarsträubender und packender Thriller. Wenn man niemanden in seinem Umfeld kennt, wem kann man dann trauen? Wer sagt einem die Wahrheit und wenn jemand lügt, warum? Je mehr Erinnerungen zurückkommen, desto klarer wird, dass irgendetwas nicht stimmen kann in Christines Leben. Doch wer oder was ist der Grund dafür? Die ganze Geschichte wird durch aus der Sicht von Christine erzählt, durch ein Tagebuch, das sie führt und jeden Tag neu lesen muss, um sich zu erinnern. Ihr Blick auf die Welt ist verzweifelt und menschlich. Man leidet mit ihr und zweifelt mit ihr, ständig schleicht sich einer neuer Verdacht zwischen die Zeilen und lässt einen innehalten. Gleichzeitig bleibt die Frage, ob mit ihrer Krankheit nicht schlicht und einfach eine ausgeprägte Paranoia einhergeht und sie sich alles nur einbildet. Der Autor erzählt eindringlich und lebensnah, für den Leser ist Christine kein Forschungsprojekt sondern wird sehr schnell zu einer Person, die man schützen möchte. Eindringlich erzählt erlebt man mit, wie Christine an ihre Grenzen kommt und darin schwankt, einfach aufzugeben und sich in ihr Schicksal, immer nur einen Tag zu haben um sich kennen zu lernen, zu ergeben. 
Es ist das Buch einer starken Frau in einer unglaublich spannenden Geschichte. Auch wenn die klassischen Elemente des Thrillers vielleicht fehlen, wenn es keine Leichen gibt und kein Blut fließt, kann man es gar nicht erwarten, eine Seite umzublättern und zu wissen, wie es weitergeht. Die Spannung ist hier viel subtiler angelegt und schwelt ständig unter der Oberfläche der Geschichte. Das latente Wissen, dass irgendwas etwas nicht stimmt, ist die ganze Zeit da, doch was es ist, kann weder Christine noch der Leser so richtig benennen.
 Wer noch schnell ein Geschenk für Weihnachten braucht oder sich selbst eine Freude machen will, dem kann ich diesen Thriller nur ans Herz legen! 

Montag, 17. Dezember 2012

Anne Delaflotte "Mathilde und der Duft der Bücher"


Mathilde macht sich in kleinem Ort in Frankreich als Buchbinderin selbstständig, nachdem ihr Großvater gestorben ist und ihr sein Werkzeug hinterlassen hat. Statt Diplomatin in Paris wird sie nun Buchbinderin in einem kleinen Dorf und muss sich mit den Dorfleuten arrangieren. Als ein Fremder ihr ein altes Buch zum Restaurieren bringt und kurz danach zu Tode kommt, wird sie in die Geschichte des Unbekannten reingezogen. Zunächst weiß keiner, wer er war und woher er kam. Was hat es mit dem Fremden und seinem wunderschönen alten Buch auf sich? Und wer soll das schön erneuerte Buch jetzt überhaupt bekommen, wo der Besitzer tot ist?
Das Buch klang für mich als Leseratte und Buchliebhaberin auf den ersten Blick einfach perfekt, denn auch Mathilde liebt Bücher über alles. Die Geschichte und ihre Idee ist an sich auch sehr schön und nett geschrieben, leider wird das große Geheimnis, was hinter allem steht bereits auf dem Klappentext gelöst, so dass bin schon bis zur letzten Seite weiß, warum Mathilde die Probleme hat, die sich ihr in den Weg stellen. Was ich als Einstieg zur Geschichte erwartet hatte, auf dem alles weitere aufbaut, entpuppt sich nach 200 Seiten als die Lösung des ganzen Konstrukts. Spannung war daher überhaupt nicht vorhanden, eher etwas Ärger über den Verlag, der die Geschichte schon auf dem Buchrücken aufgelöst hat.
Auch sonst hatte die Geschichte viel Potenzial, doch viele Fäden wurden nicht konsequent weitergesponnen und gute Ideen für Nebengeschichten verliefen einfach im Sand und wurden nicht wieder aufgenommen. Das Ende war dann auch eher zu erwarten und bot keine Überraschung. Ganz nett, aber spannungslos und fast langweilig. 

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Eoin McNamee "Requiem"


Irland Anfang der sechziger Jahre: Ein Mord geschieht und der Täter steht eigentlich schon fest, bevor die Ermittlungen begonnen haben. Alles passt so gut zusammen, der junge Mann, der mit der Ermordeten bei einem Tanzfest eng getanzt haben soll, obwohl sie es nicht wollte. Ein Mord aus verschmähten Gefühlen, ganz klar. Eine ganze Stadt macht es sich einfach, nachdem die junge Frau nackt und tot auf einem Feld aufgefunden wird. Der Chef der Ermittlungen, der gerade erst aus London nach Irland gekommen ist, kommt keine Schritt weiter, da alle seine Ermittlungsversuche sofort blockiert werden. Doch kann man einen Mann hängen lassen, einfach weil eine ganze Stadt beschließt, dass er der Täter ist?
Der Roman „Requiem“ unterscheidet sich besonders durch seinen Stil von all den Romanen und Thrillern, die sich auf dem Buchmarkt tummeln. Nüchtern und klar, wie in einem Dokument beschreibt Eoin McNamee die Geschehnisse. Teilweise scheint man direkt in der Polizeiakte zu lesen, so distanziert und kühl wird die Handlung erzählt. Das Buch ist kein Thriller oder Krimi im klassischen Sinne, es ist eher ein politisches Buch um die Verstrickungen der Polizei mit alle Gesellschaftsteilen und die Todesstrafe als ultimatives Mordurteil in der Politik.
Die Geschichte hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, besonders durch die Eigenarten im Stil des Autors und die bewegende Handlung, die einen nicht unberührt lassen kann. Und die Unsicherheit, die bis zum Schluss bleibt - kann man sich jemals so sicher sein, dass man jemandem unumkehrbar zum Tode verurteilt?

Montag, 26. November 2012

Buchtipp zu Weihnachten: Schnüpperle


Ein wunderbares Buch für die Vorweihnachszeit: Vom ersten bis zum 24. Dezember begleiten die großen und kleinen Leser Schnüpperle und seine Schwester beim Warten auf Weihnachten. Egal ob das Öffnen des Adventskalenders, die Schulaufführung seiner großen Schwester oder das Kekse backen mit Mama- Schnüpperle ist mein ungeschlagener Held in der Adventszeit und mindestens so gut wie der schönste Adventskalender. Ein Muss nicht nur für kleine Weihnachtsfans!


Schnüpperle - Vierundzwanzig Geschichten zur Weihnachtszeit

Lucinda Riley "Das Mädchen auf den Klippen"


Grania ist gerade aus New York zu ihren Eltern aufs irische Land gefahren, als sie ein kleines Mädchen völlig allein auf den Klippen der irischen See stehen sieht. Aurora ist acht und zieht Grania sofort in ihren Bann. Quasi über Nacht wird sie Mutterersatz und Kindermädchen der kleinen, die alleine mit ihrem Vater in einem alten Herrenhaus an der irischen Küste lebt. Wie lange die Geschichte von ihrer Familie mit der von Aurora verwoben ist, erfährt sie von ihrer Mutter, bereits seit Generationen trafen sich die Familien immer wieder. Und plötzlich scheint die Geschichte mit Aurora viel mehr Bedeutung zu haben, als Grania anfangs dachte. 
Der zweite Roman von Lucinda Riley ist genauso großartig wie „Das Orchideenhaus“. Mit viel Liebe hochemotional geschrieben zieht einen die Geschichte von der ersten Seite fast in das Buch hinein und man kann sich nur noch schwer von Grania und Auroras Schicksal trennen. Die Familiengeschichten sind so schicksalshaft verwoben, dass ein Leben der beiden fast vorbestimmt scheint. Aurora ist kleiner Wirbelwind, mit ihrem eigenen Kopf bringt sie zwar alles durcheinander, nur schwer kann sich aber jemand gegen ihren Charme wehren. So geht es Granias Mutter Kathleen ebenso wie dem Leser, der Aurora von Anfang an ins Herz schließen muss. 
Ich habe lange nicht mehr ein so kurzweiliges Buch gelesen, jedes  Mal wenn ich auf die Uhr geschaut habe, war plötzlich eine Stunde oder mehr Zeit verflogen, ohne dass ich es überhaupt gemerkt habe. Das Buch entspricht zwar im großen und ganzen den Klischees und Erwartungen des Genres der Schicksals-und Liebesromane, hebt sich aber durch lebhaften und frischen Schreibstil der Autorin positiv ab von Auswandererkitsch und Geschichtsnostalgie. Wie der erste Roman auch, absolut empfehlenswert für alle Leseratten!

Sonntag, 25. November 2012

Jussi Adler-Olsen "Erlösung"


Endlich Band drei der Reihe um die sonderbaren Ermittler Carl Mørck und Assad aus dem Sonderdezernat Q. Eine Jahre alte Flaschenpost wird von einem Polizeirevier in Schottland zu ihnen überstellt und enthält eine grausige Botschaft aus Blut geschrieben: Zwei Jungen wurden entführt und in einem Bootshaus in Dänemark fest gehalten. Sie sind sich sicher, dass sie sterben müssen. Auch wenn der Fall lange her ist, nehmen Carl und Assad ihre Ermittlungen auf und kommen schnell zu einer erschreckenden Möglichkeit: Was, wenn es kein Einzelfall war und der Täter immer noch nach dem gleichen Prinzip vorgeht?
Der dritte Band von Jussi Adler-Olsen übertrifft die ersten beiden sowohl an Spannung, als auch skurilem Humor noch einmal um einiges. Zunächst einmal taucht nicht die bekannte HIlfskraft Rose, sondern deren noch eigenere Schwester Yrsa zum Dienst auf und zwingt den beiden Männern im Keller ihre ganz eigenen Umgangsformen auf. Mehr als einmal überzeugen die Szenen um Yrsa durch Situationskomik und Überraschungen. Der Wechsel von Rose zu Yrsa bringt der Geschichte noch einmal eine neue Dimension und lässt das Ermittlerteam nicht in Gewohnheiten und Belanglosigkeiten versinken. Zudem kommt Carl Assads privaten Geheimnissen langsam auf die Spur, was noch viel Potential für die folgenden Romane bietet.
Der Plot der Story ist auch dieses mal wieder großartig ausgearbeitet. Durch ständige Perspektivwechsel zwischen dem Täter und den Ermittlern hält der Autor des Spannungsbogen unglaublich hoch und man muss unbedingt wissen, wie bestimmte Handlungen des Täters bei Assad und Carl ankommen, ob sie davon erfahren und wie sie in ihren Ermittlungen vorankommen. Die hohe Anonymität des Täters über einen weiten Teil des Buches, macht es umso spannender. Die Skrupellosigkeit, mit der er agiert und Menschen aus dem Weg räumt, ist typisch für die Romane von Jussi Adler-Olsen und zwingt die Ermittler auch hier wieder zu blitzschnellem Handeln, wenn sie Menschenleben retten wollen. Dabei ist alles so gut strukturiert, logisch und nachvollziehbar aufgebaut, dass man Carl, Assad und Yrsa persönlich antreiben möchte, damit der Täter schnell gefasst wird.
 Bisher der beste Roman von Jussi Adler-Olsen!

Mittwoch, 21. November 2012

Thomas Enger "Vergiftet"


Eigentlich ist Henning Juul Journalist, doch in diesem Roman von Thomas Enger ist er eher Helfer der Polizei als nur storyjagender Schreiberling. Ein Anruf aus dem Gefängnis von Tore Pulli, einem wegen Mord einsitzenden Häftling, bringt Hennings Leben komplett durcheinander. Tore behauptet zu wissen, wer den Brand verursacht hat, bei dem vor zwei Jahren Hennings Sohn Jonas ums Leben kam. Im Gegenzug für Informationen soll Henning recherchieren und beweisen, dass Tore unschuldig ist. Doch Henning hat zu Anfang der Recherche noch keine Ahnung, auf was für Leute er sich da eingelassen hat. Sehr schnell wird es für ih gefährlicher als erwartet....
Den ersten Band über den Journalisten Henning Juul von Thomas Enger („Sterblich“) habe ich leider noch nicht gelesen, aber trotzdem kam man problemlos in die Story rein. Mich hat vor allem die Konstruktion des Charakters Henning Juul begeistert. Er ist einerseits geprägt vom Tod seines Sohnes und manchmal in düsterer, trauriger Grundstimmung. Gleichzeitig packt ihn ab einem gewissen Punkt einfach eine Art Ermittlerehre und er muss rausfinden, was wirklich passiert ist, ganz unabhängig davon, was er letztendlich davon hat. Der Plot ist zudem sehr spannend und logisch, obwohl am Anfang viele Fäden parallel laufen, werden alle aufgelöst und passen am Ende zusammen. 
In der Tradition der vielen skandinavischen Krimis, die momentan den deutschen Buchmarkt überschwemmen, hebt sich Thomas Enger mit seinen Romanen wirklich positiv ab. „Vergiftet“ hat mich durch Kreativität in der Story und Logik und Glaubwürdigkeit im Aufbau total überzeugt. Den ersten Band habe ich mir sofort gekauft und einen dritten wird es hoffentlich geben. Ich werde Henning Juul und seinen Ermittlungen auf jeden Fall treu bleiben!

Sonntag, 18. November 2012

Sophie Sumburane "Gestörte Verhältnisse"


Janine Anders ermittelt in einem Mordfall, der gar keiner ist: Eine junge Frau wird halbtot aufgefunden, vergewaltigt und mit aufgeschnittenen Pulsadern, doch überraschenderweise überlebt sie den Angriff. Als sie am nächsten Tag aus dem Krankenhaus verschwindet, beginnt die Suche nach der Frau und dem möglichen Täter. Kommt dieser vielleicht aus dem direkten Bekanntenkreis? Und was hat es mit den HIV-Broschüren auf sich, die Janine Anders am Tatort findet? Sollte das Opfer HIV positiv sein, könnte sich der Täter angesteckt haben und so auch weitere Opfer infizieren.
Der Krimi „Gestörte Verhältnisse“ ist ein solides, aber wenig aufregendes Machwerk. Zwar sind die Konstruktionen von Täter und Opfer logisch und die gesamte Story relativ glaubwürdig, so richtig will der Funke beim Lesen dennoch nicht überspringen. Zu viele interessante Ansätze werden nicht wieder aufgenommen und kaum weiterentwickelt. Dazu gehört unter anderem der persönliche Hintergrund der Ermittlerin, zwar wird erwähnt, woher einige ihrer geradezu zwangsartigen Handlungen kommen, aber die familiären Probleme werden immer nur angedeutet und konkret genug. Ähnlich läuft es bei den Ermittlungen, teilweise gibt es Lücken, die man sich zwar selbst erschließen kann, die aber nicht genug geklärt werden. Die Charaktere bleiben in diesem Zusammenhang farblos und flach, sie haben wenig eigene Züge, die sie voneinander unterscheiden.
Ein in Ansätzen guter Krimi, der meiner Meinung nach einer stärkeren Ausarbeitung bedurft hätte. 

Mittwoch, 14. November 2012

Jussi Adler-Olsen "Schändung"


Carl Mørck und sein Kollege Assad ermitteln als Sonderdezernat Q zum zweiten Mal in einem ungelösten Fall. Doch der Mord an zwei Geschwistern scheint auf den ersten Blick gelöst, ein Mann hat gestanden und sitzt seit Jahren im Gefängnis. Und trotzdem landet der Fall im Keller beim Sonderdezernat und keiner weiß, wer die Akten dorthin gebracht hat. Will etwa jemand Kommissar Mørck einen Wink geben, dass der Fall gar nicht so gelöst ist, wie er scheint? Bei ihren Ermittlungen kommen die Polizisten in Kontakt mit einer ehemaligen Internatsclique, die Verdächtigen sind heute alle Mitglieder der dänischen High Society und erfolgreiche Geschäftsleute. Bis auf eine: Kimmie, das einzige Mädchen der Clique, ist seit Jahren verschwunden. 
Wie im ersten Teil um das Sonderdezernat Q lebt auch dieser Krimi wieder von den beiden Hauptfiguren: Carl und Assads Zusammenspiel wird hierbei noch ergänzt um die neue Bürokraft Rose, die einiges an Leben und auch Ordnung in den Kelleraufenthalt der beiden Junggesellen bringt. Die Figurenkonstellation wird dadurch noch lustiger und unterhaltsamer. Auch die Kriminalgeschichte um die Clique reicher Jugendlicher ist noch besser gelungen als im ersten Teil. Durch den interessanten Charakter der Kimmie hält sich die Spannung konstant, ihr Verhalten ist völlig unvorhersehbar und nicht rational nachzuvollziehen. In ihrer eigenen Logik bringt sie die Ermittlungen und den Verlauf der Story mehr als einmal durcheinander. Bis zur letzten Seite ist unklar, wie das Buch wirklich ausgehen wird, sie ist wie eine große Unbekannte in jeder Planung. Diese Überraschungseffekte machen das Buch natürlich besonders spannend und den arroganten ehemaligen Internatsschülern wünscht man mehr als, dass Carl ihnen das Handwerk legt. Denn ob sie den Mord nun begangen haben oder nicht, geschadet haben sie Menschen in ihrem Leben mehr als einmal. 
Das Buch hat mir ausgesprochen gut gefallen, sogar noch besser als der erste Band, der ein wenig langsamer und mit weniger Spannung vor sich hin plätscherte. Unbedingt lesen, die Story ist auch ohne Teil eins vollkommen verständlich.

Dienstag, 6. November 2012

Aktuelle Seitenzahl

Endlich habe ich es geschafft, 20 000 Seiten sind gelesen! 
Neues Ziel ist jetzt bis Ende des Jahres 25 000 Seiten zu schaffen, dafür muss ich zwar noch etwas Gas geben, aber Weihnachtszeit ist ja auch Lesezeit. Könnte ich die ganze Fachliteratur für meine Masterarbeit mitzählen, hätte ich vermutlich schon fast die 40 000 geknackt. Gefühlt auf jeden Fall...

Montag, 5. November 2012

Ria Klug "Schnicksenpogo"


Nel ist gerade zurück aus Brasilien wo sie einige krummen Dinger gedreht hat und muss sich in Deutschland verstecken, weil sie das Arbeitsamt übers Ohr hauen wollte. Deshalb arbeitet sie schwarz in einem S/M-Club in der Küche. Als sie in eine Schlägerei gerät, wird sie festgenommen. Da sie transsexuell ist und eigentlich Cornelius heißt, kommt sie in eine psychatrische Klinik, von wo sie eine Verschwörung von ehemaligen Stasi Offizieren mit der Sexbranche aufdecken will.
 Wie diese kurze Beschreibung schon vermuten lässt, will dieses Buch alles und nichts zu gleich. DDR und Stasi müssen rein, ebenso wie das Problem der Trassexualität, dann noch ein bisschen Bürokratie und Staatsphobie und schon hat man einen Krimi. Dieser ist leider wirr und konstruiert, ohne wirkliches Konzept geschrieben und leider hoffnungslos unrealistisch. 
Ich war sehr enttäuscht von dem Buch und habe es lediglich zu Ende gelesen, weil ich ungern Bücher kritisiere, von denen ich mir kein vollständiges Bild gemacht habe. Die letzten Seiten habe ich jedoch nur noch überflogen, weil ich es schnell hinter mir haben wollte. Die Charaktere sind völlig abgehoben und ihrem Gerede ist nur sehr schwer zu folgen, mal verfallen sie in Berliner Dialekt, mal reden sie total affektiert und fühlen sich über allem erhaben. Die Ärzte sind auch ein wandelndes Klischee von Göttern in weiß, die sich selbst als allwissend und allmächtig sehen, die Patienten sind abhängige und hilflose Wesen, die ihnen völlig zu Diensten sein müssen.
Leider absolut nicht zu empfehlen und der größte Blödsinn, den ich seit langem gelesen habe. 

Jussi Adler-Olsen "Erbarmen"


Was macht man mit einem Polizeikommissar, der seit dem Tod eines Kollegen im Einsatz ohne Energie durch den Arbeitsalltag trödelt? Und der zudem seinen Kollegen nur Ärger macht und von keinem wirklich gemocht wird? Man verschafft ihm ein eigenes Dezernat mit nur einem Mitarbeiter im Keller, von wo aus er alte Fälle wieder aufrollen soll! Und so sitzt Carl Mœrk in seinem Dezernat Q mit seinem Mitarbeiter Assad und kümmert sich um die Akte Merete Lynggaard. Die Politikerin verschwand plötzlich im Jahr 2002 von einem Schiff, ihre Leiche wurde nie gefunden. Bei der Recherche findet Carl neue Spuren, die dafür sprechen, dass Merete gar nicht tot ist, sondern entführt wurde. Ohne es zu wissen, beginnt für ihn ein Wettlauf gegen die Zeit, um Merete aus den Fängen ihrer Entführer zu retten.
Mit Kommissar Carl Mœrk hat Jussi Adler Olsen eine großartige Hauptfigur für seine Krimireihe geschaffen. Zwar ist er geprägt dem Einsatz, bei dem ein Kollege ums Leben kam und ein anderer so schwer verletzt wurde, dass er sein Leben lang gelähmt bleiben wird, sein Spürsinn ist jedoch nicht erloschen. Nachdem er erst einmal an dem Fall dran ist, macht er sich zielsicher auf die Jagd. Mit all seinen Macken und seiner exzentrischen Exfrau Vigga ist er einfach sympathisch, man wünscht ihm den Erfolg bei der Ermittlung einfach. Sein Kollege Assad ist zwar gar kein Polizist und eigentlich nur zum Putzen angestellt, übernimmt aber schnell wichtige Ermittlungsaufgaben und beweist einen untrüglichen Spürsinn. Gemeinsam sind die beiden ein unschlagbares Team, sympathisch und ehrgeizig in ihren Ermittlungen und teilweise zum Schießen komisch, wenn ihre kulturellen Unterschiede aufeinander prallen.
Der Roman begann zwar etwas schleppend, aber das lag zum Teil auch an der ausführlichen Vorstellung der Charaktere und ihrer sozialen Zusammenhänge. Da es sich aber um eine mehrteilige Reihe handelt, finde ich es durchaus sinnvoll, den Hauptcharakteren zunächst einmal viel Raum einzuräumen. Die Geschichte rund um Merete Lynggaard und die Erzählweise durch Rückblenden sorgt dann schnell für eine unglaubliche Spannung, die letzten hundert Seiten konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen, so sehr wollte ich wissen ob Carl und Assad Merete retten können. 
Ein großartiger erster Band rund um Carl Mœrk und sein Sonderdezernat Q, ich freue mich schon sehr auf den zweiten Band. 

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Marc Fitten "Elsas Küche"


Elsa liebt ihr Restaurant „Tulpe“ in der ungarischen Kleinstadt Délibàb und sie mag ihre Affäre mit dem Küchenchef, der sie aber keine besondere Bedeutung gibt. Als der sie jedoch verlässt, weil sie ihn nicht heiraten will, wird ihr klar, wie wenig sie in ihrem Leben eigentlich hat und beschließt, einen berühmten Restaurantkritiker in ihr Restaurant zu bekommen und stürzt sich in die Arbeit. Doch statt voranzukommen, scheint ihr Leben immer mehr im Chaos zu versinken.
Elsa ist eine sehr eigene Protagonistin, sie ist selbstbezogen und karriereorientiert, ohne an andere Menschen zu denken oder auf ihre Umwelt Rücksicht zu nehmen. Einige Zwischenfälle zwingen sie aber einzusehen, dass sie so nicht wirklich weitermachen kann. Ein Unfall mit einem der Roma-Kinder, die immer vor ihrem Lokal betteln, bringt sie schließlich dazu, sich wirklich einmal um jemanden zu sorgen. Dennoch ist der Roman kein ernster Selbstfindungsroman, sondern ein chaotisch-lustiger Bericht über eine Frau, die anscheinend immer den längsten Weg ans Ziel nimmt, ohne es zu merken. Die Figurenkonstellation bietet schon viele Möglichkeiten für Komik und ist unterhaltsam. 
Leider hatte ich beim Lesen ein wenig das Gefühl, dass der Witz und die Situationskomik immer nur angerissen werden und dann bleibt der Spaß wieder auf der Strecke. Mir war nicht ganz klar, was der Autor eigentlich wollte. Wollte er eine Komödie schreiben? Einen Gegenwartsroman über eine Mittvierzigerin auf der Suche nach dem Sinn des Lebens? Ein Beziehungsdrama? So ist es leider nichts richtig geworden und das Buch lässt einen etwas unbefriedigt zurück. 

Samstag, 20. Oktober 2012

Stephan Ludwig "Zorn - Vom Lieben und Sterben"


Die Kommissare Zorn und Schröder sind zurück und müssen wieder in einem Mordfall ermitteln. Nachdem die Leiche eines Jugendlichen auftaucht, der mit einem Draht geradezu enthauptet wurde, muss das ungewöhnliche Pärchen aktiv werden und macht sich auf die Suche nach dem grausamen Mörder. Als es wenig später auch noch ein Freund des ersten Opfers tot aufgefunden wird, scheint sich ein System zu zeigen. Will der Mörder etwa die gesamte Clique umbringen?
Mit Zorn und Schröder hat Stephan Ludwig sehr eigenwillige Ermittlerpersönlichkeiten geschaffen, die einen als Leser mehr als einmal fast in den Wahnsinn treiben. Wie kann man nur so antriebslos und lahm durchs Leben stolpern wie Hauptkommissar Zorn, der mehr als einmal beschrieben wird, wie er am Schreibtisch sitzt, die Füße hochgelegt und Löcher in die Luft starrt? Sein Kollege Schröder wurde gerade erst aus dem Krankenhaus entlassen und verbirgt, wie angeschlagen seine Gesundheit eigentlich noch ist und will allen beweisen, dass er wieder fit ist. Die Kombination der beiden bietet eine durchaus interessante und unterhaltsame Grundlage für diese Geschichte.Vom Verlag als „Thriller“ betitelt, würde ich es eher als etwas trägen Krimi beschreiben, die Spannungskurve verläuft eher flach und der Nervenkitzel hält sich in Grenzen. An vielen Stellen hatte ich das Gefühl, der Story fehlt das Tempo, zu wenig treibt die Handlung voran und so dümpelt die Geschichte -wie der Hauptkommissar Zorn selber auch- eher sanft vor sich hin. Das Buch lässt sich zwar gut lesen, baut aber meiner Meinung nach zu sehr darauf, dass die Hauptcharaktere den ganzen Plot tragen, wodurch der Mordfälle und die Täterkonstruktion nicht gut genug durchdacht und beschrieben sind. Alles ist etwas zu einfach und zu platt, so dass die Spannung sich nicht hält.
Alles in allem ein lockerer, gut lesbarer Krimi, der einen leider nicht wirklich mitreißt.

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Volker Kutscher "Der nasse Fisch"


Berlin 1929: Gereon Rath wird zwangsversetzt, von der Kölner Mordkomission zur Berliner Sitte. Dort findet er sich nur schwer ein, sein Ziel ist und bleibt es, zu dem Team der Berliner Mordermittler zu gehören. Als eine unbekannte Leiche aus dem Berliner Landwehrkanal gezogen wird, die sich als Bekannter seines Vormieters entpuppt, beginnt er auf eigene Faust zu ermitteln, um seine Qualitäten als Mordermittler zu beweisen. Doch damit macht er sich nicht nur Freunde, schnell wird klar, dass er in größere Verwicklungen schlittert, als er am Anfang noch dachte. Wird er den Fall des unbekannten Toten etwa doch zu den nassen Fischen- den ungelösten Fällen- stellen müssen?
Volker Kutschers Krimi hebt sich von allem ab, was sich zurzeit an Thrillern und Krimis auf den Bestsellerlisten tummelt. Statt mit hochmoderner Forensik und DNA-Tests zu punkten, lässt der Autor seinen Ermittler in einer Zeit nach Mördern jagen, in der man an so etwas nicht einmal im entferntesten dachte. Im Berlin Ende der zwanziger Jahre kämpfen Kommunisten und rechte Kräfte um Ansehen und Geltung in Berlin, der erste Weltkrieg prägt immer noch die Wahrnehmung der Gegenwart und wer im Krieg gedient hat, hat sich Respekt verdient. 
Gereon Rath ist dabei kein Sympathieträger, dessen persönliche Schicksalsschläge in den Vordergrund gerückt werden. Er wirkt von Anfang etwas arrogant und überheblich. Obwohl er eigentlich das Gute im Sinn hat, nämlich die Gerechtigkeit durchzusetzen und die Kriminalität einzuschränken, lässt er sich selbst immer wieder in eine Art Grauzone der Kriminalität ziehen. Er nimmt Koks, treibt sich in übeln Nachtclubs rum und paktiert mit dem Boss der Berliner Kriminellenszene. 
Auch sein Umgang mit seiner Freundin, der Stenotypistin der Mordermittler, ist mehr als fragwürdig. Zwar schätzt er ihre Selbstständigkeit durch ihren Beruf und ihren Wunsch, selber Polizistin zu werden, doch gleichzeitig vertraut er ihr nicht und nimmt sie als Partner nicht wirklich ernst. All dies passt jedoch gut in das Frauenbild der damaligen Zeit, in der es keineswegs selbstverständlich war, als Frau zu studieren und einem Beruf nachzugehen. Da stellt selbst den sonst so fortschrittlichen Ermittler Gereon Rath vor einige Probleme, wenn er es plötzlich mit einer so selbstbewussten Frau wie Charlotte Ritter zu tun hat. Dies ist nur ein Beispiel für viele, wie gut recherchiert der Roman um Gereon Rath, stellenweise wirkt er so detailliert und genau wie ein Zeitzeugenbericht. Die Beschreibungen ermöglichen es einem, vor dem inneren Auge die Geschichte wie einen Film ablaufen zu lassen und lassen einen gleichzeitig das Buch nicht mehr aus der Hand legen. 
Spannend und gut recherchiert reist man mit Gedeon Rath zurück in die Vergangenheit- ein Krimi der Extraklasse!

Für Interessierte hier ein Hinweis auf die Homepage der Krimireihe um Gereon Rath

www.gereonrath.de

Sonntag, 14. Oktober 2012

Olaf Kolbrück "Keine feine Gesellschaft"


Obwohl Eva Ritter schon vor einiger Zeit ihren Dienst bei der Polizei quittiert hat, gerät sie unverhofft in eine Mordermittlung. Bei ihrem Freund Wim im Schrebergarten fällt ihnen regelrecht die Leiche eines bekannten Bankers entgegen. Als ihr arroganter Ex-Kollege Kerner den Fall übernimmt, leckt Eva Blut und beginnt selbst im Bankermilieu zu ermitteln. Doch die skrupellosen Personen auf die sie trifft, decken sich gegenseitig und Lügen ohne mit der Wimper zu zucken. Wer hat von diesen Personen hatte wirklich ein Motiv, den Banker umzubringen? Als wenig später auch noch die Leiche von seiner Geliebten auftaucht, wird der Fall immer verzwickter.
Mit „Keine feine Gesellschaft“ ist Olaf Kolbrück ein spannender und stellenweise lustiger Debütroman gelungen. Besonders positiv fallen dabei die Charaktere auf, die alle sehr durchdacht und unterhaltsam sind. Eva Ritter selbst ist von einer Krankheit gebremst, die noch gar nicht genau diagnostiziert ist, ihre Tochter ist gerade volljährig und lesbisch und wirft regelmäßig ihr Leben durcheinander. Hier zeigt sich die Liebe des Autors zum Detail, die besonders bei einem Krimi entscheidend sein kann. Der Fall an sich ist sehr schlüssig und logisch aufgebaut, die Charaktere und Umstände tragen dazu bei, dass man beim Lesen sehr viel Spaß hat und gleichzeitig gespannt mit ermittelt, wer der Mörder aus der Hochfinanz sein könnte. 
Spannend, lustig, kurios- ein toller Krimi, hoffentlich nicht der letzte mit der pensionierten Ermittlerin Eva Ritter. Schließlich will man auch wissen, wie es privat bei ihr weiter geht!

Sonntag, 7. Oktober 2012

Dorothea Morgenroth "Der den Himmel lenkt"


Sie sind noch Kinder, als sie sich Anfang des 19. Jahrhunderts zum letzten Mal sehen, und doch vergiss Julius Schwartz nie seine Kindheitsliebe Eleonore Becker. Die trifft nach dem Abschied von ihrer alten Heimat jedoch erst einmal ein hartes Los: gemeinsam mit ihren Eltern reist die zwölfjährige von Ulm an die Ostsee bei Kiel, um ein neues Leben zu beginnen. Doch Armut und der frühe Tod des Vaters führen schnell dazu, dass Eleonore als letzte Überlebende der Familie zurückbleibt, gemeinsam mit ihrem unehelichen Kind Sophie. Selber krank schafft sie es gerade noch, die vierjährige in die Pflege des wohlhabenden Schiffsbauers Johan Kjeldsen zu übergeben, bevor auch sie stirbt. Mit dem Wissen um ihre Herkunft findet Sophie sich nie ganz ein in die wohlhabende dänische Familie und hadert mit ihrem Schicksal...
Dorothea Morgenroth beschreibt die Lebensgeschichte von Sophie mit sehr viel Anteilnahme und Emotionen, so dass man als Leser nicht unberührt bleiben kann. Auch die anderen Figuren der Familie Kjeldsen sind sehr lebensnah und sympathisch, ebenso wie Julius Schwartz und sein Sohn, die im Roman immer wieder auftauchen. Die Geschichte lässt sich wirklich locker weglesen und wirkt dabei noch sehr gut recherchiert, was zum Lesevergnügen beiträgt.
Eine wichtige Rolle spielt in diesem Roman der Glaube an Gott, der die Figuren durch ihr Leben führt und der Gedanke, dass Gott schon alles richten wird, egal was passiert. Dieser religiöse Bezug ist mir an einige Stellen etwas unangenehm aufgefallen, da er immer sehr direkt und fast gutgläubig verkauft wird. Alles mit purem Gottvertrauen zu erklären, nimmt den Figuren meiner Meinung nach einiges an Tiefe, die sie hätten entwickeln können. Wenn Sophie mit sich ringt, wie ihr Leben weitergehen soll, trifft sie keine reflektierte Entscheidung, sondern beschließt, sich einem höheren Wesen zu unterwerfen. Was einerseits Sicherheit vermittelt für ihr Leben, wirkt gleichzeitig etwas zu einfach und kurzsichtig. Sicher spielte der Glaube in der damaligen Zeit noch eine sehr viel stärkere Rolle, die Art der Vermittlung war mir in diesem Roman jedoch etwas zu aufdringlich und Vordergründig.
Ansonsten hat mir das Buch gefallen, das Lesen hat Spaß gemacht und habe Sophie gerne durch einen wichtigen Abschnitt ihres Lebens begleitet!

Samstag, 6. Oktober 2012

Toni Jordan "Die schönsten Dinge"


Ella ist Evolutionsbiologin und will von Daniel Metcalf nur eins: Das Geld für eine Forschungsstipendium, um im australischen Nationalpark nach dem tasmanischen Tiger zu suchen. Das Tier soll jedoch bereits seit Jahrzehnten ausgestorben sein, ihr Projekt ist also etwas ungewöhnlich. Dass hier noch mehr ungewöhnlich ist, zeigt sich sehr schnell. Ellla heißt eigentlich Della und ist Mitglied einer Gaunerfamilie, die Evolutionsbiologin gibt sie nur zum Schein, um dem neureichen Schnösel Daniel das Geld aus der Tasche zu ziehen. Leider ist der ausgesprochen klug und attraktiv, so dass Della beginnt, ihr Ziel etwas aus den Augen zu verlieren.
Mit „Die schönsten Dinge“ ist Toni Jordan ein locker leichter Roman über eine sehr ungewöhnliche Familie gelungen, die sich auf eine spezielle Art durchs Leben schlägt. Della kennt das Leben nicht anders, deshalb hinterfragt sie es auch kaum und hat sich ein Rechtfertigungssystem zurecht gelegt, um ihr Tun zu begründen. Sie ziehen ja nur Leute ab, die eh zuviel Geld haben oder es verdient haben. Der Roman lässt sich gut lesen und ist vom Stil her sehr einfach geschrieben. 
Die Autorin hat mit Della eine sehr sympathische Hauptfigur geschaffen, die man gerne durch die Geschichte begleitet. Dennoch bleibt am Ende das Gefühl einer Belanglosigkeit, mich konnte das Buch nicht wirklich berühren oder mitreißen. Ich habe es zwar schnell durchgelesen, aber das Gefühl, unbedingt wissen zu müssen, wie es weitergeht, hatte ich nicht. Ein ganz schönes Buch, wenn man etwas leichtere Lektüre zwischendurch möchte.
 Am Schluss hatte ich zudem das Gefühl, dass die eigentlich spannende Handlung in die letzten 50 Seiten gepackt wurde, was der Geschichte etwas sehr Gehetztes gab. Das hätte man meiner Meinung nach noch viel ausführlicher behandeln können. Dann wäre das Buch zwar um einiges dicker geworden, dafür aber auch viel nachvollziehbarer und spannender. Das ist schade, die Idee des Romans finde ich nämlich ausgezeichnet. Ich hatte mir mehr von dem Buch versprochen. 

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Cody McFadyen "Ausgelöscht"


Bei der Hochzeit einer FBI Agentin kommt es  zu einem unerwarteten Zwischenfall: Eine halb besinnungslose Frau, abgemagert und orientierungslos, wird aus einem fahrenden Auto geschubst und torkelt auf das gerade verheiratete Brautpaar zu. Wie sich herausstellen soll, ist diese unerwartete Besucherin selbst Polizistin und vor acht Jahren entführt worden. Ihr Peiniger hielt sie in kompletter Dunkelheit gefangen und folterte sie regelmäßig. Smokey Barett und ihr Team machen sich an die Arbeit und jagen den skrupellosen Täter. Dass der noch zu viel schlimmeren Dingen fähig ist, wird schnell klar: Eine weitere verschwundene Frau taucht auf, sie wurde lobotomiert und ist nur noch eine vor sich hin vegetierende Hülle. 
Obwohl dies bereits der vierte Teil der Reihe von Cody Mcfadyen rund um die Agentin Smokey Barett ist, war es mein erster Thriller des Autors, den ich gelesen habe. Zwar erscheint es etwas unwahrscheinlich, wie viele schlimme Dinge Smokey, ihrer Familie und ihrem Team schon zugestoßen sind, trotzdem fand ich den Roman großartig geschrieben. Von der ersten bis zur letzten Seite gelingt es dem Autor, die wahnsinnige Spannungskurve aufrecht zu erhalten. Immer wenn man als Leser denkt, man hätte alles durchschaut kommt es zu neuen, unvorhergesehenen Ereignissen, die alles über den Haufen werfen und gemeinsam mit dem -außerordentlich sympathischen- Ermittlerteam tappt man wieder völlig im Dunkeln. Ich habe die 450 Seiten an einem Tag komplett durchgelesen, weil ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte und unbedingt wissen musste, wie es weitergeht. 
Ein Thriller im Stil von Sebastian Fitzeks „Der Augensammler“ oder Casey Hills „Tabu“- einfach großartig!

Montag, 1. Oktober 2012

Robert Goolrick "Ein wildes Herz"


Amerika 1948. Charlie Beale tritt in das Leben der Kleinstädter in Brownsburg, ein redlicher, rechtschaffener Mann, der in der örtlichen Metzgerei zu arbeiten beginnt, zwar seine Probleme mit der Kirche hat, aber dennoch hilfsbereit und ehrlich ist. Bis er die Frau trifft, die nicht nur sein Leben für immer verändern soll. Seine Liebe zu der verheirateten Sylvan Glass reißt ihn aus allem, was bisher seine Maßstäbe waren, zerstört alles, wonach er leben wollte. Heimlich treffen die beiden sich immer wieder, wenn er eigentlich mit dem Sohn des Metzgers einen Nachmittag verbringt. Der Junge sitzt in der Küche und liest Comics, während er auf seinen Freund wartet. Er ist fünf und versteht nicht, was eigentlich passiert, aber er weiß, dass er nichts sagen darf, das hat Charlie ihm eingeschärft. 
Robert Goolrick beschreibt in seinem zweiten Roman, wie die Liebe dieses Paar einen Abgrund aufreißt und alle mitzieht, die ihnen Nahe stehen. Was mit etwas so Positiven wie der unzerstörbaren Liebe und Leidenschaft zwischen Charlie und Sylvan beginnt, rast wie einer klassischen Tragödie auf den Untergang, die Katastrophe zu. Ohne es zu merken, schadet Charlie schnell allen, die in seinem Umfeld leben und zerstört das Leben seines kleinen Freundes Sam, ohne wirklich Notiz davon zu nehmen, so blind macht ihn seine Liebe zu der verheirateten Frau. Was bleibt, sind kaputte Familien, zerstörte Menschen und mehr Tote, als diese Liebe jemals rechtfertigen könnte. In „Ein wildes Herz“ zeichnet Goolrick eine Liebesgeschichte jenseits aller kitschigen Liebesromane, seine Liebe ist ist nicht sanft, nicht zärtlich oder mitfühlend, er zeigt die Liebe mitsamt des Egoismus, den sie mit sich bringt und der Zerstörung, die sie hinterlässt. „Ein wildes Herz“ ist ein besonderes Buch, ein großartiger Roman, der dazu verleitet, ihn immer wieder neu zu entdecken. 
Dieses Buch kann einen ein Leben lang begleiten und jedes Mal, wenn man es nach ein paar Jahren wieder in die Hand nimmt und sich erneut auf die Reise mit Charlie Beale und Sylvan Glass macht, wird man vielleicht eine neue Sicht auf die Geschichte gewinnen, beeinflusst vom eigenen Leben, von den eigenen Erfahrungen. Ich kann nur jedem ans Herz legen, sich dieses Buch ins Regal zu stellen und immer wieder zu lesen. 

Mittwoch, 26. September 2012

David Baldacci "Die Wächter"


Der Camel Club um Oliver Stone ist wieder unterwegs: Bei einem Treffen beobachten sie, wie ein Mann ermordet wird. Die Täter lassen es wie Selbstmord aussehen und als wenig später bekannt wird, dass das Opfer Mitglied eines wichtigen amerikanischen Geheimdienstes war, beginnen sie zu recherchieren. Mit Hilfe eines Freundes von Oliver, der selbst Mitglied des Secret Service ist, wollen sie herausfinden, was hinter diesem Mord steht. Sie ahnen nicht, dass sie in ein riesiges Wespennest stoßen, bei dem es um viel mehr geht, als nur einen einzelnen Mord.
Dieser Thriller vom Erfolgsautor David Badacci ist wieder einmal großartig. Der Stil des Buches ist mitreißend und spannend, die Charaktere die Camel Clubs sind mir schon im letzten Band ans Herz gewachsen. Die Beschreibung der Personen ist detailliert und man hat das Gefühl, dass der Autor seine Charaktere selber sehr gerne mag. Ihre Ermittlungsmethoden sind zwar immer etwas unkonventionell, doch auch in diesem Fall kommen sie wieder erfolgreich ans Ziel. Auch wenn hohe Dienstgrade der Geheimdienste gegen sie arbeiten. Und gegen seinen Willen wird bei diesen Ermittlungen auch die wahre Identität von Oliver Stone, dem Anführer des Clubs gelüftet, was diesem Fall noch einige neue Verwicklungen beschert.
Ein sehr guter, klassischer Thriller, in dem es um die Macht der Geheimdienste, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und den mächtigsten Mann der Welt geht – absolut empfehlenswert!

Freitag, 21. September 2012

Guillaume Musso "Lass mich niemals gehen"


Als Ethan eines Tages mit seiner Verlobten und seinem besten Freund einen Ausflug nach New York macht, entscheidet er von einem Moment auf den anderen, sein altes Leben zu verlassen. Er lässt die beiden weitergehen und setzt sich in der belebten Stadt ab, um neu zu beginnen. Er wird eine berühmter Psychologe, schreibt Bücher und sitzt in Talkshows. Doch vergisst er nie seine große Liebe, Céline, eine Französin, die er verlassen hat, als sie zu ihm nach New York ziehen wollte. 
Guillaume Musso beschreibt den 31. Oktober 2007 im Leben aller Personen, die für Ethan wichtig sind. Doch plötzlich fühlt sich Ethan wie in dem Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, denn als er morgens aufwacht, ist es wieder der 31. Oktober 2007 und er hat erneut die Chance, alles wieder gut zu machen. Denn Fehler hat Ethan in seinem Leben viele gemacht, das wird dem Leser schnell klar.
Die Idee für den Roman ist wirklich sehr schön, ein Mann, der für seine große Liebe kämpft und versucht, Menschen um Verzeihung zu bitten, denen er geschadet und die er verletzt hat. Leider habe ich bis kurz vor Schluss keinen richtige Zugang zu der Geschichte gefunden, was das Lesen erschwert hat. Dies liegt zum Teil sicher auch an der sehr unsympathischen Hauptfigur, die mir nicht sehr gefallen hat. Auch wenn er versucht, Fehler wieder gut zu machen, wirkt er noch arrogant und überheblich in seiner Ansicht, alles müsse sich nach ihm richten, auch die Gefühle der anderen Menschen und ihre Fähigkeit ihm zu verzeihen. Er scheint mir bis zum Schluss nicht wirklich verstanden zu haben, welche Dummheiten er begangen hat. Gleichzeitig schwebt über der Geschichte die Aussage, dass sowieso alles vom Schicksal bestimmt ist, er also tun kann was er will, er kann nichts ändern.
 Leider hat mich das Buch nicht so überzeugt wie der Roman „Nachricht von dir“ von Musso, den ich wirklich herausragend fand. Der Stil ist zwar genauso gut, der Protagonist und die Konstruktion der Story haben mir jedoch nicht so gut gefallen. Wer noch nichts von Musso gelesen hat, sollte auf jeden Fall „Nachricht von dir“ auswählen, um den Autor kennen zu lernen, und nicht „Lass mich niemals gehen“. 

Donnerstag, 20. September 2012

Sebastian Fitzek "Der Augensammler"


45 Stunden und 7 Minuten- genau so viel Zeit bleibt den Vätern der Kinder, die der Augensammler entführt um ihre Kinder zu retten, danach werden sie jämmerlich ersticken. Die Mutter hat er dann bereits umgebracht, und auch für die Kinder gibt es wenig Hoffnung. Als Reporter ermittelt Alexander Zorbach in dem gruseligen Fall, Unterstützung bekommt er von der blinden Physiotherapeutin Alina Gregoriev. Die behauptet, Visionen von dem Mörder zu haben und will bei der Suche helfen. Doch plötzlich geraten die beiden in den Mittelpunkt des Geschehens und werden als Hauptverdächtige gejagt. 
Sebastian Fitzeks Roman „Der Augensammler“ ist ein wirklich großartiger Thriller, der die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite hält. Mit Alexander Zorbach hat er einen hochinteressanten Charakter geschaffen, als Polizist aus dem Dienst entlassen, nachdem er eine Verdächtige erschossen hat, ist er ständig auf der Suche nach Halt und kann gleichzeitig das Geschehene nicht akzeptieren. Und so macht er weiter Jagd auf Krimine lle, allerdings jetzt im Dienst einer Zeitung. Die blinde Alina macht ihm Angst mit ihren Visionen und mehr als einmal zweifelt er, ob er ihr trauen kann. Dennoch bilden die beiden mit ihrem Blindenhund Tomtom ein interessantes Ermittlergespann.  
Das Buch war so spannend, dass ich es an einem Tag durchlesen musste, ich konnte es einfach nicht aus der Hand legen. Jetzt bin ich schon sehr gespannt auf „Der Augenjäger“ von Sebastian Fitzek, der zweite Roman mit Alexander Zorbach und Alina Gregoriev. 

Montag, 17. September 2012

Edmonde Charles-Roux "Coco Chanel. Ein Leben"


Coco Chanel ist eine der wichtigsten Modeschöpferinnen und Ikonen des 20. Jahrhunderts, um ihr Leben ranken sich viele Mythen und Geschichten, die sich vielleicht nie ganz klären lassen. Edmonde Charles-Roux macht sich in dieser Biographie auf die Suche nach der Coco Chanel hinter der Marke und der Mode. Die bereits 1920 geborene Journalistin und Schriftstellerin taucht in diesem Buch ein in die Familiengeschichte der Chanels, beschreibt das Leben als wandernde Marktleute und Tagelöhner, was gar nicht zu der Geschichte passen will, die Coco Chanel so gerne von ihrer Familie erzählte, eine Winzerfamilie mit langer Tradition.
 Langsam deckt die Journalistin die Geschichte hinter dem Schein auf, den Coco Chanel um sich aufgebaut hat, ihre Verletzungen, Liebesgeschichten, Hoffnungen, doch auch ihr untrüglicher Instinkt, wenn es um Mode und um Geschäftliches geht. So interessant diese Fakten auch sind, strotz die Biographie vor Personen und Informationen, die immer wieder ineinander übergehen, was es für den Leser teilweise schwer macht, ihr zu folgen. Sicher sind alle diese Fakten und Personen wichtig, um das Gesamtbild Chanel zu verstehen, doch leidet die Lesbarkeit der Biographie teilweise unter dieser Detailgenauigkeit. 
Hinzu kommt, dass die Ausgabe des Fischer Taschenbuch Verlags leider zu sehr unter der Seiteneinsparung des Verlags leidet. Die Schriftgröße ist extrem klein, der Zeilenabstand zu gering und die Seiten zu eng bedruckt, um das Buch wirklich entspannt lesen zu können. Für eine großzügigere Ausgabe mit mehr Bildern hätte man wirklich gerne etwas mehr bezahlt. Gerade bei einer Geschichte über DIE Modeschöpferin des 20. Jahrhunderts, hätte ich gerne mehr Fotos und Zeichnungen von ihr in der Biographie gesehen. 
Trotzdem bleibt die Biographie sehr gut recherchiert und faktenreich, genau das, was man von einem Werk dieser Art erwartet, auch wenn in dieser Ausgabe der Unterhaltungsfaktor eindeutig zu kurz kommt. 

Susan Elizabeth Phillips "Dieser Mann macht mich verrückt"


Wenn es eine Situation gibt, in der man als Frau nicht von einem höchst attraktiven Mann gesehen werden will, dann diese: Blue ist in einem Biberkostüm ohne Kopf dafür mit einem sehr störrischen Schwanz an der Autobahn zu Fuß unterwegs, als der Footballspieler Dean Robillard sie aufliest. Da sie kein wirkliches Ziel hat und der Biberjob sich eigentlich auch erledigt hat, folgt sie ihm auf seine Farm, auch wenn sie ihn furchtbar arrogant und anstrengend findet. Aber so pleite wie sie ist, könnte sie sich nicht mal eine Übernachtung in einer Jugendherberge leisten. Doch als sie auf der Farm ankommen, geht der Trubel erst los, die Haushälterin stellt sich als Deans Mutter heraus, ein ehemaliges Rockergroupie. Als plötzlich auch noch seine kleine Halbschwester und sein Rockstar-Vater auftauchen, ist das Chaos perfekt und dass das ganze vor einer verrückten amerikanischen Kleinstadtkulisse spielt, unterstreicht den verrückten Charakter der Story noch. 
Auch wenn das alles sehr platt klingt, ist die Geschichte höchst unterhaltsam und kurzweilig. Blue ist eine sehr eigensinnige Persönlichkeit, und ihre Wortgefechte mit Dean oder der Schreckschraube des Ortes Nita, machen das Buch schon lesenswert. Natürlich kommt auch die Liebesgeschichte nicht zur kurz und wirkliche Überraschungen bleiben aus, dennoch nervt das ganze an keiner Stelle des Buches. Die vielen lustigen und verrückten Charaktere tragen dazu bei, dass der Kitsch sich im Rahmen hält und das Buch gut lesbar bleibt. Wer auf der Suche nach einem witzigen Liebesroman ist, sollte sich unbedingt an Susan Elizabeth Phillips halten!

Mittwoch, 12. September 2012

Paolo Giordano "Die Einsamkeit der Primzahlen"


Alice und Mattia sind beide Außenseiter als sie sich an der Schule kennen lernen. Und beide haben schon in jungen Jahren ein Trauma erlitten, das sie in ihrem gesamten Leben nie wieder loslassen wird. Alice hatte einen Skiunfall, ihr eines Bein ist steif, große Narben verlaufen über ihren Bauch. Sie versucht die Unzulänglichkeiten zu kompensieren, indem sie sich weigert zu essen und immer weiter runter hungert.
Mattia hat seine geistig behinderte Zwillingsschwester mit sechs Jahren im Park sitzen lassen, um nicht mir ihr zu einer Geburtstagsparty gehen zu müssen. Danach ist sie verschwunden und wird nie wieder auftauchen. Um mit seiner Schuld und seinen Schmerzen umgehen zu können, verletzt Mattia sich regelmäßig, auch sein Körper ist gezeichnet von Narben.
Als die beiden zusammen finden und auf ihre eigene Art Freunde werden, entsteht ein Band zwischen ihnen, was niemand jemals trennen wird. Ohne Worte verstehen sie, was der andere fühlt und durchmacht, so unterschiedlich sie auch mit ihrem Trauma umgehen. Der Roman ist so sensibel und einfühlsam geschrieben, dass einem manchmal eine Gänsehaut über den Rücken hinunter läuft und man Mattias Schmerz spürt, wenn er sich eine Glasscherbe in die Hand drückt oder Alices Ekel, wenn ihr Mann sie zum Essen zwingen will. Die Geschichte begleitet die beiden Protagonisten von 1984 bis 2007 durch ihre Leben. Der Erzähler will kein Mitleid für die Figuren und ihr Schicksal, man soll einfach nur der Erzählung folgen, soll verstehen versuchen, was in Menschen vorgeht, denen etwas geschieht, das für sie so unfassbar und ungerecht ist, dass sie keinen Weg finden, es zu verarbeiten.
Gleichzeitig sind die Gefühle zwischen Alice und Mattia nie klar definierbar, sie sind mehr als Freunde, ein Paar sind die sie aber auch nicht. Es ist etwas Besonderes zwischen ihnen, das ist beiden von Anfang an klar. Und so besonders ist auch dieser Roman, der mit leisen Tönen und viel Emotionen und Nachdenklichkeit den Leser fesselt. Man möchte Alice und Mattia nach der letzten Seite gar nicht mehr alleine ziehen lassen, so sehr sind sie einem ans Herz gewachsen. 

Dienstag, 11. September 2012

Paige Toon "Du bist mein Stern"


Meg glaubt zu träumen, als ihre Chefin ihr anbietet als persönliche Assistentin für den berühmten Rockstar Johnny Jefferson zu arbeiten. Innerhalb einer Woche packt sie ihre Sachen und fliegt von London nach L.A., um ihren neuen Job anzutreten. Doch schnell muss sie feststellen, dass ihr neuer Boss kein einfacher Mensch ist und Sex, Drugs & Rock‘n Roll nicht nur Vorurteile sind. Als ihr dann auch noch ihre Gefühle einen Strich durch die Rechnung machen und sie jedes mal Herzrasen bekommt, wenn der coole Rockstar durch die Tür kommt, ist das Chaos perfekt. 
Paige Toon ist mit „Du bist mein Stern“ mal wieder ein großartiger, locker-leichter Unterhaltungsroman gelungen, der problemlos an ihren Erstlingserfolg „Lucy in the Sky“ anschließen kann. Meg ist eine durchweg sympathische Hauptfigur und die ganzen Klischees, die verwendet werden, fallen nicht unangenehm sondern passen einfach in die Geschichte. Es macht einfach Spaß dieses Buch zu lesen und den Protagonisten durch die Story zu folgen, die ein paar spannende und auch lustige Wendungen nimmt, bevor sie zum Ende kommt. Einfach perfekt für einen verregneten Herbstnachmittag!

Sonntag, 9. September 2012

John Grisham "Der Anwalt"


Kyle ist Mitte 20, Absolvent einer Elite-Uni, Chefredakteur der Yale Law Review und sollte eigentlich eine glänzende Karriere vor sich haben. Bis plötzlich eines Tages ein Unbekannter in seinem Leben auftaucht und ihn erpresst. Ein Video soll beweisen, dass er an der Vergewaltigung einer Kommilitonin beteiligt gewesen ist. Damit ihm nicht der Prozess gemacht wird, soll er bei der größten Kanzlei New Yorks anheuern und brisante Akten herausschmuggeln. Völlig verzweifelt sieht Kyle sein gesamtes Leben zerstört. Wir soll er jemals aus dieser Erpressung herauskommen?
Der Roman beginnt sehr bedächtig und läuft auch so weiter. Die unglaubliche Spannung der frühen John Grisham Romane fehlt diesem Krimi, dennoch ist die Story gut zu lesen, wenn auch stellenweise etwas unglaubwürdig. So schnell wie Kyle sich dem Erpresser unterwirft, müsste der eigentlich mehr gegen ihn in der Hand haben, als ein Video, das beweist, dass er die Studentin eben nicht vergewaltigt hat, sondern betrunken und unzurechnungsfähig im Sessel nebenan saß. Abgesehen von diesem Anfangsfehler, ist der Roman aber wie immer gut geschrieben, die Charaktere sind sympathisch und die Story bringt einen dazu, weiterzulesen. Denn am Ende will man einfach nur noch wissen, wie Kyle aus dieser Geschichte wieder herauskommt.
Dennoch kann der Autor nicht an seine alten Erfolgskrimis anknüpfen, wer noch nichts von Grisham kennt sollte auf jeden Fall erst die älteren Bücher lesen, „Der Anwalt“ ist leider nicht ganz so gut geworden.

Freitag, 7. September 2012

Gisella Stelly "Goldmacher"


Deutschland Anfang der 20er Jahre: Anton und Franz erblicken beide in schwierigen Zeiten das Licht der Welt und lernen sich in den 30er Jahren in der Hitlerjugend während eines Sommeraufenthaltes kennen. Ihr beider Leben wurde geprägt vom „Goldmacher“, dem Versuch, industriell Geld zu produzieren. Antons Vater verlor dadurch seinen gesamten Besitz, Franz‘ Vater startete so seine Karriere bei den Nazis als Banker und Industrieller. Ihr Leben lang bleiben die beiden verbunden und treffen an wichtigen Punkten der deutschen Geschichte aufeinander. 
Gisela Stelly ist mit „Goldmacher“ ein großartiger Roman über die deutsche Geschichte und den Wunderglauben während der Nazi-Diktatur in Deutschland gelungen. Glaubwürdig erzählt sie von dem Wunsch der Menschen, etwas Besonderes zu haben und Wunder möglich machen zu können, egal ob sie nun an das künstliche Gold oder Hitlers Wunderwaffe glauben. Antons Wunsch gemäß dem griechischen Historienschreiber Thukydides die Geschichte dieses deutschen Wunderglaubens aufschreiben zu wollen oder doch zumindest verstehen und in Zukunft verhindern zu können, wird immer wieder mit dem Wunsch von Franz konfrontiert, die Wahrheit nicht sehen zu wollen und sich in seiner Welt einzurichten und voranzukommen.
 Die Geschichte der Familien und ihre Verknüpfungen auch in den nachfolgenden Generationen zeigt Gisella Stelly vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte von Anfang der zwanziger Jahre über den zweiten Weltkrieg, den Wiederaufbau, die deutsche Teilung, die Studentenunruhen in den 60er und 70er Jahren bis zum Mauerfall und der Wiedervereinigung in Deutschland. Dass dieser intelligente und gut durchdachte Roman gleichzeitig auch noch gut lesbar und für den Leser sehr ansprechend aufgemacht ist, wirkt da wie ein Bonuspunkt für ein an sich schon großartiges Buch!

Donnerstag, 6. September 2012

David Nicholls "Zwei an einem Tag"


Am 15. Juli 1988 verbringen Emma und Dexter nach ihrer College Abschlussfeier die Nacht gemeinsam- und von da an ihr ganzes Leben. Jedes Jahr am 15. Juli lässt David Nicholls den Leser einen Blick in das Leben der beiden werfen, was sie tun, wie sie sich entwickeln und wie sie zueinander stehen. Während Emma sich als Schauspielerin, Kellnerin und Lehrerin versucht, jettet Dexter als Kind reicher Eltern um die Welt, sucht einen Job der möglichst cool ist und hat wechselnde Frauengeschichten. Doch nie verlieren sich die beiden aus den Augen und so entsteht eine wundervolle Liebesgeschichte, die einen als Leser nicht unberührt lassen kann. 
Durch die Idee, die Geschichte nicht einfach fortlaufend, sondern punktuell immer an einem Tag im Leben der beiden zu erzählen, entsteht ein Plot jenseits des klassischen Liebeskitsches von „Sie finden sich und lieben sich ihr Leben lang“. Der Roman von David Nicholls ist realistischer und lebensnaher, er erzählt von Momenten, in denen einfach nichts zusammenpasst und zeigt, dass nur Liebe manchmal nicht reicht um zusammen sein zu können. Die Suche nach dem richtigen Augenblick bestimmt das Leben von Emma und Dexter und ihre Entscheidungen.
 „Zwei an einem Tag“ ist kein Roman über Liebe auf den ersten Blick, sondern lässt uns als Leser daran teilhaben, wie sich Gefühle entwickeln und verändern. Für eine Person etwas Bestimmtes zu empfinden ist nicht feststehend, kontinuierlich suchen und finden Emma und Dexter Partner, Familie, Freunde und auch sich gegenseitig immer wieder. Dieser Roman geht ans Herz, ohne kitschig zu sein - sehr zu empfehlen! 

Montag, 3. September 2012

Es wird wieder gebloggt!

Nachdem es im letzten Monat auf meinem Blog leider totenstill war, bin ich jetzt wieder aktiv dabei! Die Seitenzahlen habe ich schon aktualisiert, die Rezension zu "Zwei an einem Tag" folgt in den nächsten Tage. Also bis bald!

Sonntag, 8. Juli 2012

Nicolas Barreau "Das Lächeln der Frauen"


Wenn man sich ein Buch kauft und bereits auf den ersten Seiten des Romans wird das eigene Restaurant erwähnt, kann das Zufall sein und vielleicht freut man sich sogar über die Werbung. Möglicherweise hat man den Autor einmal unbewusst bewirtet? Wenn die Hauptfigur des Romans jedoch genauso aussieht wie man selber und ein Kleid trägt, das man selber im Schrank hängen hat, glaubt man vermutlich nicht mehr an Zufall- sondern an Schicksal! So ergeht es Aurélie Bredin, als sie den Roman „Das Lächeln der Frauen“ entdeckt, der ihr Leben verändern soll. Mühselig versucht sie über den Lektor Kontakt zu dem menschenscheuen englischen Autor herzustellen, doch das birgt mehr Hindernisse als ihr lieb ist. Und auch für den französischen Lektor schafft sie ohne es zu ahnen unglaubliche Probleme, die er nur schwer lösen kann. Denn der englische Autor hinter  dem Namen Robert Miller hat ein ungewöhnliches Geheimnis...
Nicolas Barreaus Roman ist ein Liebesroman, jedoch ohne viel Kitsch und Pomp. Er ist auf eine ruhige und stille Weise beeindruckend und fesselt einen in der Welt von Aurélie und André, den beiden Charakteren, die einander so viele Probleme machen, ohne es auch nur zu ahnen. Langsam bewegen sie sich auf einander zu und das Empfinden für das, was André tut schwankt die ganze Zeit zwischen Verständnis und Abneigung auf Seiten des Lesers. Darf man jemanden für die Liebe manipulieren? Darf man ihn anlügen, wenn das Ergebnis am Ende doch alle glücklich macht? Und wie lange kann ein auf einer Lüge aufgebautes Glück überhaupt andauern? Alle diese Fragen wälzt André hin und her bei seiner Jagd auf Aurélie, während die sehr naiv und unbedarft im Leben vorangeht. Liebe ist für sie immer wahr, ehrlich und nur mit dem ganz großen Knall, den ganz großen Gefühlen möglich. Dass die Liebe sich auch ganz anders entwickeln kann, langsam, über Vertrauen und das Kennend des Anderen zieht sie gar nicht in Erwägung. Und so muss der verliebte André alle Register ziehen, um die verträumte Restaurantbesitzerin auf seine Seite zu ziehen.
Barreaus Figuren sind sensibel, jeder auf seine Art und die Handlung ist so liebevoll geschrieben, voller Empathie für die Charaktere auf allen Seiten der Geschichte, dass man das Buch nicht mehr weglegen mag und das passiert, was der Autor sich in seinem Nachwort vom Leser wünscht: Dass man seinen Roman mit einem Lächeln in der Hand beginnen und mit einem Lächeln beenden möchte. 

Samstag, 30. Juni 2012

Sören Sieg "Superdaddy"


Ein Superdaddy- wie könnte der aussehen? Vielleicht ein Vater der immer für seine Kinder da ist? Oder ein beruflich erfolgreicher Typ, der am Wochenende seine Kinder ins Bett bringt und von seinen Heldentaten erzählt, der sich um seine Frau kümmert, sie liebt und nicht betrügt und für den seine Familie alles ist. Aber ganz sicher nicht dieses von Sören Sieg konstruierte Wesen aus missratener Rampensau, Memme und jaulendem Hausmann. 
Ich hatte von dem Buch eine lustige launige Unterhaltungsgeschichte erwartet, vielleicht nicht anspruchsvoll aber mit netten Charakteren und vielleicht auch Familienmomenten, bei denen sich jeder Leser denkt „ja, kenne ich, das war bei uns auch so“. Statt dessen jammert der Protagonist 300 Seiten lang über sein schweres Leben, ständig unterdrückt von seiner feministischen Akademikerfrau und gedemütigt von seinem coolen Investmentbanker-Freund. Das ist vielleicht die ersten 100 Seiten unterhaltsam, dann wird es nur noch anstrengend und spätestens auf Seite 200 wollte ich die Hauptfigur mal am Kragen packen und ordentlich durchschütteln. Von seiner egozentrischen unsympathischen Frau mal ganz zu schweigen! 
Das ist natürlich eine sehr subjektive Wahrnehmung der Charaktere und wird sicher immer auch ein wenig vom Hintergrund des Lesers bestimmt. Eine weniger einseitige Konstruktion der Figuren hätte der Geschichte jedoch sehr gut getan, dann wirkt es auch nicht so unglaubwürdig, wenn Phillips Frau einer plötzlichen Sinneswandlung gleich fünf Minuten lang weint, weil sie ja so eine schlechte Mutter ist, um dann einen Job in einer völlig anderen Stadt anzunehmen ohne die Familie zu informieren. Alles in allem leider keine empfehlenswerte Lektüre. 

Dienstag, 26. Juni 2012

Eine neue Rubrik

Seit heute gibt es eine neue Rubrik, viel Spaß beim Lesen und Entdecken. Die Fotos sind vom ersten Versuch Sushi selber zu machen- viel besser gelungen als gedacht!

Tom Rachman "Die Unperfekten"


Wie tickt eigentlich eine Zeitung? Und was kann sie in den Untergang treiben? Aus den Perspektiven von Gründer, Verleger, Mitarbeitern und Lesern beschreibt Tom Rachman in diesem großartigen Stück Literatur den Weg einer internationalen Zeitung, die in Rom produziert wird und deren Gründer großes mit ihr vor hatte. Im Laufe der Zeit jedoch wandelt sich die Zeitung und auch ihr Umfeld, neue Medien drängen auf den Markt, neue Chefredakteure versuchen das sinkende Schiff zu retten. 
 Der Roman ist eigentlich eine Zusammenstellung von kurzen Episoden, die uns am Leben von Personen teilhaben lassen, die die Zeitung am Laufen halten. Die Redaktion und das produzierte Blatt sind der Rahmen, der diese Geschichten zusammenfügt und auch die Menschen zwingend zusammenhält, ob sie das nun wollen oder nicht. Sie ist wie eine eiserne Klammer, die alles festzieht und wenn sie weg bricht, purzeln all die Geschichten und Lebensentwürfe beinahe haltlos durcheinander. Für einige mag das positiv sein, für andere bedeutet es eine Katastrophe, ohne diesen Rahmen leben zu müssen.  
All diese Entwicklungen beobachtet Tom Rachman mit Abstand zu den Figuren, er erzählt und beschreibt sie, der Erzähler hält jedoch immer eine kühle Distanz zu den Figuren und ihrem Schicksal, was auch dem Leser die Möglichkeit gibt, das große Ganze zu sehen und sich nicht in den einzelnen Figuren zu verlieren.  
Mich hat das Buch wirklich begeistert, auch wenn die Aufteilung auf einzelne Episoden am Anfang etwas ungewöhnlich war. Für diesen Roman hat Rachman damit aber die perfekte Darstellungsform gefunden!