Harry
Freudenthal versucht alles, um sich als Jude im nationalsozialistischen
Deutschland zu verstecken und immer wieder unterzutauchen. Seine letzte Hoffnung
im April 1945 ist die Tarnung als Pilger auf dem Weg nach Santiago di
Compostela. Doch er wird aufgehalten und landet plötzlich als Teilnehmer beim
Lauf zum Führergeburtstag am 20. April, 1000 Kilometer für das tausendjährige
Reich. Am Geburtstag des Führers sollen sie in Berlin einlaufen, doch der Krieg
rückt immer näher und so wird der Lauf zu einer Jagd durch das teils schon
besetzte Deutschland mit dem immer fragwürdigeren Ziel Berlin. Denn was soll
sie dort noch erwarten? Zusätzlich wird der Lauf von Leni Riefenstahl
begleitet, die eine große Dokumentation darüber machen will und dem Ganzen so
noch zusätzliche Wichtigkeit verleihen soll. Ein skurriles Ereignis nimmt
seinen Lauf.
Peter Keglevic
hat mit der Geschichte von Harry Freudenthal eine bemerkenswerte Story
geschaffen. Auf schon fast groteske Art und Weise begegnet Harry dem Grauen und
der Verfolgung mit Witz und Humor. Mit seiner Teilnahme am Lauf für den Führer,
kann er die Nazi-Größen - wenn auch ungewollt – endgültig vorführen. Er als
Jude und damit Volksfeind schlägt sich gut im Lauf um den ersten Platz. Skurril
auch, wie das Feld immer weiter ausdünnt und die Damen vom BDM krampfhaft
versuchen, den Lauf trotz aller Widrigkeiten aufrecht zu erhalten. Ganz dem
Bild der deutschen Frau entsprechend, blond, drall und fürsorglich. Man
schwankt beim Lesen die ganze Zeit zwischen Grauen und Lachen, vielleicht ist
es genau das, was Peter Keglevic erreichen will: Dass wir dem Grauen ins
Gesicht lachen, dass wir dabei sind, wenn Harry nicht klein beigibt sondern wie
ein Stehaufmännchen immer weiter macht. In Rückblenden erfahren wir, wie er
sich soweit durchschlagen konnte, warum er im April 1945 noch am Leben ist und
mit dem Einmarsch der Amerikaner wächst die Hoffnung, dass er der Glückliche
ist, der es schafft, der die Nationalsozialisten narren kann und mitten auf dem
Präsentierteller steht und doch durchkommt. Doch ist das überhaupt möglich, bei
der Wut und Verachtung mit der die Nationalsozialisten am Ende noch jeden
Grashalm zu verteidigen scheinen?
„Ich war Hitlers
Trauzeuge“ ist eine spannende Geschichte voller Witz und Trotz im Angesicht von
Angst und Zerstörung, die einen als Leser nicht unberührt lassen kann. Mich hat
dieser Roman wirklich beeindruckt, Peter Keglevic hat eine tolle Idee in eine
sehr bewegende, lustige und zugleich grausige Geschichte umgesetzt, eine
großartige Leistung.
✮✮✮✮✮
Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe des Knaus Verlags.
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