Viele Menschen begegnen einem in diesem wunderbaren Buch. Martin, der in einem Seniorenheim in Florida arbeitet; John, der im Zweiten Weltkrieg für die Amerikaner kämpft und seine junge Frau Harriet zurücklässt; Amelia, die blind ist und versucht, ihr Leben in New York zu leben und noch viele andere. Jeder ist miteinander verbunden, ohne es zu wissen. Martin wurde als Baby in den wirren des Zweiten Weltkriegs adoptiert und weiß nichts von seiner Verbindung zu all diesen Menschen, doch sie ist unweigerlich da und lässt sich nicht leugnen.
Was Simon van Booy in „Die Illusion des Getrenntseins“ beschreibt, ist auf wunderbare und poetische Art das, was wir heute alle kennen wenn wir in sozialen Netzwerken unterwegs sind und uns wildfremde Leute als Freunde vorgeschlagen werden, weil ein Freund von einem Freund diese Person kennt. So sind wir alle im Internet irgendwie verbunden, doch auf eine sehr oberflächlich profane Weise. Die Verbindung von Amelia und Martin, von Hugo, John und Danny geht sehr viel tiefer, denn sie erklärt ihr Leben, ihre Einstellung und ihre Erwartungen. Das Wissen oder auch gerade das Nichtwissen der Vergangenheit prägt die Menschen. Doch Simon van Booy zeigt seinen Lesern, dass niemand ohne Vergangenheit ist und egal was passiert, etwas von uns in anderen weiterleben wird. Selbst wenn man glaubt, keine Verbindung zu haben, ist dies eine Illusion, ein Trugbild der Gesellschaft. Die Figuren in van Booys Roman kennen sich nicht, sind sich nicht begegnet, höchstens flüchtig. Und ohne zu wissen warum, wirken diese flüchtigen Begegnungen nach, entwickeln die Menschen weiter. Dass wir unabhängig von anderen Leben, eben dieses Getrenntsein, ist die Illusion die Simon van Booy seinen Lesern aufzeigt. Dies tut er in wunderbar anrührenden stillen Geschichten mit liebenswerten, verunsicherten Charakteren an den Wendepunkten ihrer Lebensgeschichte.
Mit „Die Illusion des Getrenntseins“ ist Simon van Booy ein wirklich außergewöhnliches Buch gelungen.
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