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Mittwoch, 3. Februar 2016

Gertraud Klemm "Muttergehäuse"


Muttergehäuse


Gertraud Klemms Roman „Muttergehäuse“ zeigt auf eindrucksvolle Weise, was es in einer Frau auslösen kann, wenn sie keine eigenen Kinder bekommen kann und wie ihr die Gesellschaft dabei begegnet. Mit einer kraftvollen und bildhaften Sprache beschreibt die Autorin die Gefühlslage ihrer Protagonistin, die zunächst von Freunde und Glück über die Entscheidung, mit ihrem Mann ein eigenes Kind zu wollen geprägt ist, dann aber schnell umschlägt in Frustration, Wut und Verzweiflung. Sie müssen lernen, dass nicht jeder einfach ein Kind bekommt, sondern es für sie ein harter Weg wird, von Arzt zu Arzt, von Beratung zu Beratung. „Die Kinderwunschindustrie eröffnet sich einem erst, wenn Defizite im Raum stehen. Sie ist allerdings eine verschwiegene, heimlich Industrie, nicht so eine hoffnungsvolle, sich überall anbietende und aufdrängende wie die Gebär- und Babyindustrie.“
Dabei beginnt ihr Verhältnis einen Sprung zu bekommen, Schuldzuweisungen stehen im Raum, die Wut gegen sich selbst richtet die Protagonistin gegen ihren Partner. Diese Situationen sind sehr bewegend beschrieben, danach folgt der Weg über die Adoption zu einem Kind, doch die Probleme werden scheinbar nicht weniger, nur anders.
Beeindruckend ist vor allem die Bildhaftigkeit der Sprache, dies beginnt schon mit dem Titel. „Muttergehäuse“ hatte mich zunächst an etwas technisches denken lassen, ist in der Gesamtheit mit dem Cover aber auch ein Schneckenhaus, eine fragile Hülle, die gefüllt werden soll, wie die Protagonistin ihren Körper mit einem Baby zu füllen wünscht. Die „Akten wachsen wie ein Tumor“, der „Embryo wird in Papier gepackt“ durch die ganzen Dokumente der Adoption, dies sind nur zwei Beispiele für die wunderbare und aufrüttelnde Sprache von Gertraud Klemm.
Eingeschoben sind immer wieder Traumsequenzen, in denen die Protagonistin mit ihren Ängsten konfrontiert wird, die Angst nicht schwanger zu werden, das ungeborene Baby zu verlieren, nicht gut genug aufzupassen, das Kind bei einem Unfall zu verlieren. Mit all diesen Dingen konfrontiert sie sich tags wie nachts und hat so kaum noch eine Möglichkeit, dem Thema auszuweichen. Zur eigenen Angst kommt die ständige Bewertung durch das eigene Umfeld und die Gesellschaft hinzu, die ihr das Leben nicht erleichtert.
„Muttergehäuse“ ist ein sehr bewegendes Buch, wahrscheinlich ein Frauenbuch, das auch ein Mann einmal lesen sollte. Es zeigt viel über die Emotionen und die Psyche während des ganzen Prozesses, ohne Klischees zu verwenden und einen Schutzwall zum Leser zu ziehen. Gertraud Klemm ist ein bedrückendes und bewegendes Buch gelungen, das einfach nur außergewöhnlich ist in seiner Art.

Die wunderschön gemachte Ausgabe ist erschienen im Verlag Kremayr & Scheriau

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