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Freitag, 26. Januar 2018

Gerhard Falkner "Romeo oder Julia"

Ein Autor auf Reisen wird Opfer einer wilden Stalkerin, die ihm aus dem Hotelzimmer sein Schlüsselbund klaut und nichts zurücklässt außer ihren langen schwarzen Haaren in der Badewanne- als hätte sie genüsslich ein Bad genommen und auf den Beraubten gewartet. Auf weiteren Reisen nach Moskau und Madrid geschehen weiter seltsame Dinge und es drängt sich die Frage in den Vordergrund, wer den Autor hier verfolgt. Und vor allem, warum.
Gerhard Falkner war bereits mit „Apollokalypse“ für den Deutschen Buchpreis 2016 nominiert und mit „Romeo oder Julia“ hat er es auch 2017 wieder auf die Shortlist geschafft. Dennoch war ich von dem Roman enttäuscht, ich empfand die ganze Geschichte als sehr gewollt und schlecht konstruiert. Bis kurz vor Ende war der ganze Ablauf für mich kaum nachvollziehbar und auch nach Beendigung des Buches sind viele Elemente für mich völlig unklar. Die Story hätte diese Nebenspuren meiner Meinung nach in keiner Weise gebraucht, im Gegenteil, sie zerfaserten für mich viel zu sehr und waren schwer zu verfolgen.
Als sehr positiv empfand ich hingegen Falkners Sprache. Da ich bisher noch kein Buch von ihm gelesen hatte, war es für mich eine neue Erfahrung. Mir sind viele Formulieren und Ausdrücke in Erinnerung geblieben, weil ich sie so treffen und ausgesprochen gut und bildhaft formuliert fand. Dies steht für mich leider in starkem Widerspruch zu der schwachen Story, doch ich werde einem anderen Roman von Gerhard Falkner sicher noch eine Chance geben.

Mir hat „Romeo oder Julia“ nur eingeschränkt gefallen, während ich die Story abwegig und nicht klar genug strukturiert fand, um nachvollziehbar zu sein, haben mir Ausdruck und sprachliche Umsetzung sehr gut gefallen, es ist einfach Geschmackssache, ob man an „Romeo oder Julia“ Gefallen findet oder nicht. 

✮✮✮✰✰

Hier geht es zu weiteren Informationen des Piper Verlags. 

Freitag, 13. Oktober 2017

Robert Menasse "Die Hauptstadt"

Eine Stadt, die synonym für eine Institution steht: Brüssel und die EU. In dieser Stadt leben die unterschiedlichsten Menschen, vom hohen EU-Beamten mit großen Karriereplänen über einen Haupt- kommissar, der in eine brisante Ermittlung schlingert, einen alternden Professor und einen Altenheimbewohner, der einst Auschwitz überlebte. All diese Geschichten, verbunden durch die Stadt in der sie leben, zeigen die Absurditäten einer überbordenden Bürokratie in einer immer unübersichtlicher werdenden Welt auf.
Robert Menasse ist mit „Die Hauptstadt“ wirklich ein großer Wurf gelungen. Es ist ein Roman, der viele hochaktuelle Themen anspricht und dabei gleichzeitig kurzweilig und sehr gut lesbar bleibt. Er vermittelt auf sehr leichte Art all die Kuriositäten, die sich um den Machtkomplex EU – oder genauer die Kommission- ranken. Die Charaktere sind so unterschiedlich wie es die Themen sind, die mit ihnen abgedeckt werden, was die Lektüre umso unterhaltsamer macht. Vom Großlobbyisten aus der Schweinezucht bis zum kleinen Beamten ist alles dabei und alle bewegen sich in einem riesigen Netz aus Beziehungen und Interessen, indem man sich eigentlich nur verstricken kann.
Das Buch wurde meiner Meinung nach vollkommen zu Recht mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Der Autor hat einen sehr komplexen und intelligenten und zugleich gut lesbaren Roman abgeliefert, der hochaktuell und für alle Leser von Interesse ist. Egal ob man begeistert von der europäischen Ideen ist oder sich eher als Europakritiker sieht, hat der Roman viel zu bieten und regt zum Nachdenken an. Robert Menasse hat mit „Die Hauptstadt“ ein Buch geschrieben, dass unbedingt gelesen werden sollte. 

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Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe des Suhrkamp Verlags. 

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Sasha Marianna Salzmann "Außer sich"

Alissa, genannt Ali, fliegt nach Istanbul, um ihren Zwillingsbruder Anton zu suchen, der seit einiger Zeit verschwunden ist. Ihr einziger Anhaltspunkt ist eine Postkarte, die er von dort verschickt hat. Ali durchlebt in Istanbul eine turbulente Zeit, trifft die unterschiedlichsten Menschen und kommt doch nicht weiter auf der Suche nach dem wichtigsten Menschen in ihrem Leben, ihrem Bruder Anton. Dabei sucht sie auch ihre eigene Identität, versucht sich klarzuwerden, wer sie eigentlich ist und was nur Projektion der Menschen ist, die sie umgeben.
Zwischen den Szenen in Istanbul erzählt die Autorin Sasha Marianna Salzmann die Familiengeschichte von Ali, von Ihren Großeltern in Russland, den Eltern, die nach Deutschland kamen, um ihren Kindern etwas Besseres bieten zu können. Und dabei erzählt sie von so vielen Hoffnungen, Enttäuschungen und Kämpfen, dass es einem als Leser einfach nahegehen muss. Auffällig sind besonders die Frauenfiguren, die versuchen so stark zu sein wie möglich, um ihre Familie zu schützen und durchzubringen.
Besonders positiv hervorheben muss ich bei „Außer sich“ die unglaublich schöne sprachliche Umsetzung der Geschichte. Obwohl die Handlung teilweise verwirrend wirkt und man etwas kämpfen muss, um folgen zu können, erzählt Salzmann mit einer sprachlichen Leichtigkeit, die einen von Anfang an gefangen nimmt. Selbst wenn man das Buch zur Seite legt, schwingt die Sprache im Kopf weiter, die Geschichte fließt weiter und es fällt schwer, sich davon loszumachen.
Auch wenn ich Sasha Marianna Salzmanns Debütroman „Außer sich“ stellenweise als recht chaotisch empfunden habe, hat mich das Buch unglaublich fasziniert, zum einen durch die schöne Sprache, zum anderen durch die Freiheiten, die einem als Leser gelassen werden. Die Autorin gibt keine feste Geschichte vor, keine Interpretation, wie es sein muss, sondern lediglich Hinweise, wie es sein könnte. So wird „Außer sich“ für jeden Leser zu seiner ganz individuellen Geschichte, was diesen Roman auszeichnet und so besonders macht. 

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Hier geht es zu weiteren Informationen und zur Leseprobe beim Suhrkamp Verlag. "Außer sich" von Sasha Marianna Salzmann ist nominiert für den Deutschen Buchpreis 2017, der am 9. Oktober 2017 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse verliehen wird.