Als Papst Benedikt XVI. im Jahr 2013 zurücktritt scheint ein wahres Erdbeben durch die katholische Kirche zu gehen. Papst war kein Amt auf Zeit, sondern für den Rest des Lebens. Wie sollte es jetzt weitergehen? Welche Rolle sollte der alte Papst spielen, welche der neue? Und wer würde überhaupt neuer Papst werden und welche Veränderungen würde er der angeschlagenen katholischen Kirche bringen? All diesen Fragen geht Anthony McCarten in seinem beeindruckenden Buch „Die zwei Päpste“ nach.
Ich bin mit wenig Vorwissen an die Geschichte von Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus herangegangen, natürlich kennt man die groben Fakten ihrer Herkunft und Biographie, doch mich erwartete viel Neues in diesem Buch. Sehr interessant beschreibt McCarten den Übergang von Johannes Paul II. nach einem sehr langen Papsttum zu Benedikt, einem als erzkonservativ geltenden Kardinal, von dem man sich wenig Neues erhoffen konnte. Er berichtet auch aus Hintergrundinformationen über den Ablauf des Konklave sowohl bei der Wahl von Benedikt als auch einige Jahre später von Franziskus, von den Abwägungen der anderen Kardinäle und den verschiedenen Interessengruppen, die eine Rolle gespielt haben. Besonders interessant fand ich jedoch die Biographien von Benedikt und Franziskus, die er sehr sehr ausgiebig beschreibt und daraus auch ihre Herangehensweise an das Amt als Papst erklärt. Auch die dunklen Seiten werden nicht ausgelassen, natürlich zum einen die vertuschten Missbrauchsskandale der katholischen Kirche, die bis heute immer wieder unter den Teppich gekehrt und zu wenig aufgearbeitet werden. Zum anderen aber auch das Verhalten von Franziskus während der Gewaltherrschaft in seinem Heimatland Argentinien und die unrühmliche Rolle, die er und die katholische Kirche dabei spielten.
Anthony McCarten ist mit „Die zwei Päpste“ etwas Seltenes gelungen, er hat die Portraits von zwei Päpsten geschaffen, die ehrlich und kritisch sind, ohne nur zu verurteilen. Mit vielen spannenden Details zeigt er Verfehlungen genauso auf wie Möglichkeiten und nimmt seine Leserinnen und Leser so mit auf eine spannende Reise in das Innere der katholischen Kirche. Viel Hoffnung auf Veränderung und Modernisierung kann das Buch einem nicht machen, viel zu verknöchert scheinen die veralteten Strukturen und zu machtbestrebt sind dann doch die einzelnen Mitglieder der Kurie. Dennoch eine sehr spannende Lektüre, die ich nur empfehlen kann.
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