Dienstag, 4. Oktober 2011

Katerina Poladjan "In einer Nacht, woanders"


Mascha ist Lehrerin in Deutschland und reist nach dem Tod ihrer Großmutter Tamara in ihre Heimat Russland, um das geerbte Haus zu verkaufen. Dort trifft sie mit Pjotr einen alten Bekannten wieder, der ihr beim Verkauf des Hauses helfen soll und schon einen Interessenten an der Hand hat.  Die Reise von Mascha in ihre Heimat ist gleichzeitig eine Reise in ihre Kindheit und die Vergangenheit ihrer Mutter, die früh eine Affäre mit ihrem Kunstlehrer hatte und dann schwanger wurde. In vielen Andeutungen beschreibt die Autorin die psychischen Probleme der Mutter, die unsicher durch ihr Leben taumelte und jetzt in Berlin einer psychatrischen Anstalt lebt. Gleichzeitig wird klar, dass Mascha wie einer Wanderer auf der Grenze beider Welten unterwegs ist, Russland und Deutschland, doch nirgendwo angekommen ist. In Deutschland ist sie die Russin, und in Russland die Verräterin aus Deutschland, die ihre Heimat im Stich gelassen hat.
Der Stil der Geschichte hebt sich von vielen anderen Büchern ab, der Leser folgt Maschas Gedanken genauso chaotisch, wie sie in ihrem Kopf herumschwirren, ohne klare Trennung von Realität, Erinnerung, Träumereien und direkter Rede. Dies macht es einerseits schwierig, der Geschichte zu folgen, gleichzeitig ermöglicht es jedoch eine große Nähe zu der Protagonistin des Romans. 
Maschas Leben fordert die volle Aufmerksamkeit des Lesers, der bereit sein muss, sich auf die Besonderheit dieses Buches einzulassen. Doch dann findet man eine wunderbare Geschichte über Frau, die zwischen zwei Leben festzuhängen scheint, ohne jemals anzukommen, ständig auf der Suche, ohne wirklich zu wissen wonach.

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