Donnerstag, 31. März 2016

Imre Kertész (1929 - 2016)

Der ungarische Autor Imre Kertész ist im Alter von 86 Jahren an seiner Parkinson-Krankheit gestorben. Kertesz schrieb beeindruckende Bücher, in denen sich Fiktion und Autobiographie Seite an Seite befanden. Vor Jahren habe ich sein Buch "Liquidation" gelesen, das mich sehr beeindruckt hat. Im Jahr 2002 erhielt er für sein Werk den Nobelpreis. 

Im Herbst diesen Jahres wird sein letztes Buch "Der Betrachter - Aufzeichnungen 1991 - 2001" in Deutschland im Rowohlt Verlag erscheinen. 

Räume der Erkenntnis | Monumente Online

Für alle, die nicht nur gerne lesen sondern auch Bibliotheken in all ihren Arten und Formen lieben, gibt es einen großartigen Artikel von "Monumente - Magazin für Denkmalkultur in Deutschland" über die Geschichte der Bibliotheken mit Bildern der schönsten und ältesten Bibliotheken in Deutschland. 

Den Artikel findet ihr hier: 

Räume der Erkenntnis | Monumente Online

Mittwoch, 30. März 2016

Durian Sukegawa "Kirschblüten und rote Bohnen"


In dem Roman „Kirschblüten und rote Bohnen“ geht es um den Imbissmitarbeiter Sentaro, der nach seiner Zeit im Gefängnis nur seine Schulden abarbeiten will und keinerlei Liebe zu seiner Arbeit empfindet, und die alten Dame Tokue, die in einem Sanatorium lebt und bei Sentaro als Aushilfe anfängt. Sie zeigt ihm, wie er die roten Bohnen für sein Essen per Hand zubereiten kann und vermittelt ihm gleichzeitig, seine Arbeit als eine größere Aufgabe zu sehen als nur eine Möglichkeit, Geld zu verdienen. 

Die Geschichte von Sentaro, Tokue und später auch dem einsamen Mädchen Wakana ist eine wunderbar leise und einfühlsame Geschichte. Durch das Aufeinandertreffen der Personen ändert sich ihr Leben, doch nicht mit einem Knall in eine völlig andere Richtung, sondern im ganz Kleinen, in dem jede Entscheidung ein wenig anders bewertet wird. Sentaro lernt, seine Liebe und Energie in etwas zu stecken, das ihm wichtig ist und was es bedeuten kann, Erfolg mit etwas zu haben. Gleichzeitig ist es eine Geschichte über Vorurteile, denn Tokue ist durch eine Krankheit entstellt und wird deshalb von den Menschen gemieden. Durch die Arbeit im Imbiss wirkt sie im hohen Alter das erste Mal frei von den Einschränkungen, die ihr ihre Krankheit auferlegt hat. 
Das Zusammentreffen der Menschen in dieser Geschichte bewirkt etwas Wunderbares, auch wenn es traurige Momente gibt, überwiegt beim Lesen das Gefühl, das jetzt etwas richtig ist, da die drei sich gefunden haben. Sie geben sich Halt und inspirieren einander auf völlig unterschiedliche Weise . Sie geben sich einen leichten Wink in eine neue Richtung, einen neuen Versuch im Leben. „Kirschblüten und rote Bohnen“ bezaubert durch seine Zartheit und die liebevolle Erzählweise von Durian Sukegawa. Obwohl über der Geschichte eine Melancholie schwebt, die man nicht richtig greifen kann, lässt einen das Buch nie traurig zurück, sondern voller Hoffnung auf alles was noch kommen mag. Es ist ein besonderes Buch für besondere Lesemomente.

Das Buch wurde in Japan bereits verfilmt und momentan läuft der Film auch in einigen deutschen Kinos. 




Kate Morton "Das Seehaus"

Sadie Sparrow wurde als Polizistin vom Dienst suspendiert, weil sie sich nicht an die Regeln gehalten und Informationen an die Presse weitergegeben hat. Um abzuschalten fährt sie zu ihrem Großvater Bernie nach Cornwall, wo sie beim Joggen ein einsames Haus entdeckt. Alles wirkt, als wäre es fluchtartig verlassen worden und nach einigen Recherchen findet Sadie heraus, was auf dem Grundstück vorgefallen ist: In den dreißiger Jahren ist der Sohn der dort lebenden Familie Edevane spurlos verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Kurz danach verließ die Familie das Haus und zog nach London. Der ungelöste Fall reizt Sadie als Polizistin und lenkt sie von ihren eigenen Problemen ab. Schnell steckt sie mitten drin in ihrer eigenen Ermittlung und begibt sich auf die Suche nach den Hintergründen von Theo Edevanes Verschwinden.
Der neue Roman „Das Seehaus“ von Kate Morton ist derart dicht und spannend geschrieben, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Mit Sadie schafft sie eine sehr sympathische aber auch streitbare Hauptfigur, die sich völlig in die Ermittlungen verbeißen kann und darin aufgeht. Die andere Seite der Geschichte erzählt Alice Edevane, die ältere Schwester des verschwundenen Theo und inzwischen ausgesprochen erfolgreiche Krimiautorin. Sie glaubt zu wissen, was damals mit ihrem Bruder passierte und gibt sich die Schuld daran. Über die Jahre ist sie so eine zwar bekannte aber zurückgezogene und fast eigenbrötlerische Frau geworden, die niemanden an sich heranlässt und sich von der Geschichte abzuschotten versucht. So wird sie zur Gegenposition von Sadie, der das Wissen von Alice fehlt, die dafür aber den Ehrgeiz hat, den Fall zu lösen.
Als Leser kommt man nicht umhin, beide Figuren zu mögen und sie mit viel Zuneigung durch ihre Geschichte zu begleiten. Kate Morton erzählt die Handlung auf mehreren Zeitebenen im Verlauf des 20. Jahrhunderts über die Zeit der zwei Weltkriege hinweg, so dass man immer etwas mehr Informationen hat als die beiden Hauptfiguren, was ihre Geschichten umso spannender macht. Besonders mit Alices Mutter Eleonore schafft die Autorin eine fast tragische, gefangene Gestalt, die all das wurde was sie nie sein wollte.
„Das Seehaus“ ist eine sehr komplexe Geschichte, die nie ihre logische Struktur verliert. Bis zum Schluss hält die Autorin die Fäden in der Hand und führt den Leser mehr als einmal an der Nase rum, der ganz im Stil des Privatdetektivs aus Alice Edevanes erfolgreichen Krimis schon meinte, den Fall gelöst zu haben. Ein großartiges, spannendes und mitreißendes Buch, das einen einfach nicht loslassen will. 

Hier geht es zur Leseprobe des Diana Verlags.


Donnerstag, 24. März 2016

Eve Chase "Black Rabbit Hall"

Irgendetwas zieht Lorna an diesem Haus magisch an: Black Rabbit Hall, ein herrschaftliches Anwesen in Cornwall wie aus längst vergangenen Zeiten. Gemeinsam mit ihrem Verlobten Jon schaut sie sich das Haus als Hochzeitslocation an und Lorna ist sofort von dem Haus fasziniert. Sie beginnt, die Geschichte des Hauses zu recherchieren und stößt auf eine tragische Geschichte.
Eve Chase ist mit „Black Rabbit Hall“ ein spannender und auch bewegender Roman über die Geschehnisse auf dem Anwesen, das eigentlich Pencraw Hall heißt, gelungen. Die Geschichte spielt nicht wie so häufig in der Hochzeit der Herrschaftshäuser vor dem Ersten Weltkrieg oder in den bewegenden 20er Jahren, sondern im Jahre 1968. Das Haus beginnt zu verfallen, der Unterhalt ist schwierig und die Familie Alton fährt nur noch in den Ferien nach Black Rabbit Hall und verbringt die restliche Zeit in London. Gerade dieser beginnende Untergang macht aber auch den Charme des Buches es aus, es ist eben kein romantisches Buch über die große Liebe in bewegenden Zeiten, sondern über die tragische Geschichte, die in dem kleinen Mikrokosmos Familie abläuft, wenn eine Person herausgerissen wird und alle wie zerstört zurückbleiben und nach einem neuen Haltepunkt untereinander suchen. Eve Chase beschreibt ihre Figuren so lebhaft, dass man beim Lesen wirklich ganz nah bei Ihnen ist. Amber ist in den historischen Rückblenden die Hauptperson und erzählt aus der Ich-Perspektive, so dass sie dem Leser noch näher kommt, als die anderen Figuren. Doch auch deren Angst und Zerrissenheit wird in Ambers Beschreibungen sehr deutlich. Die ganze Familie kommt einem als Leser sehr nahe. Dabei ist die Geschichte sehr ruhig und gut konstruiert, so dass am Ende alle losen Fäden zu einem Ende zusammengesponnen werden und man das Gefühl hat, endlich das große Ganze zu verstehen.
„Black Rabbit Hall“ ist spannend, bewegend, traurig und liebevoll zugleich und sich mit Lorna gemeinsam auf die Spurensuche in der Familie Alton zu begeben, kann ich nur jedem Leser empfehlen.




Mittwoch, 23. März 2016

Moritz Matthies "Dickes Fell"

Hörbuch Dickes Fell„Dickes Fell“ ist der inzwischen vierte Fall für die Erdmännchen Rufus und Ray und ihren menschlichen Kompagnon Phil. Doch dieses Mal helfen die beiden nicht ihrem Freund bei einem Fall, ihr Freund ist der Fall. Angeschossen schleppt er sich noch bis zum Erdmännchengehege im Berliner Zoo, um seinen Kumpel Ray mit der Untersuchung seines Falls zu beauftragen. Ohne menschliche Hilfe werden die Ermittlungen für die Erdmännchen ganz schön schwierig und sie müssen sich als Hilfe die Gorillas ins Team holen, um Phils Familie zu beschützen.
Gelesen wird das Hörbuch wieder von Christoph Maria Herbst, der den Text großartig inszeniert. Die Gespräche der Erdmännchen, die bei Herbst alle eine sehr individuelle Tonlage und Aussprache bekommen, sind an Komik kaum zu überbieten und auch die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Erdmännchen, Mensch und Gorilla sorgt für einige Unterhaltung. Dennoch ist die Geschichte keineswegs nur sinnlos und albern. Phils Familie muss vor einem Gangsterboss beschützt werden und Rufus und Ray sind gezwungen, einiges an Witz aufzubieten, um sich in der Menschenwelt durchzusetzen. Sehr hilfreich ist dabei, dass Rufus das wohl einzige Erdmännchen ist, das fließend lesen und schreiben kann, ein IPad hat und in der Lage ist, sich in Computersysteme zu hacken. Jedes Tier ist ein einzigartiger Charakter und arbeitet wie ein professionelles Team aus Polizisten an der Lösung des Falls, was die Geschichte nicht nur witzig, sondern auch hochspannend macht.

Ich war wieder einmal begeistert von dem Hörbuch zu „Dickes Fell“ von Moritz Matthies und freue mich schon auf den nächsten Fall der Erdmännchen-Detektive. 

Freitag, 18. März 2016

Katherine Webb "Italienische Nächte"

Apulien im Jahre 1921. Die junge Engländerin Clare reist mit ihrem Stiefsohn Pip nach Gioia de Colle, um ihrem Mann Boyd beizustehen, der als Architekt für einen örtlichen Großgrundbesitzer sein Haus umgestalten soll. Doch statt eines ruhigen Sommerurlaubs erlebt Clare die Konfrontation der reichen Grundbesitzer und den hungernden Tagelöhnern hautnah mit und gerät sogar zwischen die Fronten. Während ihr Gastgeber immer geheimnisvoller für sie wird, lässt sie sich auf eine verhängnisvolle Liebesaffäre ein, die ihre ganze Familie in den Abgrund reißen könnte.
Wer bei „Italienische Nächte“ noch an eine kitschige Liebesgeschichte vor den Sonnenuntergängen der Amalfi-Küste dachte, wird im Verlauf der Geschichte äußerst positiv überrascht. Der Autorin gelingt es, Clares Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der erbitterten Kämpfe der Tagelöhner in Süditalien um ein Minimum an Nahrung und dem Aufbruch des Faschismus in Italien zu zeigen. Clare ist schockiert, als sie sich mit der Realität der einfachen Menschen konfrontiert sieht, umso mehr als sie erfährt, dass ihr Gastgeber Leandro früher selbst zu einer ihrer Familien gehörte und dennoch nichts gegen das Elend zu unternehmen scheint. Ein großes Geheimnis macht dieser zudem um die Herkunft seines Geldes, klar ist nur, dass er Clares Mann in New York kennengelernt hat.
Katherine Webb hat nicht nur eine großartige Liebesgeschichte geschrieben, sondern auch einen unglaublich spannenden Roman über die gesellschaftlichen Strukturen im Süditalien Anfang die zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts, den Einfluss des ersten Weltkriegs auf die Menschen und das erste Aufblitzen des Faschismus, der Italien später im  Zweiten Weltkrieg an die Seite Deutschlands stellte. Durch die Konzentration auf einen kleinen Ort und ein streng begrenztes Personal ist es für den Leser wie der Blick durch ein Schlüsselloch auf einen kurzen Moment in Raum und Zeit, der dennoch das Leben so vieler Menschen verändert. Ein großartiges Buch, dass viel mehr hält als das romantische Cover verspricht. 

Hier geht es zur Leseprobe vom Diana Verlag. 

Dienstag, 15. März 2016

Melanie Summer "Eine Therapie für Aristoteles"

Aristoteles, genannt Aris, ist 12 Jahre alt und lebt mir ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder in Georgia. Dort sind sie nach dem Tod ihres Vaters hingezogen und seit dem leben sie mehr oder weniger in einem ständigen Chaos, einem auf und ab aus Glück und Verzweiflung. In „Eine Therapie für Aristoteles“ beschreibt Aris dieses Leben, während sie, um sich selbst in dem Chaos zu therapieren, gleichzeitig einen Roman über dieses Leben schreibt. Und so ist dieses Buch gleichzeitig die Geschichte, wie Aris einen Roman schreibt als auch der Roman, den Aris in dem Buch schreibt, was für viele witzige und unterhaltsame Momente sorgt. 
Bei Ihrer Arbeit orientiert sie sich an dem Ratgeber „Romane schreiben in 30 Tagen“ und steht dementsprechend etwas unter Zeitdruck, denn nach 30 Tagen soll ihr Roman auch fertig sein. Sie schreibt ihn aber nicht nur als Therapie, sondern wie sie dem Leser erklärt, um die Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten (natürlich muss ihr Roman ein Bestseller werden). Ihre Mutter arbeitet am College und verdient schlecht, ihr Bruder muss wegen psychischer Probleme eine Therapie machen und ihre Großeltern erinnerten mich beim Lesen immer mehr an die Großeltern aus „Gilmore Girls“, die es zwar gut meinen, aber dies auf eine furchtbare Art und Weise kommunizieren, ohne Rücksicht auf die Gefühle von Aris und ihrer Mutter. 

Melanie Summer hat mit „Eine Therapie für Aristoteles“ ein kluges und unterhaltsames Jugendbuch geschrieben, dass alle Themen von Liebeskummer über Familienprobleme bis zum Schulproblemen anspricht und dabei sehr viel Spaß macht. 

Sonntag, 13. März 2016

Lucy Foley "Die Stunde der Liebenden"

Es ist das Jahr 1986 als die junge Fotografin Kate, die erst vor kurzem ihre Mutter verloren hat, auch Evie beerdigen muss, ihre Stief-Großmutter. Als Kates Mutter zur Adoption gegeben wurde, nahm Evie sie auf und half ihr auf ihrem Weg, eine große Primaballerina zu werden. Auf dem Sterbebett hat Kate von Evie erfahren, dass es Briefe und eine Zeichnung von ihrer wahren Großmutter gibt, die Evie jedoch aus Angst vor dem Verlust immer vor Kate und ihrer Mutter versteckt hat. Nach ihrem Tod begibt sich Kate auf die Suche nach ihrer Familiengeschichte und findet den Anknüpfungspunkt auf den wilden Partys der goldenen Zwanziger Jahre. 
Lucy Foley schafft mit „Die Stunde der Liebenden“ einen wunderbaren Bogen zwischen dem Leben von Kate und dem Leben ihrer Großmutter in den 20er und 30er Jahren, als sie den zu Kates Lebzeiten berühmten Maler Tom Stafford kennenlernte. Durch Rückblenden erfährt Kate Stück für Stück ihre Familiengeschichte und als Leser entdeckt man dadurch gemeinsam mit der Hauptfigur die vielen Geheimnisse, die ihre wahre Großmutter Alice verborgen hat. Das Leben von Alice wird sehr anschaulich beschrieben und der Autorin gelingt es ausgezeichnet, sowohl Alice und ihre Motive als auch Kates Wut zu verstehen, dass diese ihre Mutter damals im Stich gelassen hat. Sie ist hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihre Geschichte zu kennen und der Angst, damit ihre Adoptivgroßmutter nachträglich noch zu hintergehen, weil sie ihre Rolle durch die Suche nach Alice in Frage stellt. Diese schwierige Geschichte einer jungen und unsicheren Frau beschreibt Lucy Foley vor der wunderschön erzählten Kulisse von Liebe, Angst und Eifersucht. Es hat sehr viel Freude gemacht, sich mit Kate auf die Suche nach ihren Geheimnissen zu begeben und die Geschichte von Alice Stück für Stück kennenzulernen. Ob Kate wirklich die ganze Geschichte erfährt und ob es das ist, was sie sich erhofft hat muss jeder Leser gemeinsam mit Kate herausfinden. „Die Stunde der Liebenden“ von Lucy Foley ist ein äußerst gelungener Debütroman, man darf gespannt sein auf den nächsten Roman der Autorin. 





Dienstag, 8. März 2016

Rita Falk "Griessnockerlaffäre"

Franz Eberhofer wird als Kommissar selbst Verdächtiger in einem Mordfall: Sein ungeliebter Vorgesetzter Barschel wird nach einer Hochzeitsfeier, auf der auch war, Tod aufgefunden, mit Eberhofers Messer ermordet. Doch der örtliche Richter schützt ihn vor der Verfolgung durch seine Kollegen, so dass er in Ruhe selbst ermitteln und mit seinem ehemaligen Kollegen und jetzigem Privatdetektiv Birkenbacher den Fall aufklären kann. Nebenbei gibt es auch noch einige private Verwicklungen, als eine Jugendliebe seiner Oma wieder auftaucht und das geruhsame Familienleben durcheinander bringt
Leider ist die Geschichte an den Haaren herbeigezogen und Franz Eberhofer wirkt nicht wie ein sympathischer Provinzpolizist sondern wie ein überheblicher Macho, der weder Respekt vor Frauen noch vor seinen Freunden hat. Seine Immer-mal-wieder-Freundin Susi betrügt er nach Strich und Faden, ohne dass es ihm auch nur Leid tut und dass sie in einer unglaublich dümmlichen Art ihm einfach alles durchgehen lässt, in der Hoffnung, dass er ihr doch irgendwann im Leben noch einmal einen Antrag macht, ist nur schwer zu ertragen. Dir Mordgeschichte erscheint auch eher unlogisch und unglaubwürdig und ist eh nur Nebenschauplatz in einem Buch, in dem es eigentlich nur darum geht, wer wann an der Theke sitzt und Bier trinkt, wer wem Leberkäsesemmeln verkauft und warum die Oma eigentlich ein eigenes Leben haben darf.

Das einzig Gute an diesem Hörbuch ist Christian Tramitz, der dem Franz Eberhofer wieder seine Stimme leiht und aus der Geschichte durch seine Darstellung wirklich noch das Allerbeste rausholt. Die Geschichte an sich war es meiner Meinung nach nicht wert, erzählt oder gelesen zu werden. 

Montag, 7. März 2016

Margarete Bertschik "Zeit der Kornblumen"

Marie Hofstedde wird auf einem kleinen Bauernhof während des Ersten Weltkriegs geboren. Als Tochter eines Bauern erlebt sie schon in jungen Jahren die harte Arbeit auf dem Hof und geht später als Magd zu einem Großbauern, bevor sie einen Bauernsohn aus der Umgebung heiratet. Erst nach dessen Tod hat sie den Mut, sich ihre Träume zu erfüllen und ein neues Leben zu wagen.

Margarete Bertschick beschreibt in ihrem Roman „Zeit der Kornblumen“ das Leben von Marie Hofstedde von ihrer Kindheit bis zu ihrem Tod mit 92 Jahren. Die Beschreibungen der Personen und der Umgebung sind dabei sehr liebevoll gestaltet und es ist interessant, Marie durch ein ganzes Jahrhundert zu begleiten. Durch Zeitsprünge erhöht die Autorin die Spannung, da man Maries Leben nicht chronologisch folgt, sondern immer einmal wieder in die Zukunft springt. Leider empfand ich das Buch davon abgesehen nicht als besonders spannend oder mitreißend. Zwar erfährt man einiges über Marie und ihrer Familie, eine wirkliche Beziehung zu ihr konnte ich beim Lesen jedoch nicht aufbauen. Sie führt ein Leben, wie es für die Zeit in der sie geboren wurde absolut typisch war und passt sich im Laufe der Zeit den moderneren Vorstellungen an. Dennoch fehlte mir etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches, was Maries Geschichte erzählenswert macht. Warum sie und nicht eine der vielen anderen Frauen, die das gleiche erlebt haben?

Wer sich für die Geschichte des 20. Jahrhunderts interessiert, bekommt mit diesem Roman am Leben von Marie Hofstedde erläutert einen schönen und flüssig geschriebenen Überblick, was die historischen Geschehnisse für die Menschen bedeuteten. Wirklich begeistern konnte mich das Buch jedoch leider nicht.

Sonntag, 6. März 2016

Angeles Doñate "Der schönste Grund, Briefe zu schreiben"

Das Postamt in Porvenir, einem kleinen spanischen Dorf, soll geschlossen und die Postbotin Sara nach Madrid versetzt werden. Rosa, eine ältere Dame die schon bei Saras Geburt dabei war und mit ihr und Saras drei Kindern schon seit Jahren in einem Haus lebt, will das nicht zulassen. Damit Sara wieder mehr zu tun hat und das Postamt erhalten bleibt, startet sie eine Briefkette durch den Ort und beginnt mit einem für sie selbst sehr emotionalen Brief. Sie schreibt an ihre Jugendfreundin, die damals den Kontakt abbrach, nachdem Rosa sich in ihren Freund verliebte und ihn später auch heiratete. Ob Rosa auf ihren Brief eine Antwort erhält und ob die Briefkette wohl zum Erhalt von Saras Arbeitsplatz führen kann? 
Ángeles Doñates Debütroman „Der schönste Grund, Briefe zu schrieben“ ist ein wunderschöner und stimmungsvoller Roman über das Leben, die Liebe und alte Freundschaften. Durch die Briefkette, die durch den Ort wandert, lernt der Leser die verschiedensten Charaktere kennen, die alle eins verbindet: Durch einen Brief lassen sie eine andere, ihnen unbekannte Person an ihren persönlichsten Gedanken teilhaben und setzten so die Kette durch Porvenir fort. Und dabei merkt man schnell, dass jede Person, ob alt oder jung, erfolgreich, verzweifelt oder glücklich, etwas besonderes und einmaliges ist. Jeder Mensch hat eine Geschichte, die ihn von all den anderen Personen unterscheidet, die ihn einzigartig macht. Egal ob die berühmte und weitgereiste Dichterin Mara Polsky oder Alex, ein junger Mann der das Dorf nie wirklich verlassen hat, weil er seinen dementen Vater pflegt, es hat doch jeder eine Geschichte zu erzählen, die einen berührt und für kurze Zeit an seinem Leben teilhaben lässt. Mit der Zeit wird Brief- und Personengeflecht immer dichter und als Leser wünscht man den Personen nur eins: Das sie ihr Glück finden, wie es auch aussehen mag. 
„Der schönste Grund, Briefe zu schreiben“ ist ein Buch wie ein wunderschöner Traum, so liebevoll und mitreißend, dass man immer wieder dorthin zurückkehren will. 

Mittwoch, 2. März 2016

Martha Sophie Marcus "Herrin des Nordens"

Ingunn lebt als Tochter des Händlers Sigmund im Jahr 1044 in Haithabu, einem dänischen Handelsstützpunkt. Ihr Leben ist geprägt von den Kämpfen zwischen dem dänischen König Sven und dem norwegischen König Harald, der die Dänen immer wieder angreift und auch Haithabu nicht verschont. Sie ist ein noch ein junges Mädchen und verliebt in den Krieger Torge, der in England kämpft und auf den sie warten will. Doch ihr Leben verläuft anders als erwartet und bringt für Ingunn mehr, als ein Leben als Hausfrau und Mutter. Schon früh muss sie beweisen, dass auch als Frau selbständig sein und sich durchsetzen kann.
Martha Sophie Marcus beschreibt in ihrem Roman „Herrin des Nordens“ eine spannende Zeit des Übergangs in der Geschichte der nordischen Völker. Das Christentum breitet sich immer weiter aus und drängt den Glauben an die alten Götter wie Freya, Odin und Thor zurück. Auch Ingunn muss erfahren, dass die gläubigen Christen ihren Gott als einzig wahren ansehen und kein Verständnis für die rückständigen „Heiden“ haben. Ingunns Mutter wendet sich nach dem frühen Tod ihrer anderen Kinder dem Christentum zu, so dass die junge Ingunn sich ständig mit der Enttäuschung ihrer Mutter über ihren falschen Glauben konfrontiert sieht. Ihr Vater jedoch schätzt sie als Mensch und fördert sie, wo er kann, obwohl sie eine Frau ist. Er bildet sie zur Händlerin aus, lässt sie nützliche Sprachen lernen und fordert von ihr, eine selbständige starke Frau zu werden. Jedoch nicht um die Geschäfte später selbst zu führen, sondern um ihrem Mann zur Seite stehen  zu können, der natürlich das Geschäft übernehmen soll.
Die Konfrontation der Religionen und die starke Rolle der Frauen in der Gesellschaft haben mich an diesem Roman am meisten fasziniert. Die Autorin schafft es, das Leben in der damaligen Zeit sehr detailliert und lebensnah zu beschreiben, so dass einem die Sitten und Gebräuche schnell vertraut sind und man die Personen in ihren Handlungen besser versteht. Die Geschichte beginnt sehr ruhig, nimmt dann aber Fahrt auf und wird immer spannender, so dass ich das Buch gegen Ende gar nicht mehr aus der Hand legen mochte. Der Roman hebt sich von vielen anderen historischen Romanen auch dadurch ab, dass er nicht im späteren Mittelalter spielt, sondern sich mit dem Beginn der Verbreitung des Christentums im Norden und der Zeit der späten Wikinger auseinandersetzt. Zudem spielt Ingunns Liebesgeschichte zu einem Mann zwar eine Rolle, ist aber nicht der einzige Zweck der Erzählung, vielmehr geht es um eine gute Darstellung der damaligen Zeit, was mir sehr gut gefallen hat. Martha Sophie Marcus ist ein sehr guter historischer Roman gelungen, der sich positiv von vielen anderen Geschichten in dem Genre abhebt.