Delphine ist
völlig überrollt vom Erfolg ihres vorhergehenden Romans, als L. in ihr Leben
tritt. Sie leidet unter einer Schreibblockade und schafft es einfach nicht, ihr
neues Buch zu beginnen, sie ist unsicher, zerrissen und müde. In dieser
Situation schleicht L. sich in ihr Leben und scheint es regelrecht zu
übernehmen. Sie beeinflusst Delphine und gibt vor, sie auf die richtige Bahn
bringen zu wollen, während Delphine unter ihrem Einfluss immer kleiner zu
werden scheint. Doch was will L. eigentlich von Delphine? Will sie ihre
Freundin sein, ihr helfen oder einfach sie sein, die Person Delphine, die so
erfolgreich ist?
Delphine die
Vigan nimmt den Leser in „Nach einer wahren Geschichte“ mit in eine Welt, in
der sich Fiktion und Realität überschneiden und sich gegenseitig aufzulösen
scheinen. Ist die Erzählerin in dem Roman, Delphine, wirklich Delphine de Vigan,
die Autorin? Ist die Geschichte wahr, gab es im Leben der Autorin diese L., die
ihr Leben geradezu manipuliert hat? Wir wissen es als Leser nicht und müssen es
auch nicht wissen, um uns von dieser psychologisch so fein ausgearbeiteten
Geschichte völlig fesseln zu lassen. So subtil geht L. vor, dass ihre
Freundschaft zu Delphine zunächst eine Hilfe für sie zu sein scheint. Doch L.s
radikale Vorstellung von einer Literatur, die nur die Realität beschreiben
dürfe, treibt die Erzählerin Delphine immer mehr in die Ecke und in ihre totale
Isolation. Am Ende scheint L. der letzte Anker zum wahren Leben zu sein,
während sie gleichzeitig Delphines Verbindung zu eben diesem Leben kappt.
Delphine de
Vigan beschreibt die Beziehung der beiden Frauen auf eine sehr ruhige und
unaufgeregte Weise, dennoch entwickelt sich vor den Augen des Lesers ein
regelrechter Psychothriller, den man nicht mehr aus der Hand legen kann. Die
Abhängigkeit zwischen zwei Menschen beschreibt die Autorin so realistisch und
L.s scheinbar zufälliges Handeln so glaubwürdig und nachvollziehbar, dass man
als Leser ganz dicht dran ist an den Figuren und immer wieder das Bedürfnis
empfindet, selbst einzugreifen und Delphine zu warnen. Delphines Gefühle
erreichen uns völlig dabei anscheinend ungefiltert und sind daher umso
eindringlicher beim Lesen.
Was an „Nach
einer wahren Geschichte“ letztendlich Fiktion und was Realität ist, ist völlig
egal. Delphine di Vigan spielt so großartig mit Erwartungen ihrer Leser, dass
man von der ersten Seite gefesselt ist und wie Delphine von L. von der Geschichte
völlig gefangen ist. Delphine de Vigan ist ein außergewöhnliches Buch gelungen,
das einen als Leser auf beeindruckende Weise mitnimmt und auch nach der letzten
Seite lange nicht mehr loslässt.
"Nach einer wahren Geschichte" von Delphine de Vigan ist erschienen im DUMONT Verlag, hier geht es zu weitere Informationen zu dem Buch.
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