Shylock und
Strulovitch lernen sich zufällig kennen, auf einem jüdischen Friedhof kommen
sie ins Gespräch und der Kunstsammler Strulovitch lädt Shylock in sein Haus
ein. Dessen Tochter ist verschwunden, während Strulovitchs Teenager-Tochter
Beatrice grundsätzlich zwar noch zu Hause wohnt, aber eindeutig ihre Grenzen
testet. Neuester Coup ist die Freundschaft zu It-Girl Plurabelle und die Beziehung
zu seinem Fußballprofi, der zu allem Überfluss auch noch kein Jude ist. Für Strulovitch
gibt es nur eine Möglichkeit, die Beziehung zu legitimieren: Der Fußballprofi
soll sich nachträglich beschneiden lassen. Das erscheint dem jedoch etwas zu
gewagt und die Geschichte nimmt Fahrt auf.
Howard Jacobsons
Roman „Shylock“ ist im Rahmen des Hogarth Shakespeare-Projekts bei Knaus
erschienen und ist eine Neubehandlung von Shakespeares Stoff aus „Der Kaufmann
von Vendig“. Schwerpunkt des Romans sind die Gespräche zwischen Shylock und
Strulovitch, in denen es hauptsächlich um ihre jüdische Identität geht,
inwieweit sie sie beeinflusst und wo die Grenzen sind, die sie nicht
überschreiten würden. Strulovitch wurde selber von seinem Vater enterbt, als er
eine Christin heiratete, trotzdem stellt er jetzt fest, dass er als Vater
ebenso handelt und sich nicht vorstellen kann, dass Beatrice keinen Juden
heiratet. Die Gespräche zwischen Shylock und Strulovitch sind höchst amüsant zu
lesen, sie haben sich scheinbar völlig in eine Blase zurückgezogen, aus der sie
Entscheidungen treffen, die am Leben vorbeizugehen scheinen. So hat Beatrice
dann auch entsprechend wenig Verständnis für die Vorstellungen ihres Vaters.
Die Geschichte mit der nachträglichen Beschneidung führt Jacobson am Ende
derart ad absurdum, dass man beim Lesen nur noch lachend den Kopf schütteln
kann.
Der Roman „Shylock“
von Howard Jacobson ist ein witziger Parforceritt durch das jüdische
Selbstverständnis der Hauptfiguren und sehr unterhaltsam zu lesen, daher kann
ich den Roman nicht nur Shakespeare-Fans guten Gewissens weiterempfehlen.
✮✮✮✮✰
Hier geht es zu weiteren Informationen des Knaus Verlag, der Leseprobe und zum Hogarth Shakespeare-Projekt.
Ebenfalls im Rahmen des Projekts erschienen ist Anne Tylers Roman "Die störrische Braut".
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