Freitag, 30. Dezember 2011

Karen Grol "betörend!"


Der Band „betörend!“ ist eine Sammlung von Kurzgeschichten von unterschiedlichen Autoren, die sich alle auf unterschiedlichste Art mit dem Thema „Duft“ auseinandersetzen. Jede Geschichte ist sehr individuell und hat einen eigenen Charakter, was mir gut gefallen hat. Das Buch zeigt, wie vielfältig man ein und dasselbe Thema immer wieder aufgreifen und verarbeiten kann. 
Dennoch hatte ich ein Problem mit dem Lesen des Buches, da ich immer nur sehr wenig davon lesen konnte. Mir wurde es trotz der ganz unterschiedlichen Geschichten schnell langweilig immer wieder vom gleichen Thema zu lesen und daher bin ich nur sehr langsam durch das Buch gekommen und musste mich manchmal sehr aufraffen, weiter zu lesen. Ich denke, das ist aber auf meine persönliche Vorliebe bei Büchern zurückzuführen. Ich hatte bisher noch nie einen Geschichtenband, der sich nur mit einem Thema beschäftigt hat und weiß jetzt, dass mir das nicht wirklich liegt. 
Das tut den Geschichten in ihrer einzelnen Art aber keinen Abbruch, es sind sehr schöne dabei und die Autoren haben gute Ideen zum Thema „Duft“ gehabt, die sie großartig umgesetzt haben. 

Montag, 26. Dezember 2011

1,000 Besucher

Nachdem ich heute ja noch einige Rezensionen online stellen konnte, noch ein Nachtrag in eigener Sache. Heute hat es Besucher Nr. 1000 auf meine Seite geschafft, was mich natürlich sehr freut! Ich hoffe, einige Leute haben Freunde an meiner Seite und lesen vielleicht das ein oder andere Buch, dass ihnen sonst nicht über den Weg gelaufen wäre. Und natürlich freue ich mich über Kommentare und Anregungen von den anderen Leseratten und Bücherwürmern. 
Genießt die letzten 25 Minuten Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ich hoffe, mein Bücherregal mit all den noch ungelesenen Büchern dann ein bisschen leeren zu können.

Anne Hertz "Wunschkonzert"


Stella Wundermann ist bei einer kleinen Plattenfirma zuständig für die Künstlerverträge, sie hat eine kleine Wohnung in Hamburg und eine anstrengende Mutter in Bremen. Eigentlich verläuft ihr Leben in geregelten Bahnen, mit den Reeperbahnjungs hofft sie, bald einen großen Coup unter Vertrag nehmen zu können und ihre Karriere weiter voranzutreiben. Doch plötzlich erklärt ihr Chef, dass die Firma an einen Konkurrenten verkauft wird und ihr neuer Vorgesetzter schickt alle Mitarbeiter zwecks Teambuilding in eine Jugendherberge in der Lüneburger Heide. Mit dabei ist auch Martin, ihr größter Konkurrent, der auch noch ärgerlich gut aussieht. Und dabei geht ihr der Sänger der Reeperbahnjungs, Tim Lievers, auch nicht aus dem Kopf....
 Dem Schwesternpaar mit dem Pseudonym Anne Hertz ist mit ihrem neuen Roman „Wunschkonzert“ wieder ein unterhaltsames Buch gelungen. Die Geschichte ist interessant, warmherzig geschrieben und kurzweilig zu lesen. Das liegt vor allem an der Hauptfigur Stella, die einige Kilos an seelischem Ballast mit sich rumschleppt, zum Beispiel die Erinnerung an ihren Vater, der sie mit sechs Jahren verlassen hat, worüber sie nie hinweg gekommen ist. In der Jugendherberge sieht sich plötzlich konfrontiert mit all ihren Macken und Kontrollticks, die ihren Kollegen schon länger auf die Nerven gehen. Und über all dem schwebt ihre ständige Angst, ihren Job zu verlieren. Kein Wunder also, dass Stella zu einer Vielzahl unüberlegter Entscheidungen neigt. Als Leser kann man sich sehr gut in Stella einfühlen und ihr durch die Geschichte folgen, man freut sich mit ihr und man leidet mit ihr. Ein sehr schönes Buch für diese dunklen, nassen Wintertage.

Haruki Murakami "Gefährliche Geliebte"


Hajime und Shimamoto lernen sich in der Grundschule kennen. Bis sie zwölf Jahre alt sind, sind sie beste Freunde, dann zieht Hajime in einen anderen Stadtteil und der Kontakt der beiden reißt ab. Hajime lernt in seinem Leben zahlreiche Frauen kennen, doch nur drei sind wirklich bedeutend: die Sandkastenfreundin Shimamoto, seine erste richtige Freundin Izumi und seine Ehefrau Yukiko. Durch Yukikos Vater kann er eine Bar eröffnen, er hat ein gutes Leben, ein Frau, die liebt, zwei wunderbare Töchter, das Geschäft läuft gut. Doch er kann Shimamoto nicht vergessen und in ihm bleibt immer eine Leere, die er nicht zu füllen weiß. Dann betritt eines Abends plötzlich Shimamoto seine Bar und bringt sein ganzes Leben durcheinander. 
Die ganze Geschichte baut auf dem Charakter von Hajime auf, der trotz allem oberflächlichen Glücks immer hilflos auf der Suche nach etwas anderem wirkt. Er stürzt sich in seine Aufgaben, geht diszipliniert seinem Sport und versucht, etwas in sich zu füllen, was er selbst nicht kennt. Das alles beschreibt Haruki Murakami mit einer einfachen Sprache, die die Komplexität der Charaktere Hajime und auch Shimamoto noch unterstreicht. Der Leser erhält einen Einblick in ihr Leben, wie ein Fenster, dass sich für kurze Zeit öffnet und dann wieder schließt. Ihr Leben scheint weiterzulaufen, auch wenn man das Buch eigentlich beendet hat. Und genauso lässt Shimamoto Hajime nur einen kurzen Augenblick in ihr Leben, einen Moment, der für ihn alles bedeutet und alles was er hat, auf die Probe zu stellen scheint. 
Mit „Gefährliche Geliebte“ ist Haruki Murakami eine großartige Geschichte gelungen, über Menschen, die auf der Suche sind und nie anzukommen scheinen. Und darüber, was wir eigentlich vom Leben wollen, damit es uns ausgefüllt erscheint. Diese Frage muss Hajime für sich beantworten, wenn er nicht in einem Strudel von Gefühlen und Menschen untergehen will. 

Arthur W. Upfield "Der Pfad des Teufels"


Kommissar Bonaparte, genannt Bony, ermittelt rund um das australische Melbourne in den unterschiedlichsten Fällen. Dieses Mal wird er in ein Gästehaus in den Bergen geschickt, um inkongnito einen Mann zu beobachten, der angeblich Kriegsgeheimnisse aus Deutschland schmuggelt. Doch kaum ist Bony da, ist der Mann tot und ihm folgen weitere Leichen. Was hat es mit diesen Morden auf sich? Geht es wirklich um Geheimwissen, das nach dem Zweiten Weltkrieg aus Deutschland weggeschafft werden soll? Und was hat der berühmte Autor, der zwei Häuser weiter wohnt, mit den Morden zu tun? Bony nutzt seine besondere Intuition und Fähigkeiten im Spurenlesen, die er während seiner Zeit im australischen Busch erworben hat, um die Morde aufzuklären. 
Das ganze Konzept erinnert sehr an die Detektivromane von Agatha Christie. Auch bei Arthur W. Upfield gibt es mit mit Bonaparte einen sympathischen, wenn auch eigenwilligen Ermittler, der durch besondere Beobachtungsgabe Fälle löst, bei denen die klassische Polizeiarbeit an ihre Grenzen kommt. Die Geschichten sind relativ kurz und lassen sich gut lesen und bis zum Schluss kann man als Leser rätseln, wer wohl der Täter ist und wie Bony ihn überführt. Ganz erreicht der Autor die Klasse von Agatha Christie nicht, dennoch ist "Der Pfad des Teufels" ein sehr guter Detektivroman, der sich besonders durch den Ort der Ermittlung von anderen unterscheidet. Geschichten, die in England spielen, gibt es viele, in Australien sind sie seltener angesiedelt. 

Rund um den Ermittler Bonaparte gibt es 28 Kriminalromane, so schnell geht der Lesestoff also nicht aus, wenn man die Bücher mag.

Sonntag, 25. Dezember 2011

Frohe Weihnachten

Ich wünsche allen Leseratten und Bücherwürmern frohe Weihnachten und viele Bücher auf dem Gabentisch. In den nächsten Tagen gibt es dann auch die Rezensionen zu Arthur W. Upfield "Der Pfad des Teufels" und zu Haruki Murakami "Gefährliche Geliebte". 

Freitag, 23. Dezember 2011

Camilla Macpherson "Am Tag und in der Nacht"


Claire und Rob haben gerade ihr Kind verloren, als sie von Robs Großmutter die Briefe ihrer Cousine Daisy erben. Daisy beschreibt ihr Leben während des Zweiten Weltkriegs in London, die Angst vor den Bomben und jeden Monat das Gemälde, dass in der National Gallery ausgestellt wird. Claire stürzt sich auf diese Briefe und beschließt, sich jeden Monat das Bild anzusehen, dass Daisy in einem Brief beschreibt. Was ursprünglich gedacht war, um ihrem Mann zu entfliehen, dem sie die Schuld am Tod ihres Sohnes gibt, wird schnell zum Symbol für Hoffnung, denn wenn Daisy sich von ihrem Leben im Krieg nicht unterkriegen lässt, muss es auch für Claire noch Hoffnung geben.
Camilla Macpherson ist mit ihrem Debutroman ein wunderbares Werk über Liebe, Hoffnung und Trauer gelungen. Die Bilder, die Claire Monat für Monat mit den Briefen von Daisy besucht, zeigen das Leben in all seinen Facetten, von der Geburt bis zum Tod, fröhliche und traurige Menschen, Kinder und alte, einsame Leute. Gleichzeitig verdeutlichen die Bilder die Entwicklung die Claire durchmacht, während die Monate vergehen, wie sie sich mit ihrem eigenen Schicksal auseinandersetzt. Immer wieder entdeckt sie parallelen zu Daisys Leben, gleichzeitig bewundert sie deren ungebrochenen Optimismus in einer Zeit, die bedeutend schwerer war als das, was sie alltäglich erlebt. Der Roman strahlt eine unglaubliche Wärme aus und die Liebe der Autorin zu diesen beiden Frauen, die ihr Leben auf so unterschiedliche Weise meistern und auch zu den Männern, die sie in ihrem Leben begleiten.
Ein wunderschönes Buch über zwei Frauen, die sich ähnlicher sind, als Claire am Anfang glauben mag.

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Shari Low "Happy ohne Ende"

Carly ist verheiratet und hat zwei Söhne, Mac und Benny, die sie über alles liebt. Doch eines Tages merkt sie, wie öde sie doch in ihrem Alltagstrott aus Mutter, Ehefrau und Autorin festhängt. Das Angebot ihres Freundes Sam nach Los Angeles zu kommen, um dort ihren ersten Roman als Drehbuch zu vermarkten, kommt ihr da gerade recht und ohne Nachzudenken bucht sie für die ganze Familie einen Flug. Doch ihr Ehemann Mark ist alles andere als begeistert von der Kurzschlusshandlung seiner geliebten Frau und bleibt in England. So muss Carly allein mit ihren Kindern ins große Abenteuer aufbrechen...
Die Geschichte von Carly ist die Fortsetzung von Shari Lows Roman "Torschlusspanik" und beschreibt, wie ihr Leben weitergeht. Der Roman ist wunderbar komisch, unterhaltsam und hält sich nicht mit dem üblichen Kitsch der meisten Frauenromane auf. Carly ist eine durch und durch sympathische Figur, die zwar ziemlich naiv an ihr Leben geht, aber dem Leser damit nicht auf die Nerven fällt. Die ganze Geschichte ist locker zu lesen und macht Spaß. Natürlich dürfen auch hier einige Klischees nicht fehlen, wie der übertrieben freundliche bis aufdringliche Studioboss in Los Angeles und der Freund, der natürlich ein reicher berühmter Schauspieler ist. Doch Carlys Konflikt zwischen dem Wunsch, die perfekte Ehefrau und Mutter zu sein und sich trotzdem selbst verwirklichen zu können ist glaubhaft erzählt und unterscheidet den Roman von vielen anderen der Kategorie "rosaroter Frauenroman".

Sonntag, 18. Dezember 2011

Dietrich Faber "Toter geht's nicht"

 
Henning Bröhmann ist Kommissar, aber nicht aus Leidenschaft oder Überzeugung, sondern weil man das halt so macht im Vogelsberg, wenn der Vater schon Polizeipräsident war. Eigentlich läuft sein Leben ganz bedächtig dahin, zwei Kinder, eine Ehefrau und wenig wirklich kriminelle Fälle bei der Arbeit. Doch dann überschlägt sich in seinem Leben alles, seine Frau lässt ihn mit den Kindern allein, fährt auf unbestimmte Zeit weg und gleichzeitig wird beim örtlichen Faschingsumzug ein Mann erschlagen. Eindeutig zuviel auf einmal für den lethargischen Kommissar, der sich selbst unbeschwert als „Memme“ bezeichnet und dem Leser langatmig erläutert, wo der Unterschied zwischen „memmen“ und „sich selbst bemitleiden“ liegt. 
Leider konzentriert sich der Autor in diesem humorvoll angelegten Regionalkrimi so stark auf die familiären Probleme mit der pubertären Tochter und den anderen Eltern im basisdemokratischen Kindergarten Schlumpfloch, dass der Mord völlig in den Hintergrund gerät. Dieses Verhältnis verschiebt sich im Verlauf der Geschichte noch ein wenig, hat mich aber grundsätzlich enttäuscht. Ich hatte eigentlich einen Krimi mit lustiger Hintergrundgeschichte erwartet, es war aber eher eine etwas anstrengende Familiengeschichte mit Mord im Hintergrund. Erst am Ende des Buches kommt die Ermittlung endlich in Fahrt und es passiert etwas jenseits von Bröhmanns „Ach ich kann nicht und ich weiß doch auch nicht was ich hier tue...“ 
Das Buch ist leicht zu lesen und hat einige unterhaltsame Stellen, so dass ich nicht grundsätzlich davon abraten würde das Buch zu lesen. Eine Krimi sollte man jedoch auf keinen Fall erwarten, wenn man nicht enttäuscht werden will. 

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Hjorth & Rosenfeldt "Der Mann, der kein Mörder war"


Als in Västerås der 16 Jahre alte Roger Eriksson verschwindet, ist die örtliche Polizei schnell überfodert. Erst nach drei Tagen beginnt die Suche nach dem Jungen und als seine Leiche gefunden wird, wird die Reichsmordkommission eingeschaltet. Die Suche nach dem Mörder im Umfeld des Jungen führt die Ermittler und es Psychologen Sebastian Bergmann immer wieder an das Elitegymnasium Palmlövska, auf das auch Roger ging. Doch was haben der perfekte Direktor oder die Lehrerin von Roger wirklich mit dem Mord zu tun? Und warum hat der Junge, nachdem er an seiner alten Schule gemobbt wurde, auch an dieser Schule scheinbar keine Freunde gefunden? Die Suche nach dem Mörder von Roger gestaltet sich schwierig, scheint es über den Schüler doch kaum Informationen zu geben. 
Unterlegt wird die Kriminalgeschichte mit zahlreichen persönlichen Geschichten des Ermittlerteams rund um den Kommissar Torkel. Sebastian Bergmann ist ein alter Bekannter von ihm und als Torkel ihn bittet, bei dem Fall zu helfen, bringt er sein ganzes Team gegen sich auf, denn Sebastian ist alles andere als eine sympathische umgängliche Person. Seit er seine Frau und seine Tochter verloren hat, ist er ständig auf der Suche nach unverbindlichem Sex und macht auch vor in den Fall verwickelten Frauen nicht halt. Er wirkt arrogant, behandelt die anderen Ermittler herablassen und besserwisserisch. Kaum einer hält es mit ihm aus, dennoch kann er den Fall entscheidend vorantreiben. 
Der Krimi lebt von all diesen zwischenmenschlichen Beziehungen, die das schwedische Autorenduo so detailliert darlegt, dass einem die Personen schnell ans Herz wachsen. Je mehr man sie kennt, desto eher versteht man ihre Art, an den Mord heranzugehen und die Ermittlungen zu führen. Das unterscheidet diesen Krimi auch deutlich von den zahlreichen anderen skandinavischen Krimis, die in den letzten Jahren den Buchmarkt geflutet haben, er ist weitaus persönlicher und menschlicher ausgerichtet als es es bei einer reinen Täterjagd möglich wäre. Dadurch ist Hjorth und Rosenfeldt ein sehr gutes Buch gelungen, desssen Tempo zum Ende hin immer weiter steigt, so dass man es bei den letzten 100 Seiten wirklich nicht mehr aus der Hand legen kann. 
Das schwedische Fernsehen verfilmt den Roman in Kooperation mit dem ZDF, man darf also gespannt darauf sein, Torkel, Vanja und Sebastian bald über den Bildschirm flimmern zu sehen. Eine sehr gute Vorlage haben Hjorth und Rosenfeldt auf jeden Fall geliefert!

Montag, 12. Dezember 2011

Laurence Gonzales "Lucy"


Lucy wurde im Dschungel der Demokratischen Republik Kongo geboren und ist fünfzehn, als sie nach Amerika kommt. Ihr Vater ist Forscher und wird während der Unruhen des Bürgerkriegs erschossen, Lucy wird von der Primatenforscherin Jenny gerettet, die ihr Lager zwei Tagesmärsche entfernt aufgeschlagen hat und mit ihr gemeinsam flieht. Sie nimmt das Mädchen mit nach Amerika und will ihre Familie ausfindig machen. Doch schnell muss sie erkennen, dass Lucy kein normales Mädchen ist. Sie ist das Ergebnis eines Experiments ihres Vaters, der beweisen wollte, dass man durch die Kreuzung von Bonobos und Menschen eine neue, bessere Art des Menschen schaffen könnte. 
Der Roman von Laurence Gonzales unterscheidet sich von allem, was ich bisher gelesen habe, er ist wahnsinnig spannend und gleichzeitig irritierend. Es werden grundlegende bioethische Fragen aufgeworfen: Was darf der Mensch überhaupt im Rahmen der Forschung tun? Und wie geht man mit dem Ergebnis um, das nun einmal vorhanden ist, ohne selbst schuld daran zu sein? Über allem schwebt die Suche danach, wozu der Mensch letztendlich fähig ist in seinem Wunsch, die Natur endgültig zu beherrschen und die gleichzeitige Angst davor, wie man mit dem Ergebnis dieser Forschung umgehen soll. Politik und Medien veranstalten eine Hetzjagd auf Lucy, religiöse Eiferer wollen sie tot sehen, Forscher sehen in ihr eine einzigartige Möglichkeit der Erforschung von Primaten. Doch bei allem ist Lucy einfach ein amerikanischer Teenager geworden, der auf den Abschlussball geht und mit ihrer besten Freundin auf Facebook und YouTube aktiv ist. 
 „Lucy“ ist ein faszinierender Roman, der Autor scheut sich nicht, zentrale Fragen des Menschen aufzuwerfen und sich ihnen in der fiktiven Geschichte zu stellen. Was macht einen Menschen eigentlich aus? Seine DNA? Seine Fähigkeit zu sprechen, mit anderen Menschen zu fühlen, aufrecht zu gehen? Eine abschließende Antwort gibt er dem Leser jedoch nicht, jeder muss sich selbst mit Lucy auseinandersetzen. Ein außergewöhnlicher Roman, den man gelesen haben muss!

Sonntag, 11. Dezember 2011

Anne Enright "Anatomie einer Affäre"


Als Gina und Seán sich das erste Mal sehen, ist es auf einer Gartenparty und hat eigentlich keine weiteren Folgen. Es ist keine Liebe auf den ersten Blick und auch keine unglaubliche Anziehung, die die beiden verspüren. Gina ist verheiratet, Séan ebenfalls, zudem hat er eine Tochter, Evie. Doch schon als sie sich das nächste mal auf einer Konferenz treffen, schlafen sie miteinander, und so beginnt ihre Affäre, die Jahre dauert und zwischen Liebe, Schmerz und Leidenschaft schwankt. 
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Gina, die sich an ihre Affäre erinnert und dabei scheinbar wahllos von verschiedenen Stationen ihrer Beziehung berichtet und sich dabei an keine chronologische Ordnung hält. Mal ist sie am Beginn der Geschichte, dann wieder scheint sie in der Gegenwart zu sein. Über allem schwebt immer die Frage danach, was diese Beziehung, diese Affäre der beiden eigentlich ist. Ist es nur Ablenkung? Ist es doch Liebe, wie Gina an einer Stelle sagt? Oder ist es Sex und der Wunsch etwas Neues, Verbotenes zu probieren? 
Anne Enright lässt Gina diese Geschichte manchmal hochemotional und an anderen Stellen wieder so kühl und distanziert erzählen, dass es schwer ist, die Charaktere zu packen und sich ein wirkliches Urteil zu erlauben. Fasziniert beobachtet man sie bei ihrem Tun und fragt sich, was die beiden eigentlich zusammenhält. Denn im Verlauf der Zeit wird immer deutlicher wie ungesund die Beziehung für Gina ist, in was für eine starke Abhängigkeit sie sich von Seán begeben hat und wie diese Abhängigkeit sie gleichzeitig immer einsamer werden lässt. 

Wir verbringen unsere Abende nicht in Restaurants und dinieren auch nicht mehr bei Kerzenlicht, meist essen wir nicht einmal gemeinsam. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe. Dass keine Quittungen abgeheftet werden müssen oder dass es keine schiefen Küchenschränke mehr gibt oder dass Seán beim Betreten eines Zimmers die kleine Wandleuchte anknipst, statt auf den Schalter für das Deckenlicht zu drücken. Seán existiert. Er kommt, er geht.(S. 240) 

"Anatomie einer Affäre“ ist ein großartiger, sehr atmosphärischer Roman über eine Affäre und darüber, wie unterschiedlich Liebe sich den Menschen darstellen kann. 

Donnerstag, 8. Dezember 2011

David Safier "Mieses Karma"


Kim Lange hat alles erreicht, was sie wollte: Sie ist verheiratet, hat eine wunderbare kleine Tochter und als Moderatorin ist sie so erfolgreich, dass sie den Deutschen Fernsehpreis bekommt. Doch als sie plötzlich stirbt, teilt Buddha ihr mit, dass ihr vermeintlich wunderbares Leben vor allem zu einem geführt hat, nämlich jeder Menge miesem Karma. Und so muss sie sich zunächst als Ameise durch Leben quälen, während sie dabei zusehen kann, wir ihre Freundin Nina sich an ihren Mann heranmacht. Wütend beschließt sie, ab sofort nur noch gutes Karma zu sammeln und sich auf der Reinkarnationsleiter so weit nach oben zu arbeiten, dass sie wieder als Mensch mit ihrer Familie leben kann. 
David Safiers Roman ist äußerst unterhaltsam und kurzweilig geschrieben, egal ob Kim als Ameise, als Meerschweinchen oder Hund durchs Leben wandert, ihr Blick auf die Welt ist immer geprägt von ihrer tierischen Perspektive. Besonders witzig wird dies durch die Fußnoten, die von den Erlebnissen von Casanova berichten, den sie als Ameise kennen lernt und dem sie hilft, durch gutes Karma zum Säugetier zu werden und wieder voll und ganz als verführender Frauenheld zu leben. 
An einigen Stellen hätte ich mir vielleicht noch eine stärkere Selbstreflexion der wiedergeborenen Kim Lange gewünscht, etwas, das über „Ich will aber meine Familie zurück“ hinausgeht. Schließlich geht es der auch ohne sie ziemlich gut, sogar ihre Mutter hat ihre Alkoholsucht bekämpft. Vielleicht wäre das für dieses Buch aber auch zu ernst gewesen, legt David Safier hier doch besonders viel Wert auf die leichte Fröhlichkeit und Unterhaltsamkeit, mit der die Geschichte einhergeht. Mir hat das Buch alles in allem sehr gut gefallen.

Dienstag, 6. Dezember 2011

Simon Beckett "Leichenblässe"

David Hunter ist Forensiker und hat schon einiges erlebt. Gerade ist er fast erstochen worden, seine Familie hat er verloren und er ist sich nicht sicher, ob er in seinem Beruf überhaupt weiterarbeiten will. Zu diesem Zeitpunkt bekommt er eine Einladung von einem Freund in die USA, auf der Body Farm mitzuarbeiten, um den Verwesungsprozess von Leichen zu erforschen. Er nimmt die Einladung an und ist plötzlich ungewollt Bestandteil einer großen Mordermittlung, als in einer Jagdhütte eine bis zur Unkenntlichkeit verweste Leiche gefunden wird.
Der dritte Roman von Simon Beckett mit dem eigenwilligen Charakter David Hunter als Hauptfigur ist ein großartiger Krimi, teilweise düster und gruselig, aber immer so spannend, das man das Buch nicht aus der Hand legen kann. Obwohl dies mein erstes Buch von dem Autor ist, fehlte mir die Vorgeschichte aus den anderen beiden Romanen nicht. Die Figur des David Hunter ist sehr gut gestaltet und seine Geschichte lässt einen als Leser mitfühlen. Die Mordserie, an der er ungewollt mitarbeiten muss, konfrontiert ihn immer wieder mit seiner Vergangenheit und der Frage, ob dieser Beruf wirklich das Richtige für ihn ist, die beständige Selbstreflexion bringt ihn dem Leser sehr nahe und steigert die Spannung noch weiter. Denn plötzlich scheint auch sein Leben in Gefahr zu sein und die örtliche Polizei scheint wenig Interesse an seiner Hilfe und möglicherweise auch an seiner Sicherheit aufzubringen. Die Jagd nach dem Mörder wird immer irrwitziger, scheint er doch allen immer einen Schritt voraus zu sein. 
Simon Beckett brilliert in diesem Krimi mit völlig überraschenden Wendungen und starken Charakteren bis in die kleinsten Nebenfiguren. Das perfekte Buch, wenn es auch mal etwas gruseliger zugehen darf. 

Montag, 5. Dezember 2011

Wo ist nur die Zeit geblieben?

Jetzt ist es schon über eine Woche her, seit ich mich hier zu Wort gemeldet habe. Ich hatte weder wirklich Zeit zum Lesen noch zum Schreiben, doch das werde ich in den nächsten Tagen nachholen. Bald werden hier die Rezensionen von "Leichenblässe" (Simon Beckett), "Anatomie einer Affäre" (Anne Enright) und "Mieses Karma" (David Safier) zu lesen sein. Und dann auch wieder regelmäßig neue Beiträge.

Donnerstag, 24. November 2011

Inka Parei "Die Kältezentrale"


„Wie soll man die Zeit, in der man noch sehr jung war, begreifen, wenn die Bedingungen, unter denen man einmal gelebt hat, nur noch in der eigenen Erinnerung existieren? Wie entkommt man unter solchen Umständen, dem Gefühl, dass es nicht um das frühere Leben handelt, sondern um ein ganz anderes? Und wer ist man mit einem auf diese Art fragmentierten Leben?“ (S. 157) 
Diesen Fragen geht der Protagonist in Inka Pareis neustem Roman „Die Kältezentrale“ nach. Ein Anruf aus der Vergangenheit scheint es zu sein, als seine frühere Frau ihn kontaktiert und ihn bittet, zurück nach Berlin zu kommen, das er 1987 verlassen hat. Sie ist schwer krank und drängt ihn herauszufinden, ob der LKW in dem sie sich vor Jahren für ein paar Stunden versteckt hat und der aus der Ukraine kram, verstrahlt gewesen ist. Nur so könne sie richtig behandelt und viellicht noch gerettet werden. Die Reise nach Berlin zwingt die Figur, sich mit seiner eigenen Vergangenheit  auseinandersetzen, er beginnt Menschen von früher aufzusuchen und erinnert sich an seine Arbeit in der Kältezentrale des „Neuen Deutschland“.
„Ich schämte mich dafür, hier gearbeitet zu haben. Dass ich nur Handwerker gewesen war, nicht verantwortlich für Inhalte, spielte in diesen Zusammenhang keine Rolle. Der Grund für mein Gefühl war nicht der Umstand, dass ich einem politischen System, das heute weitgehend abgelehnt wird, so nahe war. Sondern dass ich diese Tatsache damals nicht begriffen hatte. Ich war Teil von etwas gewesen, ohne zu verstehen, was es war, und ohne den geringsten Anlass zu sehen, darüber nachzudenken; so wie Kinder mit der Umgebung , in der sie aufwachsen, eins sind, sie für das Normale halten.“ (S. 44) 
Die Geschichte des Protagonisten spielt auf unterschiedlichen Zeitebenen und springt scheinbar wahllos hin und her zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Man muss als Leser aufmerksam bleiben und ist manchmal zu Beginn eines Absatzes etwas irritiert, weil nicht gleich klar ist, wo man sich mit dem Charakter befindet. Doch gleichzeitig ist diese Irritation sinnbildlich für die ganze Geschichte, denn genauso unsicher steht auch die Hauptfigur von Inka Parei vor ihrer Vergangenheit, die sich einer Einordnung so völlig entzieht. Sichere Erinnerung und das Glauben, etwas sei passiert, verschwimmen und geben der Figur das Gefühl, ein Doppelgänger habe damals gelebt, ein anderer Mensch und vielleicht doch ein bisschen er selbst. Diese Zerrissenheit transportiert Inka Parei sowohl in der Sprache als auch der gesamten Konstruktion des Romans auf eine ganz besondere Art und Weise. 
Ein großartiger Roman über die Auseinandersetzung mit eigenen Vergangenheit und die Angst vor dem, was man dabei entdecken kann. 

Sonntag, 20. November 2011

Anne Laureen "Sonne über Wahi-Koura"


Als Helena de Villiers ihren Mann bei einem Flugzeugabsturz verliert und ihr Weingut durch einen Reblausbefall ruiniert ist, beschließt sie zur ihrer Schwiegermutter nach Neuseeland zu ziehen. Doch als sie dort nach der langen Schiffsreise ankommt, muss sie feststellen, dass sie alles andere als freudig erwartet wird und ihre strenge Schwiegermutter Louise sie ausschließlich duldet, weil sie schwanger ist. Nur schwer können diese beiden eigenwilligen Frauen sich aneinander gewöhnen, während sie gemeinsam gegen die Feinde des Weinguts der de Villiers kämpfen: Ein hinterhältiger Banker aus Napier versucht mit allen Mitteln, ihnen ihr Land wegzunehmen. 
Die Geschichte aus „Sonne über Wahi-Koura“ erinnert ein wenig an den erste Roman von Anne Laureen, eine junge Frau verlässt Deutschland um in Neuseeland einen Neuanfang zu starten. Doch genau wie mit „Sterne über Tauranga“ ist ihr auch dieses Mal ein sehr schöner historischer Roman über starke Frauen in einer eigentlich noch von Männern dominierten Welt gelungen. Die Figuren sind gut gezeichnet, haben starke Charakterzüge und bleiben nicht bei oberflächlichen Klischees stehen. Der Stil ist sehr flüssig und die Sprache bilderreich, so das man als Leser schnell in die Welt der Hauptfiguren gezogen wird und ihrem Leben folgt. Dabei bleibt aus, was mir oft bei sehr langen historischen Romanen mit seitenweise Landschaftsschilderung passiert: Ich bin nicht versucht, schnell zwei Seiten zu überblättern, weil ich das Gefühl habe, dass dort sowieso nichts passiert. Die Geschichte ist so kompakt geschrieben, dass keine unnötigen Längen entstehen. 
Ein sehr gutes Buch für kalte lange Winterabende bei einer Kanne Tee, wer auf eine anspruchsvolle und unerwartete Story hofft, wird jedoch enttäuscht sein.

Josh Bazell "Einmal durch die Hölle und zurück"


Pietro Brwna, ein ehemaliger Mafiakiller, arbeitet und einem Decknamen als Arzt an Bord eines Kreuzfahrtschiffs- so gut es eben geht mit einem sehr fragwürdigen Universitätsabschluss und einer Weiterbildung in Zahnheilkunde per Youtoube-Videos. Doch mit diesen halbwegs entspannten Leben ist es vorbei, als er für einen amerikanischen Milliardär gemeinsam mit der Paläontologin Violet Hurst auf die Jagd nach einem Seeungeheuer geschickt wird. Als sie herausfinden, dass dort in letzter Zeit bereits vier Menschen zu Tode gekommen sind, machen sie sich auf die Suche nach den vermeintlichen Mördern- denn an ein Seeungeheuer glauben sie beide nicht.
„Einmal durch die Hölle und zurück“ ist zweite Roman von Josh Bazell, sein Debüt „Schneller als der Tod“ stand lange auf den Bestsellerlisten und ist der inhaltliche Vorläufer zu diesem Krimi. Doch auch ohne Kenntnis des ersten Romans kann man der Handlung problemlos folgen. Der Stil des Autors ist äußerst unterhaltsam und hebt sich positiv von den meisten bekannten Krimiautoren ab, er ist sehr direkt, teilweise fast brutal und gleichzeitig unterlegt mit einer Menge bitterbösem schwarzem Humor. So wird die anfänglich etwas alberne Jagd nach einem Seeungeheuer gemäß Nessie in Schottland schnell zu einem spannenden Krimi mit höchst eigenartigen Charakteren, wie beispielsweise den Organisator dieser Abenteuertour Reggie Trager, dessen Motive ziemlich fragwürdig scheinen. Pure wissenschaftliche Neugier scheint es nicht zu sein, die ihn zu dieser Reise an den See treibt. Und auch der ein oder andere Prominente begibt sich mit auf die Suche nach dem Urzeitmonster, was beim Leser für einige Lacher sorgen dürfte.
„Einmal durch die Hölle und zurück“ ist ein gutes Buch für jeden, der keinen klassischen Krimi mit klarer Rollenverteilung sucht, sondern der von einem Buch neben Spannung auch Witz und eine gewisse Einzigartigkeit erwartet. Das ist Josh Bazell definitiv gelungen. 

Samstag, 19. November 2011

Mängelexemplare

Ich habe mal wieder einen neuen Buch-Kauf-Rekord aufgestellt: Zehn Minuten Zeit zum Umsteigen an einem Bahnhof reichen völlig aus, um noch einmal schnell einen Blick in Buch- und Zeitschriftenladen zu werfen und sich auf den Tisch mit Mängelexemplaren zu stürzen. Diese Tische sind wirklich immer eine Katastrophe, meistens schon komplett durchgewühlt oder von den Mitarbeitern mit viel Liebe so sortiert, dass die Buchrücken garantiert NICHT einfach lesbar sind. So habe ich mich also in der kurzen Zeit nur durch die erste Reihe Bücher arbeiten können, aber es hat gereicht um mein Bücherregal ein klein wenig weiter zu füllen:  

Simon Beckett "Leichenblässe"

Dr. Hunter ist zurück. Bei seinem letzten Einsatz ist David Hunter nur knapp dem Tode entronnen. Nicht vollständig genesen, quält ihn die Frage, ob er seinem Beruf noch gewachsen ist. Bis ein alter Freund den Forensiker um Hilfe bittet: In einer Jagdhütte in den Smoky Mountains wurde ein Toter gefunden. Die Leiche ist bis zur Unkenntlichkeit zersetzt. Die Spuren sind widersprüchlich. Und David Hunter ist im Begriff, einen folgenschweren Fehler zu begehen.

Mittwoch, 16. November 2011

Neu auf dem Bücherstapel

Heute hat es ein neues Buch in mein Regal geschafft- besser neben mein Regal, denn in das Regal passt momentan nichts!

Anne Enright "Anatomie einer Affäre"


Ein kurzer Moment, ein Blickwechsel auf einer Gartenparty- und schon ist der Grundstein gelegt zu einer aufregenden Affäre voller Leidenschaft und Glück. Doch was passiert, wenn aus der heimlichen Liebe Alltag wird?

Dienstag, 15. November 2011

Stefan Schwarz "Hüftkreisen mit Nancy"


Max ist Anfang vierzig und steckt in einer Krise. In seinem Job wird er beurlaubt, weil er angeblich zu viele Witze mit sexuellen Anspielungen seiner Kollegin gegenüber macht und seine Frau findet ihn längst nicht mehr so toll wie früher. Eigentlich leben die beiden nur noch nebeneinander her. Max steckt voll in einer Midlife Crisis und meldet sich in einem Fitnessstudio an, stemmt Gewichte und beobachtet die hübsche Frau am Empfang, die er zu gerne einmal tanzen sehen würde. 
Ich hatte viel Gutes von dem Buch gehört, es sei witzig, intelligent, sehr unterhaltsam. Leider kann ich dem aus meiner Sicht nicht zustimmen, ich habe mich bei der Lektüre schlicht und einfach gelangweilt und mich am Ende geärgert, die Zeit mit dem Lesen dieses Buches verschwendet zu haben. Die Geschichte hat sich für mich überhaupt nicht entwickelt, hatte keinen Schwung und plätscherte ohne jegliche Dynamik dahin. An vielen Stellen hab ich mich über die zahlreichen Klischees geärgert, die von dem Autor verbraten werden, was dazu führte, dass der Protagonist eher nervt als unterhaltsam wirkt.
Ich war wirklich enttäuscht von dem Buch und hatte mehr erwartet. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kolumnen des Autors sehr unterhaltsam sind, aber ausgebreitet auf 250 Seiten war es einfach anstrengend. 

Horst Eckert "Schwarzer Schwan"


Die Bankerin Hanna Kaul ist kurz davor, einen Milliardendeal unter Dach und Fach zu bringen, als dieser plötzlich vom Vorstand der Bank abgesagt wird. Sie beginnt zu recherchieren und kommt hinter die fragwürdigen Machenschaften ihres Chefs. Gleichzeitig verschwindet ihre Nichte Leonie und eine Finanzlobbyistin aus Berlin wird während eines Besuchs in Düsseldorf ermordet. Was haben all diese Dinge miteinander zu tun? Der Polizist Dominik Roth glaubt nicht an einen einen Zufall und macht sich daran, den Zusammenhang zwischen als diesen Fällen herzustellen. Durch sein unkonventionelles Vorgehen, steht er jedoch schnell selbst unter Verdacht, etwas mit den Verbrechen zu tun zu haben.
„Schwarzer Schwan“ ist ein spannender Thriller, der hochaktuelle Bezüge zur Finanzkrise und zum Unglück von Fukushima aufgreift. Horst Eckert beschreibt das Postengeschacher und Kaufen von Stimmen auf höchster politischer Ebene, ein Hin- und Hergeschiebe von Positionen und Posten für Geld und Macht. Der Plot wird dabei in verschiedene Erzählstränge aus unterschiedlichen Perspektiven aufgeteilt, der Leser erhält Informationen über den Bundestagsabgeordneten Mierscheid, den Polizisten Dominik Roth und die Bankerin Hanna Kaul. In kurzen Absätzen wird die Geschichte von Leonie eingeschoben. Sie ist die einzige, die als Ich-Erzähler auftritt und den Leser so ganz nah mitnimmt in ihr dunkles Kellerloch, in dem sie gefangen gehalten wird. Gerade diese Abschnitte lassen es einem manchmal kalt den Rücken runterlaufen, so sehr hofft man mit Leonie auf eine baldige Freilassung. 
Auch ohne die Aktualität dieses Romans wäre Horst Eckert ein spannender Thriller gelungen, doch durch die Verbindungen zur Atom- und Finanzlobby wird es ein großartiges Buch, das man nicht mehr aus der Hand legen kann, wenn man einmal angefangen hat. 

Montag, 14. November 2011

Lesung im Café Ambiente

Gestern fand im Bremer Café Ambiente die Lesung von Inka Parei (Die Kältezentrale) im Rahmen der LiteraTour Nord statt. Die Autorin las ausgewählte Stellen aus ihrem Buch und stellte sich anschließend den Fragen des Publikums. Mir hat die Lesung sehr gut gefallen, die Autorin war äußerst sympathisch und hat zudem eine angenehme Lesestimme, was man nicht von allen Literaturschaffenden behaupten kann. 
Enttäuschend war hingegen das Publikum: Keiner hatte das Buch gelesen oder sich wirklich damit beschäftigt. Eine Frau sagte gleich zu Anfang, so ein Buch hätte "ein Wessie" ganz sicher nicht schreiben können, woraufhin Frau Parei sie aufklären musste, dass sie die ersten 20 Jahre in Frankfurt/Main verbracht habe. Viel Kritik wurde geäußert, die Geschichte wäre kühl und ohne emotionale Beteiligung der Autorin- immer mit dem Zusatz "ohne das Buch gelesen zu haben". Schade, dass die Autorin sich solche Kommentare anhören musste, denn wer sich die Mühe gemacht hat, das ganze Buch zu lesen, wusste, dass die Geschichte keineswegs kühl und distanziert ist, sondern an vielen Stellen sehr nahe geht und den Leser an der Suche des Protagonisten nach sich selbst teilhaben lässt. Bleibt zu hoffen, dass das Buch sich doch noch in das ein oder andere Bücherregal der Zuschauer verirrt, und sie von seinen Qualitäten überzeugen kann!

Sonntag, 13. November 2011

Lesung von Inka Parei "Die Kältezentrale"

Heute Abend liest Inka Parei in Bremen im Café Ambiente aus ihrem Buch "Die Kältezentrale". Die Lesung findet im Rahmen der LiteraTour Nord statt und ist der Auftakt der diesjährigen Lesereihe, an der unter anderem auch Jan Böttcher ("Das Lied vom Tun und Lassen") teilnimmt, dessen Buch ich hier schon rezensiert habe. Morgen gibt es dann natürlich einen Bericht zur Lesung heute Abend, das Buch habe ich erst halb gelesen, aber ich bin noch fleißig dabei. Für alle Interessierten liest Inka Parei in den nächsten Tagen auch noch in Rostock, Lüneburg und Hannover. Details gibt es auf der Homepage der LiteraTour Nord. 

Samstag, 12. November 2011

Frédéric Lenormand "Die venezianische Agentin"


Venedig im 18. Jahrhundert: Ein verarmter Adliger wird während einer Sitzung des Rates von Venedig ermordet, das Motiv ist unklar. Hatte er Spielschulden? Einen heimlichen Sohn? Oder hatte er sich in Geschäfte verwickeln lassen, denen er nicht gewachsen war? Für die Suche nach dem Mörder engagiert der Rat die junge Leonora Pucci, eine Klosterschülerin, die Venedig bereits einmal in einem Kriminalfall helfen konnte. Unerschrocken macht sie sich an die Ermittlungen und findet schnell eine seltsam anmutende Spur - überall tauchen plötzlich Gedichte des verstorbenen Dogen Grimani auf und weisen Leonora, auch die Frascadina genannt, den Weg zum Mörder des Adligen. 
„Die venezianische Agentin“ ist bereits der zweite Roman von Frédéric Lenormand mit dieser Hauptfigur, doch auch ohne den ersten gelesen zu haben, kann man der Handlung problemlos folgen. Die Geschichte wirkt am Anfang etwas einfach gestrickt, nimmt aber schnell Fahrt auf und ist sehr unterhaltsam zu lesen. Besonders die teils eigenwilligen Charaktere machen die besondere Atmosphäre des Buches aus. Schon die Idee, eine junge Klosterschülerin ermitteln zu lassen, ist in der gewählten Zeit sicher sehr ungewöhnlich, dennoch bleibt die Geschichte durch viele Erklärungen zu ihrer Rolle als Frau in der Gesellschaft des damaligen Venedigs sehr glaubhaft und nachvollziehbar. 


Ein gelungener historischer Krimi aus ungewohnt weiblicher Perspektive- auf jeden Fall empfehlenswert!  

Donnerstag, 10. November 2011

Regal ungelesener Bücher

Ich habe in inzwischen das Gefühl, dass man nicht mehr von einem "Stapel ungelesener Bücher" sprechen kann, neu in meinem "Regal ungelesener Bücher" sind diese Woche:

Camilla Macpherson  "Am Tag und in der Nacht"



London in den vierziger Jahren: Jeden Monat geht Daisy in die Londoner Nationalgalerie, um das einzige dort ausgestellte Meisterwerk zu sehen. Diese Momente sind für sie besonders wertvoll, sie geben ihr Kraft in den kriegszerissenen Zeiten. Jahre später entdeckt die junge Claire die Briefe, die Daisy damals schrieb. Darin lernt sie eine Frau kennen, die allen Konventionen zum Trotz ihren Weg ging. Nach einem schrecklichen Schicksalsschlag findet jetzt auch Claire den Mut, Schritt für Schritt ein neues Leben zu beginnen.

Anne Laureen "Sonne über Wahi-Koura"
Schwere Schicksalsschläge zwingen Helena de Villiers, ihr Weingut im Rheingau zu verkaufen und nach Neuseeland auszuwandern. Dort, auf dem Weingut ihrer Schwiegermutter Louise, will die junge Frau den Neuanfang wagen. Aber auch Louises Besitz ist bedroht: Ihr größter Widersacher Manson will ihr Land an sich reißen und schreckt selbst vor Mord nicht zurück. Bis Helena sich am anderen Ende der Welt zu Hause fühlt, muss sie so manches Abenteuer überstehen und sich mutig zur Liebe bekennen ...


Sonntag, 6. November 2011

Jan Böttcher "Das Lied vom Tun und Lassen"


Mit dem Selbstmord von Meret Kugler, die vom Schuldach springt, um ihrem Leben ein Ende zu setzen, wird die Geschichte in Jan Böttchers Roman in Gang gesetzt. Drei Menschen beschreiben in seinem Buch, wie die Situation sie und die Menschen um sie herum verändert hat. Musiklehrer Immanuel Mauss versucht alles, um seinen Schülern zu helfen, sie treffen sich in seinem Haus und trauern, reden, hören Musik. Er schafft ihnen einen Zufluchtsort, als sie diesen am nötigsten brauchen. Bis auf Clarissa scheint er auch allen damit helfen zu können, sie finden ins Leben zurück und konzentrieren sich auf das, was gerade wichtig scheint: ihr Abitur. Johannes Engler kommt als Gutachter an die Schule, beobachtet den Unterricht von Mauss und lernt die verzweifelt in ihrer Trauer blockierte Clarissa kennen und beginnt mit ihr eine Beziehung, die schnell zum Scheitern verurteilt scheint. Clarissa selbst lässt den Leser in Blogeinträgen teilhaben an ihren Erlebnissen mit Freunden auf einer Reise durch Frankreich, ihre Rückkehr und was sie dabei bewegt. Immer bei ihr ist M., eine Freundin, die abgehauen ist, Sinnbild für die aus ihrem Leben verschwundene Meret, die sie hilflos und voller Fragen zurückließ. 
„Das Lied vom Tun und Lassen“ ist kein Roman der durch spannende Handlung oder viele Effekte besticht, sondern durch die Emotionalität der Sprache und die leisen Zwischentöne. In allen Geschichten schwingt viel Hilflosigkeit und Verzweiflung mit, obwohl alle Protagonisten immerzu von andern Menschen umgeben sind, zeichnet sie eine tiefe Einsamkeit aus, aus der sie nicht herausfinden können. Mauss muss erkennen, dass er den Schülern nicht so helfen kann, wie er möchte. Engler hat zwar einen Sohn, den verschweigt er aber und fühlt sich in der Beziehung zu der jungen Clarissa schnell hintergangen. Und Clarissa fühlt sich von ihren Freunden verraten, die ihr viel zu schnell ins Leben zurückfinden und nicht mehr um Meret trauern, die sie selbst noch in jedem Moment begleitet. Hilflos stehen sie sich alle gegenüber und wissen nicht, wie und wo sie Halt finden sollen, in der für sie so zerfallenen Welt.  Die Frage nach dem Ich und dem Wir, mit dem sich ein Buch beschäftigt, das sowohl Clarissa als auch der Musiklehrer gelesen haben, schwebt als Thema über dem gesamten Roman, was passiert wenn meine individuellen Gefühle von der Gruppe nicht verstanden werden, was ist, wenn mein Ich dem Wir plötzlich im Weg steht? 

Jan Böttcher fasst ihre Sprachlosigkeit in Worte und schafft eine Atmosphäre von Trauer, Angst, Verzweiflung, aber immer auch ein bisschen Hoffnung, dass die Situation nicht endgültig ist, sondern ein Prozess, dessen Ende nicht feststeht. 

Samstag, 5. November 2011

Der Bücherstapel wächst und wächst...

Ein Buch im Buchladen gekauft, zwei heute in der Post und eine Büchersendung, die ich noch in der Postfiliale abholen muss... Die Sucht wird immer schlimmer! Trotzdem freue ich mich über meine neuen Bücher:

Horst Eckert "Schwarzer Schwan"


Investmentbankerin Hanna Kaul sieht sich am Ziel ihrer Träume: Zum ersten Mal steuert sie den Übernahmepoker eines börsennotierten Unternehmens, ein Erfolg bedeutet den erhofften Karrieresprung. Dann aber sagt der RheinBank-Vorstand den Milliardendeal überraschend ab. Damit nicht genug: Hanna erfährt, dass sie ausspioniert wird. Was geht da vor? Dominik Roth ist für Betrugssachen zuständig und unzufrieden. Als eine Lobbyistin der Deutschen Börse auf offener Straße erschossen wird, darf er endlich bei den Mordermittlern aushelfen. Denn es gibt einen weiteren Fall: In einem ausgebrannten Polo wurde eine Leiche entdeckt. Prompt steckt Dominik in einem Dilemma. In der Wohnung des Toten findet die Polizei Papiere, die Hannah Kauls Observation dokumentieren. Dominik kennt das Material nur zu gut er selbst hat an der Beschattung der Bankerin mitgewirkt. Weil das eine nicht genehmigte Nebentätigkeit für die Firma eines Freundes war, verschweigt Dominik, was er weiß. Als Hannas Nichte Leonie spurlos verschwindet, spitzt sich die Situation zu- ist sie das Opfer einer Entführung geworden?

Josh Bazell "Einmal durch die Hölle und zurück"


Nachdem ihm die Flucht vor den Mobstern auch Manhattan gelang, arbeitet Ex- Auftragskiller Pietro unter einem Decknamen als Schiffsarzt auf einem Luxus- Kreuzfahrer. Doch dann erhält er ein verlockendes Angebot: Für einen mysteriösen Milliardär soll er herausfinden, ob dieser einem Schwindel aufgesessen ist. Zusammen mit Paläontologin Violet begibt sich Pietro auf eine äußerst seltsame Expedition.




Inka Parei "Die Kältezentrale"


Berlin im Jahr 2006: Ein Mann hat in den achtziger Jahren im Gebäude des Neuen Deutschland als Handwerker gearbeitet und später die DDR verlassen. Eines Tages bekommt er einen Anruf von seiner früheren Frau. Sie wartet in einem Krankenhaus auf die exakte Diagnose ihrer Krebskrankheit. Um ihr zu helfen, reist er zurück in die Stadt und versucht, die Ereignisse einiger Tage Anfang Mai 1986 zu rekonstruieren. War ein aus der Ukraine kommender Lastwagen, mit dem sie in Berührung kam, verstrahlt? Und warum erscheint der Tod eines Kollegen, an dem er sich die Schuld gab, zweifelhafter denn je? Sind die Geschehnisse von damals der Grund dafür, dass er in dem Leben, das er bis vor Kurzem geführt hat, nie wirklich Fuß fassen konnte? Schnell beginnen die Tage in Berlin ihm zu entgleiten, werden zu einer verzweifelten Suche nach Orientierung angesichts eines nie verkrafteten Bruchs in seinem Leben.


Freitag, 4. November 2011

Katharina Münk "Die Eisläuferin"


Eine Regierungschefin wird im Urlaub von einem herunterfallenden Bahnhofsschild getroffen und kann sich an die letzten 20 Jahre ihres Lebens nicht mehr erinnern. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, vergiss sie über Nacht alles, was sie tagsüber gelernt und erfahren hat. Jeden Morgen muss ihr Mann ihr wieder beibringen, dass sie keineswegs in ihren Wahlkreis muss, weil sie nämlich längst Regierungschefin ist. Diese Ausgangssituation führt zu zahlreichen amüsanten Erlebnissen der Politikerin mit ihren Mitarbeitern, die langsam beginnen, an ihrem Stuhl zu sägen. 

Dass mit der „Regierungschefin einer westlichen Industrienation“ durchaus Angela Merkel gemeint sein könnte, wird an einigen Episoden schnell deutlich, stört beim Lesen jedoch nicht. Die Autorin zeichnet ein herrlich überspitztes Bild des Politikbetriebs und zeigt, dass Umfragewerte offensichtlich nicht von politischen Entscheidungen abhängen. Je unkonventioneller sich die Protagonistin in der Öffentlichkeit bewegt, desto beliebter wird sie beim Volk und desto suspekter wird sie ihrem Mitarbeiterstab, da sie sich nicht an die intern offensichtlich bestehenden Regeln hält. 
Das Buch ist gute Unterhaltungsliteratur, plätschert jedoch manchmal etwas langatmig dahin. Ich hätte mir für die Geschichte stellenweise allerdings eine extremere Entwicklung gewünscht, um wirklich herausragend zu sein. 

Sonntag, 30. Oktober 2011

Louise Candlish "Wunder geschehen morgen"


Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Bea ist verheiratet mit dem Unternehmer Marty, hat drei Kinder, die bereits erwachsen sind und führt ein von Außen betrachtet glückliches unbeschwertes Leben. Ginny hingegen ist zwar auch verheiratet, aber sie und ihr Mann Adam haben gerade ihr Kind verloren. Ihr Sohn starb an einem Herzfehler, als er erst wenige Tage alt war. Das Paar fährt nach Italien, in der Hoffnung, das Geschehene zumindest eine zeitlang hinter sich zu lassen. Dort treffen sie auf Bea und ihre Familie, die einen letzten großen Familienurlaub machen. Danach will Bea ihren Mann verlassen, was aber außer ihr keiner weiß. Als dann plötzlich ein junger Mann auftaucht, der sich mit Beas Tochter Pippi anfreundet, aber eigentlich etwas ganz anderes sucht als diese Freundschaft, ist das Personenchaos perfekt und eine abwechslungsreiche Geschichte nimmt ihren Lauf.
Ich war am Anfang sehr skeptisch, ob dieses Buch nicht nur eine seichte Geschichte über eine Frau ist, die ihr Kind verloren hat und dann wieder ins Leben zurück findet. Doch der Derbutroman von Louise Candlish besticht durch die eigenwilligen Personenkonstellationen, die immer wieder neu kombiniert werden. Die Geschichte hat eigentlich nicht viel Handlung, sondern lebt von Gesprächen und Beschreibungen der Gefühle der Charaktere, was der Autorin sehr gut gelingt. In diesem Urlaub sind alle auf der Suche nach irgendetwas, vielleicht auch ohne es zu wissen. Einige fliehen vor ihrer Vergangenheit oder vor ihrer Zukunft, geben sich ihren Illusionen vom unkomplizierten Leben hin oder müssen feststellen, dass alles, was für sie immer selbstverständlich war, plötzlich zerbricht. Über allem hängt ein Geheimnis, das sich nicht richtig in Worte fassen lässt und erst am Ende wird langsam klar, wie stark die Geschichten der Figuren wirklich miteinander verknüpft sind.
Louise Candlish ist eine wunderbare Beobachterin menschlicher Emotionen und Verhaltensweisen, sie lässt einen teilhaben an den komplizierten Entscheidungen, die die Figuren treffen, so dass man am Ende fast ein bisschen traurig ist, sich wieder von Ihnen trennen zu müssen, nachdem man einen entscheidenden Abschnitt ihres Leben so nah miterlebt hat. 

Sonntag, 23. Oktober 2011

Nerea Riesco "Der Turm der Könige"


Am 1. November 1755 erschüttert ein Erdbeben Sevilla, das als „Erdbeben von Lissabon“ in die Geschichte eingeht, da es dort die schlimmsten Schäden verursacht. In Sevilla fällt dabei der Schlussstein aus Kathedrale und gibt einen Hinweis auf ein Rätsel frei, dass den christlichen Orden in San Juan de Acre seit Jahrhunderten beschäftigt. Bereits im Jahre 1248 wurde zwischen dem spanischen König und dem maurischen Herrscher ein Kapitulationsvertrag geschlossen, der den Umgang mit der Giralda in Sevilla regeln sollte. Zwischen den Herrschern sollten fünf Schachpartien gespielt werden, der mit den meisten Siegen sollte entscheiden, ob der Turm stehen bleiben oder zerstört werden sollte. Vier Partien waren bereits gespielt, als der Kapitulationsvertrag verschwand, es stand unentschieden. de Montenegro ist die ganze Hoffnung des Ordens, er soll die letzte Partie für die Christen spielen, doch zunächst einmal muss der Vertrag gefunden werden, der den aktuellen Spielstand anzeigt. In Julia de Haro findet Léon seine große Liebe, doch seine Verpflichtungen werfen einen Schatten auf ihr gemeinsames Schicksal. Auch die nachfolgenden Generationen bleiben im Bann dieses Spiels gefangen, das ihr Leben unweigerlich beeinflusst, ohne dass sie sich im entziehen können. 
Der Roman von Nerea Riesco beschreibt die Lebensgeschichte der Familie Montenegro über mehrere Generationen vor dem Hintergrund Spaniens im 18. und frühen 19. Jahrhundert, zur Zeit der Revolution in Frankreich und unter dem Bruder Napoleon Bonapartes, Joseph I. Die Figuren des Romans sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können, einige sind große Idealisten, einige kühl und berechnend, einige stark, andere schwach oder bösartig, und doch alle unweigerlich miteinander verbunden durch den Ausgangspunkt der Geschichte, der Liebe von Julia und Léon und der Suche nach dem 500 Jahre alten Dokument. 
Der Autorin ist ein fesselnder historischer Roman gelungen, der den Leser mitnimmt auf eine Reise in die Vergangenheit. Langeweile kommt an keiner Stelle auf, da die Geschichte zügig vorangetrieben wird. Der Verlauf von zehn Jahren wird in zwei Sätzen zusammengefasst, wenn in dieser Zeit nichts für die Haupthandlung relevantes geschieht und Vorausdeutungen an wichtigen Stellen der Geschichte lassen einen gespannt umblättern, gebannt folgt man als Leser den Figuren durch das historische Sevilla, immer gespannt, was das Schicksal noch für sie bereit hält. 
Unterstützt wird die ganze Stimmung des Romans durch schöne Illustrationen und einen historischen Stadtplan Sevillas, der im Umschlag des Buches versteckt ist. Dem Fischer Verlag ist eine großartige Ausgabe des Romans gelungen!


Für Fans von:

Die Kathedrale des Meeres (Ildefonso Falcones)
Die Säulen der Erde: Roman (Ken Follet)
Die Tore der Welt: Roman (Ken Follet)

Freitag, 21. Oktober 2011

Der Bücherstapel wird höher und höher...

Diese Woche ist endlich ein Buch eingetrudelt, auf das ich schon lange gewartet habe :

Außerdem bin ich bei einigen Leserunden bei LovelyBooks dabei:






Mein Postbote hat momentan ordentlich was zu schleppen!

Montag, 17. Oktober 2011

Carsten Drecoll "Der Senator"


Das Romandebut von Carsten Drecoll handelt von dem freiberuflichen Geheimagenten Alec Burton, der meistens für die britische Regierung im Einsatz ist. Sein aktueller Auftrag führt ihn auf ein Containerschiff, mit dem angeblich Waffenteile in den Iran und nach Pakistan geschmuggelt werden. Als das Schiff von somalischen Piraten überfallen wird, ist Burton unerwartet gezwungen, zu handeln und befindet sich plötzlich in iranischer Gefangenschaft. Doch der Agent lässt sich nicht abschrecken, seine Ermittlungen führen ihn zu dem Senator Al Russo in den USA, der mit seiner Pressereferentin in dubiose Machenschaften im Nahen Osten verstrickt zu sein scheint.
Der Thriller befasst sich mit hochaktuellen Themen wie der Verschiffung von Elektroschrott in die Dritte Welt und der Umgang der westlichen Demokratien mit der Atomwaffenproblematik im Iran und in Pakistan. Mit dem Agenten Alex Burton ist Drecoll ein sympathischer Charakter gelungen, auch wenn einige gute alte James-Bond-Klischees wie seine Wirkung auf Frauen und das im Zweifel eigenmächtige Vorgehen in gefährlichen Situationen natürlich nicht fehlen dürfen. Dennoch ist die Geschichte keineswegs platt oder gar langweilig, sondern bleibt die ganze Zeit spannend und sehr gerafft geschrieben, ohne langwierige Beschreibungen. Das ist an einigen Stellen vielleicht ein Mangel, da die Handlung ausschließlich in einem Erzählstrang geschildert wird, an einigen Stellen wäre eine weitere Sichtweise eines anderen Charakters -zum Beispiel des Senators- hilfreich gewesen, die Geschichte noch umfassender und vielschichtiger darzustellen.


Der Senator: Ein Alec-Burton-Roman- ein spannender Thriller, zu dem es hoffentlich bald eine Fortsetzung gibt!