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Dienstag, 28. Januar 2014

Eva Stachniak "Der Winterpalast"


Barbara verlässt noch als kleines Kind mit ihren Polen, doch als ihre Eltern beide sterben wird sie zu Warenka und fängt als Näherin im Sankt Petersburger Winterpalast von Kaiserin Elisabeth an. Doch schnell bemerkt sie der Kanzler, wenn sie nachts durch die Gänge schleicht und lässt sie für sich spionieren. So kommt sie in den engsten Umkreis der Kaiserin, während Prinzessin Sophie von Anhalt- Zerbst nach Russland kommt, welche den Thronfolger und Großfürsten Peter heiraten soll, einen Neffen von Peter dem Großen. Sie versteht sich gut mit Sophie und versucht ihr zu helfen, mit der schwierigen, neuen Situation am Hofe Sankt Petersburgs zurecht zu kommen. Als Großfürstin Katharina soll sie möglichst schnell einen Thronfolger zur Welt bringen, doch ihr Mann schätzt sie nicht und geht ihr aus dem Weg. Gleichzeitig übt die Kaiserin willkürlich Macht in allen Lebensbereichen aus und macht auch Warenka das Leben schwer. Gemeinsam versuchen Warenka und Katharina sich gegen die Kaiserin und den Großfürsten Peter zu behaupten. 
„Der Winterpalast“ zeichnet sich besonders durch die Erzählperspektive aus. Anstatt Katharina (die später bekannt wurde als Katharina die Große) ihre Geschichte erzählen zu lassen, erfährt der Leser alles durch den Blick der Spionin und Dienerin der Kaiserin Warenka. Was Warenka nicht weiß, kann der Leser auch nicht wissen, wodurch einem so manche Überraschung und auch Enttäuschung bevorsteht, denn nicht jeder Mensch ist, wie er auf den ersten Blick scheint. Und Warenka wird im Laufe der Zeit immer nachlässiger und unvorsichtiger. Dies wirft ihr auch der Kanzler vor, doch da hört sie schon lange nicht mehr auf ihren früheren Mentor. Sie glaubt sich unverletzlich als Vertraute der Großfürstin und hält sich für geschickt genug, die Kaiserin auszutricksen. Damit bringt sie sich zwar einerseits in große Gefahr, erhöht jedoch auch die Spannung für den Leser, der immer mehr hinterfragen muss, was die Spionin über die Vorgänge im Winterpalast erzählt. Was stimmt und wo hat sie sich täuschen lassen? Wie ehrlich ist Katharina wirklich, wie rücksichtslos und kalt die Kaiserin Elisabeth? Gleichzeitig erfährt der Leser viel über das Leben der verschiedenen Gesellschaftsschichten im Russland des 18. Jahrhunderts, denn Warenka hält sich bei den Dienstboten genauso auf wie bei den Soldaten und der kaiserlichen Familie selbst. 
Eva Stachniak ist ein großartiger historischer Roman gelungen, der nicht nur die ersten Jahre von Katharina der Großen am russischen Hof beschreibt, sondern auch den zahlreichen Nebenpersonen eine überzeugende Stimme verleiht, ohne die Katharina vermutlich nie die geworden wäre, als die sie später in Erinnerung blieb. 

Freitag, 24. Januar 2014

Sabine Appel "Heinrich VIII. Der König und sein Gewissen"


Das Leben von Heinrich VIII., König von England im 16. Jahrhundert, war schon die Grundlage für zahlreiche Filme und Serien. Auch Shakespeare nahm sein Leben als Grundlage für ein Stück, das weit über die Grenzen Englands Bekanntheit erreichte. Verglichen mit diesen fiktionalen Produkten ist Sabine Appels Biographie von König Henry zwar relativ nüchtern, dafür umso informativer und detaillierter. Das Buch beginnt mit einem kurzen Überblick über die Geschichte des Hauses Tudor und die Autorin nimmt sich viel Zeit, Heinrich VII., seinen Vater, zu beschreiben, seine Politik, seine Intention und sein Wunsch, die Macht mit allen Mitteln in der Familie zu halten. Dies legt eine wichtige Grundlage für das Verständnis des späteren Handelns von Heinrich VIII. Während sein Vater Geld anhäufte und ihm so das reichste Königreich England aller Zeiten hinterließ, lebte Heinrich VIII. ausschweifend mit großem Hofstaat, ein Fest jagte das nächste, es gab Turniere, Maskenbälle, Bankette - all das, was man von einem spätmittelalterlichen Königshof erwartet. 
Auch Heinrichs Zeitgenossen, die ihn berieten und mit denen er zusammenarbeitete, beschreibt Appel sehr genau, denn ihr Einfluss auf den Regenten war oft entscheidend und mehr als einer versuchte ihn für seine persönlichen Zwecke zu manipulieren. Bekannt geworden ist Heinrich VIII. vor allem anderen, weil er sich von der katholischen Kirche in Rom lossagte, um sich von seiner ersten Frau Katharina von Aragon scheiden lassen zu können. Insgesamt hatte er in seinem Leben sechs Ehefrauen, von denen zwei auf dem Schafott endeten. Die Autorin erklärt, mit welchen persönlichen Konflikten der König sich auseinandersetzen musste und wie groß sein Selbstbetrug und seine Selbsttäuschung gewesen sein müssen, um mit seinem eigenen Leben umgehen zu können. Der Wunsch nach einem männlichen Thronerben wurde bei ihm fast zur Manie, so dass er keine Rücksicht mehr auf die Gefühle seiner Frauen nahm, wenn diese ihm nicht geben konnten, was er wollte. Gerne ließ er sich in solchen Fällen von seinen Beratern manipulieren und davon überzeugen, dass seine Frau Ehebruch und damit Hochverrat begangen habe. Die Schaffung seiner neuen Kirche und die Reformation des gesamten Kirch- und Klosterwesens standen im Mittelpunkt seines Lebens und entzweiten ihn unter anderem mit seiner ersten Tochter die Mary, die ihre gesamtes Leben lang wie ihre Mutter Katharina von Aragon glühende Anhängerin des Katholizismus war. 
Sabine Appels Biographie bietet einen anderen Blickwinkel auf den innerlich zerrissenen und nach außen zerstörerisch wirkenden Herrscher. Man bekommt ein Gefühl für diesen Mann, der es gewohnt war, immer alles zu bekommen und immer alles möglich machen zu können, und wenn er dafür seine eigenen Kirche gründen musste. Wer etwas über den wirklichen Heinrich VIII. jenseits von Hollywood und Shakespeare wissen will, sollte dringend dieses Buch lesen. 

Sonntag, 19. Januar 2014

Susanne Goga "Leo Berlin"


Wir befinden uns in Berlin 1922, Leo Wechsler ist Kriminalkommissar und lebt mit seinen zwei Kindern und seiner Schwester in Berlin. Seine Frau ist vor einiger Zeit verstorben und seine Schwester hilft ihm im Haushalt und mit den Kindern. Als ein Wunderheiler erschlagen in seiner Wohnung gefunden wird und eine Prostituierte mit ihrem eigenen Schal erdrosselt wird, hat er mehr Arbeit als ihm Lieb ist und muss seine Familie mit ihren Problemen sich selbst überlassen und sich in die Ermittlungen stürzen. Er ist der einzige der fest daran glaubt, dass die beiden Fälle eine Verbindung haben. Doch wo die liegen könnte, kann er nicht wirklich erklären. Da hilft es nur, immer tiefer zu bohren bei den Zeugen und viel Staub aufzuwühlen.
 Auf den ersten Blick scheinen die Romane von Susanne Goga und Volker Kutscher sich ähnlich zu sein. Ein Ermittler im Berlin der 20er und 30er Jahre, der sich mit vollem Einsatz durch seine Fälle gräbt. Doch schnell zeigt sich, dass man den Geschichten nicht gerecht wird, wenn man sie eine Schublade steckt. Leo Wechsler ist ein gänzlich anderer Charakter als Gereon Rath, er ist eigentlich ein Familienmensch, hat viel Verantwortung und kann nicht als einsamer Wolf durch die Gegend ziehen. Dadurch ist seine Ermittlung auch eine ganz andere. Er verlässt sich auf Kollegen, arbeitet mit seinem Team und ist dementsprechend persönlich getroffen, wenn Mitarbeiter ihm Informationen vorenthalten. Auch zeitgeschichtliche Elemente spielen eine wichtige Rolle, die fortschreitende Inflation und die damit zusammenhängende Lebensmittelknappheit betreffen die Familie Wechsler durch dessen Beamtenstatus zwar nur wenig, in ihrem Umfeld können sie jedoch eine deutliche Verschlechterung der Lebensumstände wahrnehmen. Die Gewalt nimmt zu und ungewollt wird Leo Zeuge, wie ein Nachbar seine Frau erschlägt und das Kind alleine zurückbleibt. Leo Wechsler ist sehr viel dichter dran an sozialen Problemen als Gereon Rath, der mit seiner Verlobten feudal essen geht und sich in Unterhaltungslokalen herum treibt. All dies kann er sich auch leisten, weil er finanziell mit der Berliner Unterwelt verbunden ist. Dies wäre bei Leo Wechsler und seiner klaren Vorstellung von Gut und Böse gar nicht vorstellbar. 
Die Hauptfigur von Susanne Goga ist vielschichtig, glaubwürdig gestaltet und kann die Handlung der Geschichte problemlos tragen. Obwohl in private Probleme quälen, ermittelt er gewissenhaft und steckt viel Energie in die Arbeit. Die Handlung ist absolut spannend. Durch eingeschobene Passagen, in denen der Täter einen an seinen Gedanken teilhaben lässt, ohne dass der Leser weiß, wer er ist, erhöhen dies noch und bringen einen zum Grübeln, welcher der Charaktere diese schon als psychotisch zu bezeichnenden Gedanken hegt. 
Mit „Leo Berlin“ ist Susanne Goga ein spannender und logisch konstruierter Krimi gelungen, der einem gleichzeitig zeitgeschichtlich hochinteressante Einblicke bietet. Ein absolutes Muss für historisch interessierte Krimifans. 

Mittwoch, 15. Januar 2014

Wolfgang Schorlau "Am zwölften Tag"

Dieser Fall geht Ermittler Georg Dengler so nah wie noch kein Fall zuvor. Sein eigener Sohn ist verschwunden. Er hatte erzählt, dass er mit seinen Freunden nach Barcelona will, in Wahrheit hat er sich aber mit ihnen auf den Weg gemacht, um in einem Massentierhaltungsbetrieb zu filmen, um auf das Leid der Tiere aufmerksam zu machen. Doch sie werden von einer Rockerbande erwischt, die auf dem verschuldeten Hof ihren Geschäften nachgeht, während der Besitzer im Urlaub ist. Dengler muss sich beeilen, seinen Sohn und dessen Freunde zu finden, denn die Kreise in die sie geraten sind, verstehen keinen Spaß. 
Wolfgang Schorlau hat für diesen Krimi wieder intensiv recherchiert und was er - verknüpft mit der Story - als Ergebnis präsentiert, lässt einem wirklich übel werden: Osteuropäer, die in Fleischfabriken zu Dumpinglöhnen arbeiten; Macht- und Geldgierige Fleischverarbeiter, die sich über die Dummheit der Menschen lustig machen, die ihre Produkte essen;  gequälte, überzüchtete und mit Medikamenten vollgepumpte Tiere, die wir als Nahrungsmittel zu uns nehmen. Den Besitzer eines Fleischimperiums lässt Schorlau an einer Stelle sagen „Niemand aus unserem Gewerbe ist Pute.“. Und nach der Lektüre dieses großartigen Krimis möchte man gar kein Fleisch mehr essen. Zu grausam und diskriminierend sind die Begleitumstände, die dazu führen, dass das Huhn im Supermark schon für ein oder zwei Euro zu bekommen ist. Diese Informationen sind verknüpft mit einer spannenden Krimihandlung, so dass man als Leser zwischen Grusel und Spannung ständig hin und her gerissen ist. 
Mit „Am zwölften Tag“ trifft Wolfgang Schorlau wirklich einen Nerv und bringt einen dazu, sich weit über das Buch hinaus mit der Problematik zu beschäftigen, die keinesfalls fiktiv ist, sondern lediglich den Rahmen für die Story bildet. Wieder einmal hebt Schorlau sich von den gängigen Kriminalromanen ab und liefert ein großartiges Buch ab.

Donnerstag, 9. Januar 2014

Volker Kutscher "Die Akte Vaterland"

Gereon Rath ermittelt wieder, und dieses Mal nicht nur in Berlin sondern auch in Ostpreußen. Die Polizei findet eine Leiche, die auf außergewöhnliche Art und Weise gestorben ist. Im „Haus Vaterland“, dem Vergnügungstempel am Potsdamer Platz in den 30er Jahren, wurde der Mann im Fahrstuhl zunächst mit einem seltenen Gift betäubt und dann ertränkt. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich hier um einen Serientäter handelt. Gereon Rath und seine Kollegen vermuten die Hintergründe im Alkoholschmuggel und der Kommissar reist nach Ostpreußen, um im Umfeld der Firma „Mathée Luisenbrand“ und des Chefs Wengler zu ermitteln. 
Der neuste Krimi von Volker Kutscher ist spannend und mitreißend wie schon die Vorgänger. Endlich spielt auch Charly Ritter eine größere Rolle, da sie ihre Ausbildung abgeschlossen hat und als Kommissaranwärterin in der Burg am Alexanderplatz arbeitet. Eigentlich ist sie der Inspektion G zugeteilt, wo alle Frauen arbeiten, doch für den aktuellen Fall wird sie an die Mordinspektion ausgeliehen. Wieder einmal kommt es zu Reibereien mit Gereons lockerer Art und seiner Unzuverlässigkeit. All dies geschieht vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen Anfang der 30er Jahre, die vor der Polizei nicht Halt machen. Die mörderischen Kämpfe zwischen Sozialisten und SS-Truppen verstärken sich und auch die Führungsebene des Polizeipräsidiums wird geradezu weggeputscht. All dies beeinflusst die Arbeit von Gereon und Charly jedoch noch wenig, da ihr Fall wenig politischen Bezüge hat. Ein großes Thema ist auch die Teilung Deutschlands durch die Entstehung des Staates Polen und die Abgrenzung Ostpreußens vom Deutschen Reich. Die ausgeprägte Antipolnische Stimmung und das überall präsente nationale Gedankengut schockieren Gereon Rath und behindern gleichzeitig seine Ermittlungen, da es in dem kleinen ostpreußischen Dorf keiner wagt, gegen Mitglieder von SS oder NSDAP auszusagen.
 Volker Kutscher zeichnet in seinem Roman ein graues und bedrückendes Bild von den politischen Verhältnissen, die den Hintergrund bilden für Gereon Raths Mordermittlungen bilden. Das gesamte Buch ist so spannend aufgebaut und hervorragend recherchiert, das man es unmöglich aus der Hand legen kann. Ein absolutes Muss für Krimifans. 

Montag, 6. Januar 2014

Beate Maly "Der Fluch des Sündenbuchs"


Lissabon 1618: Jana und ihr Geliebter Conrad haben schon eine Flucht durch ganz Europa hinter sich, um die Schatzkarte zu schütze, die Jana von ihrem Vater bekommen hat. Sie soll den Weg nach El Dorado zeigen, zu dem größten Goldschatz der Welt. Doch auch die katholische Kirche will die Karte unbedingt haben und verfolgt die beiden von Lissabon auch weiter bis nach Südamerika in den tiefsten Dschungel. Als Janas und Conrads Schiff von Piraten überfallen wird, werden sie auseinander gerissen und müssen sich alleine durchschlagen. Zeitgleich bricht von London aus ein weiterer Schatzjäger auf, jedoch unfreiwillig. Von seinem Schwiegervater auf dessen Sterbebett erpresst, muss er sich auf den Weg machen, als letzte Chance sein Leben in den Griff zu kriegen. Seit Jahren ist er abhängig vom Alkohol und stürzt seine Frau und Kinder immer weiter ins Unglück. Auch er und sein Begleiter geraten in große Gefahr, als bekannt wird, dass eine  zweite Schatzkarte existiert.
 „Der Fluch des Sündenbuchs“ ist zwar eine Fortsetzung des Romans „Das Sündenbuch“, ich kannte den ersten Teil jedoch nicht und das hat beim Lesen nicht gestört. Die Geschichte ist eigenständig und sehr gut erzählt. Die Charaktere sind sehr detailliert beschrieben und nehmen einen schnell mit in die Geschichte, so dass keine langatmigen Stellen entstehen, an denen das Geschehen des ersten Buches noch einmal erläutert werden muss. Die Handlung ist an sich schon sehr spannend und das wird dadurch verstärkt, dass man als Leser den verschiedenen Reisegruppen folgt, die sich immer zu verpassen scheinen. Jana und Conrad finden nur schwer wieder zusammen, so dass Conrad mehrfach kurz davor ist, die Reise abzubrechen. So lässt sich das Buch sehr schnell lesen, es ist unkomplizierte Unterhaltung, die einen auf leichte Art in eine anderen Epoche mitnimmt.
 Für alle Fans von historischen Romanen in der Art von Iny Lorenz ist „Der Fluch des Sündenbuchs“ von Beate Maly sehr zu empfehlen. 

Donnerstag, 2. Januar 2014

Frohes neues Jahr

Ein frohes neues Lesejahr 2014 an alle Leseratten. Das Jahr 2013 ist zu Ende und damit auch das Seitenzählen für das vergangene Jahr. Auch wenn ich um einiges von meinem ursprünglichen Ziel von 30 000 Seiten entfernt geblieben bin, kann ich zufrieden sein. Trotz Umzug in die Hauptstadt und neuem Job bin ich immerhin auf 21 154 gelesene Seiten in 2013 gekommen. Mein Ziel in diesem Jahr die 30 000 Seiten zu knacken, bleibt natürlich bestehen! 

Ein wirkliches Lieblingsbuch 2013 hatte ich nicht, aber ich habe mit großer Begeisterung die Krimireihe von Wolfgang Schorlau gelesen, die ich jedem nur ans Herz legen kann. Die Bücher sind sehr aktuell, gut recherchiert und spannend geschrieben. Gerade ist der neueste Band herausgekommen, der sicher ganz schnell auf meinem Lesestapel landet. 


Damit wünsche ich allen Lesern ein schönes Jahr 2014 voller spannender, unterhaltsamer und kurzweiliger Bücher. 

Nigel Barley "Traumatische Tropen. Notizen aus meiner Lehmhütte"


Wenn man als Ethnologe praktische Erfahrung sammeln will, muss man raus in die Wildnis und Feldforschung betreiben. Also macht sich Ethnologe Nigel Barley auf den Weg nach Kamerun um das kleine Völkchen der Dowayos zu erforschen. Doch statt danach einen trockenen Bericht über seine Erkenntnisse zu liefern, schreibt er ein witziges und ehrliches Buch über seine Erfahrungen. Diese beginnen damit, dass die Bürokratie in Kamerun gemeinsam mit dem Bankensystem alles zu tun scheint, um ihn am Erfolg seiner Reise zu hindern. Und auch die Dowayos haben nicht die letzten Jahrhunderte sehnsüchtig auf einen Ethnologen gewartet, der ihre Sprache nur mühsam lernt und versucht, ihre Rituale zu verstehen. Wobei die Grenze zwischen wirklichen Ritualen und den Versuchen, den bemühten Feldforscher in die irre zu führen, sich stark zu verwischen scheinen.
 Nigel Barleys „Traumatische Tropen“ sind an manchen Stellen so witzig, dass einem fast die Tränen kommen und an anderen so ernst und einsam, dass einem an der Authentizität des Berichts kein Zweifel bleiben kann. Er berichtet von seinen Erfolgen und seinen Niederlagen und gibt sich so manchmal selbst der Lächerlichkeit preis. Und wenn er nicht weiter weiß, schaltet er in seinen „Feldforschermodus“ und verharrt stundenlang still und wartet was passiert. Selbst aktiv etwas tun kann er nämlich in den meisten Fällen nicht, da er abhängig ist von den Gebräuchen seines kleinen Stammes.  
Entstanden ist dadurch ein unglaublich kurzweiliges und gleichzeitig informatives Werk, dass die Ethnologie und ihre Ernsthaftigkeit hinterfragt und bloßstellt. Ein absolut empfehlenswertes Buch.