Donnerstag, 22. Mai 2014

Kathryn Stockett "Gute Geister"


Aibileen und Minny sind Hausmädchen und leben genauso wie die junge wohlhabende Skeeter in Jackson, Mississippi in den 60er Jahren. Doch während Aibileen und Minny wie alle schwarzen Angestellten für einen Hungerlohn rund um die Uhr arbeiten müssen, kann Skeeter es sich als weißes Mitglied der Oberschicht bei Bridgerunden und Teekränzchen gut gehen lassen. Doch Skeeter scheint die einzige in der weißen Gesellschaft von Jackson zu sein, die der Ungerechtigkeit ein Ende machen will. Und so beginnt sie, ein Buch über und mit den Hausmädchen zu schreiben. Während immer wieder schwarze willkürlich umgebracht werden, haben zahlreiche der Hausmädchen den Mut, Skeeter ihre Lebensgeschichte zu erzählen, die positiven und die negativen Erfahrungen. All dies fasst Skeeter mit veränderten Namen und in einem erfundenen Ort in einem Buch zusammen. Alle beteiligten haben viel zu verlieren, falls ihre Identität auffliegen sollte, doch sie gehen das Risiko ein und erzählen ihre Geschichten. 
„Gute Geister“ ist ein faszinierendes und bewegendes Buch. Die Geschichten der Mädchen sind keinesfalls ausschließlich negativ, viele erinnern sich mit viel Liebe an Kinder, die sie aufgezogen haben, gute Menschen, die ihnen geholfen haben. Doch die Willkür die sie immer wieder erfahren, trifft einen beim Lesen und auch wenn Skeeter etwas ändern will, wird schnell klar, dass sie als einzelne nicht viele Möglichkeiten hat. Sie verliert ihre Freunde und jeden Rückhalt in der Gesellschaft und wird immer isolierter. Doch auch wenn sie zu Aibileen eine enge Beziehung aufbaut, kann diese Freundschaft nicht funktionieren angesichts der gesellschaftlichen Gegebenheiten. So wird Skeeter eine einsame und fast tragische Figur, die sich der Situation nur noch durch Flucht entziehen kann. Trotz dieser traurigen Handlung überwiegen die positiven Elemente, der Stolz der Frauen auf das erreichte und den eigenen Mut ist bewegend. Kathryn Stockett ist es großartig gelungen, eine schwierige Epoche der Geschichte Mississippis in eine realitätsnahe und berührende Geschichte zu fassen und den Leser dabei noch zu unterhalten, ohne immer den erhobenen Zeigefinger zu schwingen und sich in Schuldzuweisungen zu ergehen. 
Dieser Roman ist wirklich uneingeschränkt zu empfehlen, die Verfilmung mit Emma Stone ist inzwischen auch unter dem Titel „The Help“ auf DVD erschienen. 

Mittwoch, 21. Mai 2014

Nicolas Barreau "Eines Abends in Paris"


Alain betreibt ein kleines Programmkino im Pariser Stadtteil Saint Germain und hat dafür eine erfolgreiche Karriere nach seinem Wirtschaftsstudium aufgegeben. Doch Filme sind sein Leben und das Programm des Kinos gestaltet er ganz nach seinen Interessen. Jeden Mittwoch Abend zeigt er einen alten Liebesfilm und oft kommen jeden Mittwoch Abend die gleichen Besucher. Unter anderem die mysteriöse Frau im roten Mantel, die jedes Mal in Reihe 17 sitzt und danach wieder geht. Als Alain sich endlich traut die Frau anzusprechen, verbringen sie einen wunderschönen Abend gemeinsam, doch danach verschwindet sie einfach aus seinem Leben. Er hat keine Telefonnummer und keine Möglichkeit sie zu kontaktieren- sie scheint sich einfach in Luft aufgelöst zu haben. Zeitgleich fallen der berühmte amerikanische Regisseur Allan Wood und die weltberühmte französische Schauspielerin Solène Avril in sein Leben ein und wollen in seinem kleinen Kino einen großen Film drehen. Ob das Verschwinden der einen Person mit dem Auftauchen der anderen Personen zusammenhängt?
Man hätte Nicolas Barreaus Roman „Eines Abends in Paris“ keinen passenderen Titel geben können, denn die Geschichte beginnt mit diesem einen bedeutenden Abend im Leben von Alain, an dem er mit seiner Traumfrau ausgeht. Doch der Autor schreibt hier keineswegs eine kitschige Liebesgeschichte mit dramatischem Drumherum, wie das Auftauchen des Hollywoodpersonals vermuten lässt. Der Roman ist getragen von der Stimmung, von der Romantik, die Alains verzweifelte Suche nach seiner Liebe ausstrahlt. Dennoch bleibt die Geschichte regelrecht ruhig und undramatisch und zieht einen unweigerlich immer weiter hinein in das Seelenleben von Alain. Man kann nicht aufhören weiterzulesen, weiter nach Spuren zu suchen, die erklären, wohin es die Frau im roten Mantel vertrieben haben könnte und warum. Allan Wood ist ihm dabei ein väterlicher und dennoch selbst verzweifelter Ratgeber, der ihn ungewollt auf eine falsche Fährte schickt.
 Diese Roman ist wirklich etwas Besonders, mit Liebe geschrieben erzählt er von der großen Liebe, die man nie wieder loslassen möchte. Und Nicolas Barreau zeigt, dass nicht Kitsch und flache Charaktere das sind, was einen Liebesroman ausmacht, sondern diese besondere Stimmung, die man nur selten in einem Buch findet. 

Freitag, 2. Mai 2014

Kate Morton "Der verborgene Garten"


Nell ist vier, als sie ohne Familie und Bekannte in Australien ankommt. Ein Hafenarbeiter findet sie mit ihrem Koffer und er und seine Frau ziehen sie groß. Erst mit 21 erfährt sie, wie sie bei ihren Adoptiveltern gelandet ist und es bringt ihr ganzes Leben durcheinander. Doch erst spät macht sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. Jahre später nach ihrem Tod erbt ihre Enkelin Cassandra ein Haus in Cornwell und begibt sich auf die Suche, die ihre Großmutter begonnen hat, aber nie zu Ende führen konnte. Sie reist nach England um ihre Familie zu finden und ihrer verstorbenen Großmutter ihre Vergangenheit zurück zu geben. 
Mit diesem Roman ist Kate Morton eine unglaublich einfühlsame und mitreißende Geschichte gelungen. Die teilweise schwierigen Charaktere faszinieren von der ersten Minute an und ein Geheimnis, das über der Vergangenheit schwebt, zieht einen in die Geschichte. Überall lauern versteckte Hinweise, wie es passieren konnte, dass die vierjährige Nell völlig ohne Familie auf einem Schiff nach Australien landet. Doch erst ganz zum Schluss schließt sich der Kreis, ohne dass die Geschichte ihre Glaubwürdigkeit verliert. Natürlich erinnert diese Geschichte ein bisschen an die Romane von Lucinda Riley und ähnlichen Autorinnen, doch Kate Morton gelingt es außergewöhnlich gut, ihre Leser in die Geschichte mitzunehmen und zu fesseln. 
„Der verborgene Garten“ ist ein ausgezeichneter Schmöker für alle, die sich immer ärgern, wenn ein Buch schon nach 300 Seiten vorbei ist, denn Kate Morton liefert über 600 Seiten pure Unterhaltung.