Lucy wurde im Dschungel der Demokratischen Republik Kongo geboren und ist fünfzehn, als sie nach Amerika kommt. Ihr Vater ist Forscher und wird während der Unruhen des Bürgerkriegs erschossen, Lucy wird von der Primatenforscherin Jenny gerettet, die ihr Lager zwei Tagesmärsche entfernt aufgeschlagen hat und mit ihr gemeinsam flieht. Sie nimmt das Mädchen mit nach Amerika und will ihre Familie ausfindig machen. Doch schnell muss sie erkennen, dass Lucy kein normales Mädchen ist. Sie ist das Ergebnis eines Experiments ihres Vaters, der beweisen wollte, dass man durch die Kreuzung von Bonobos und Menschen eine neue, bessere Art des Menschen schaffen könnte.
Der Roman von Laurence Gonzales unterscheidet sich von allem, was ich bisher gelesen habe, er ist wahnsinnig spannend und gleichzeitig irritierend. Es werden grundlegende bioethische Fragen aufgeworfen: Was darf der Mensch überhaupt im Rahmen der Forschung tun? Und wie geht man mit dem Ergebnis um, das nun einmal vorhanden ist, ohne selbst schuld daran zu sein? Über allem schwebt die Suche danach, wozu der Mensch letztendlich fähig ist in seinem Wunsch, die Natur endgültig zu beherrschen und die gleichzeitige Angst davor, wie man mit dem Ergebnis dieser Forschung umgehen soll. Politik und Medien veranstalten eine Hetzjagd auf Lucy, religiöse Eiferer wollen sie tot sehen, Forscher sehen in ihr eine einzigartige Möglichkeit der Erforschung von Primaten. Doch bei allem ist Lucy einfach ein amerikanischer Teenager geworden, der auf den Abschlussball geht und mit ihrer besten Freundin auf Facebook und YouTube aktiv ist.
„Lucy“ ist ein faszinierender Roman, der Autor scheut sich nicht, zentrale Fragen des Menschen aufzuwerfen und sich ihnen in der fiktiven Geschichte zu stellen. Was macht einen Menschen eigentlich aus? Seine DNA? Seine Fähigkeit zu sprechen, mit anderen Menschen zu fühlen, aufrecht zu gehen? Eine abschließende Antwort gibt er dem Leser jedoch nicht, jeder muss sich selbst mit Lucy auseinandersetzen. Ein außergewöhnlicher Roman, den man gelesen haben muss!
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