Thirza Zorniger
ist das Produkt einer leidenschaftlichen Beziehung zwischen dem Schauspieler
Carlos Zorniger und Gudrun, Tochter von Strafrichter Wilhelm Kargus. Doch die
Beziehung zerbricht und Thirza wächst bei ihrem Großvater und den Tanten in
Parsing auf, nachdem ihre Mutter überfordert die Erziehung der Tochter aufgibt.
Dort entwickelt sie den Wunsch, ebenso wie ihr Großvater, den sie sonst nicht besonders
zu mögen scheint, Juristin zu werden und es bis in den Münchener Justizpalast
zu schaffen.
Petra Morsbach
erzählt in „Justizpalast“ ausgiebig von Thirzas Leben, ihren Jugendjahren, aber
hauptsächlich von ihrer Zeit als aktiver Juristin in verschiedensten
Themengebieten. Familiengericht, Gnadenabteilung im Ministerium,
Beschwerdekammer, Kartellrecht – durch all diese Bereiche arbeitet sich Thirza
und was vielleicht langweilig klingt, ist ein hochspannender Roman über Recht
und Gerechtigkeit. Bereits im Studium diskutiert Thirza mit Kommilitonen
Radbruch und die Frage, welche Rolle Recht und Gesetz und welche darin die
Richter zu spielen haben. Gibt es so etwas wie rechtgewordenes Unrecht? Diese
Frage ist direkte Folge aus dem Fehlverhalten der Richter in der Nazi-Diktatur
und beschäftigt Thirza ihr ganzes Leben lang. Der Roman „Justizpalast“ ist
nicht nur spannend, man lernt auch eine Menge über Rechtsauslegung,
Rechtsphilosophie und das Selbstverständnis der Justiz. Immer wieder werden
Fälle eingeflochten, die Thirza verhandelt, was den Roman so nah und lebensecht
macht, dass man manchmal vergisst, dass man eine fiktive, keine reale
Geschichte liest.
Thirza ist eine
sehr spezielle Persönlichkeit, privat sehr gehemmt, sucht sie Erfüllung im
Beruf und hat sich von der Vorstellung, in einer Beziehung glücklich zu werden,
schnell verabschiedet. Sie kämpft in einer Zeit um Anerkennung, als Frauen in
der Justiz selten und im Richteramt noch seltener waren. Jedenfalls zu Beginn,
denn Morsbach lässt uns an Thirzas Beispiel auch die Geschichte der deutschen
Justiz in der Nachkriegszeit erleben, die Veränderung der Probleme und
Fragestellungen und die Komplexität des Rechts durch immer neue Gegebenheiten
von Außen.
Ich halte Petra
Morsbachs Roman „Justizpalast“ für einen herausragenden Roman. Die Autorin
bereitet ein zunächst langweilig erscheinendes Thema wie ein Leben für die
Justiz so spannend auf, dass man den Roman kaum noch aus der Hand legen kann.
Durch Thirzas speziellen Charakter wird das Buch noch kurzweiliger und selbst
komplizierte Stellen über rechtsphilosophische Diskussion schreibt sie so klar
und fesselnd, dass man sich keinesfalls abgeschreckt fühlt. Thirza wächst einem
ans Herz und ihr uneingeschränktes Streben nach Gerechtigkeit schafft großen
Respekt vor dieser Figur.
Von mir gibt es eine uneingeschränkte Empfehlung für
diesen Roman verbunden mit der Bitte, sich nicht abschrecken zu lassen vom
vielleicht schwierigen Thema, denn Petra Morsbach macht es dem Leser
unglaublich leicht, sich darauf zu einzulassen.
✮✮✮✮✮
Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen des Knaus Verlags.
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