Apulien im Jahre 1921. Die junge Engländerin
Clare reist mit ihrem Stiefsohn Pip nach Gioia de Colle, um ihrem Mann Boyd
beizustehen, der als Architekt für einen örtlichen Großgrundbesitzer sein Haus
umgestalten soll. Doch statt eines ruhigen Sommerurlaubs erlebt Clare die
Konfrontation der reichen Grundbesitzer und den hungernden Tagelöhnern hautnah
mit und gerät sogar zwischen die Fronten. Während ihr Gastgeber immer
geheimnisvoller für sie wird, lässt sie sich auf eine verhängnisvolle Liebesaffäre
ein, die ihre ganze Familie in den Abgrund reißen könnte.
Wer bei „Italienische Nächte“ noch an
eine kitschige Liebesgeschichte vor den Sonnenuntergängen der Amalfi-Küste
dachte, wird im Verlauf der Geschichte äußerst positiv überrascht. Der Autorin
gelingt es, Clares Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der erbitterten Kämpfe
der Tagelöhner in Süditalien um ein Minimum an Nahrung und dem Aufbruch des
Faschismus in Italien zu zeigen. Clare ist schockiert, als sie sich mit der Realität
der einfachen Menschen konfrontiert sieht, umso mehr als sie erfährt, dass ihr
Gastgeber Leandro früher selbst zu einer ihrer Familien gehörte und dennoch
nichts gegen das Elend zu unternehmen scheint. Ein großes Geheimnis macht
dieser zudem um die Herkunft seines Geldes, klar ist nur, dass er Clares Mann
in New York kennengelernt hat.
Katherine Webb hat nicht nur eine
großartige Liebesgeschichte geschrieben, sondern auch einen unglaublich
spannenden Roman über die gesellschaftlichen Strukturen im Süditalien Anfang die
zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts, den Einfluss des ersten Weltkriegs auf
die Menschen und das erste Aufblitzen des Faschismus, der Italien später
im Zweiten Weltkrieg an die Seite
Deutschlands stellte. Durch die Konzentration auf einen kleinen Ort und ein
streng begrenztes Personal ist es für den Leser wie der Blick durch ein
Schlüsselloch auf einen kurzen Moment in Raum und Zeit, der dennoch das Leben
so vieler Menschen verändert. Ein großartiges Buch, dass viel mehr hält als das
romantische Cover verspricht.
Hier geht es zur Leseprobe vom Diana Verlag.
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