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Freitag, 21. September 2018

Olivier Guez "Das Verschwinden des Josef Mengele"


Nach Ende des Zweiten Weltkriegs muss Josef Mengele nach Südamerika fliehen. Als Kriegsverbrecher gesucht, taucht er dort in einer Gemeinschaft aus Alt-Nazis unter, die sich unter dem Schutz von Péron in Argentinien ein angenehmes Leben machen. Doch mit den Jahren nimmt der Druck immer weiter zu, die Gemeinschaft löst sich auf und Mengele fühlt sich immer verfolgter, auch Scheinexistenzen und die Unterstützung seiner Familie aus Deutschland sind kaum noch eine Hilfe. Doch bis zum Schluss zeigt er sich uneinsichtig und sieht sein Handeln als großen Vaterlandsdienst an.
„Das Verschwinden des Josef Mengele“ ist ein unglaublich spannendes, frustrierendes und gleichzeitig wichtiges Buch. Es zeigt sehr deutlich, wenn auch in fiktionaler Form, dass es in den 40er und 50er Jahren kaum Bemühungen gab, die Nazi-Verbrecher zu fassen, viele wurden sogar direkt wieder in das politische System integriert. Gleichzeitig gibt der Autor Olivier Guez einen Einblick in das mögliche Denken des Kriegsverbrechers Mengele, der zahlreiche grausame Experimente an lebenden Menschen durchführte, nur um sie am Ende direkt umzubringen. Es bedarf schon einer unglaublichen Kaltblütigkeit, um dieses Handeln auch Jahrzehnte später noch immer vor sich selbst als wichtig und nötig zu rechtfertigen. An vielen Stellen lässt einem die Geschichte eine Gänsehaut über den Rücken laufen angesichts des Grauens, oft hat mich das Buch aber auch wütend und frustriert zurückgelassen. Wie leicht wurde es den Mördern gemacht, in Südamerika unterzutauchen, wie wenig wurde getan, um sie einer gerechten Strafe zuzuführen. Auch über 70 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz müssen wir darüber diskutieren, warum ein Josef Mengele so lange untertauchen konnte, warum so wenig getan wurde, um ihn und viele andere zu finden.
Dieses so schwierige Thema hat Olivier Guez dennoch auf schon fast leichte Art umgesetzt, seine Sprache ist wunderbar flüssig, auch wenn der Roman stilistisch fast wie ein Sachbuch daherkommt. Doch kleine Elemente genügen, um einen immer wieder von der sachlichen auf die emotionale Ebene zu bringen, so nennt er bei der Einführung neuer Personen häufig eine Zahl von ihnen ermordeter Personen direkt in Klammern hinter dem Namen. Eigentlich eine Kleinigkeit, doch die Zahlen sind in ihrer Nüchternheit so beklemmend, dass man erst einmal durchatmen muss, um weiterlesen zu können.
Bei der Lektüre von „Das Verschwinden des Josef Mengele“ schwankte ich ununterbrochen zwischen Neugier und Grauen, war gefangen zwischen Spannung und Abscheu und konnte das Buch nur schwer aus der Hand legen. Ein großartiges Buch, dessen Thema in der heutigen Zeit absolut relevant ist und unbedingt gelesen werden sollte.

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