Gertraud Klemms
Roman „Muttergehäuse“ zeigt auf eindrucksvolle Weise, was es in einer Frau
auslösen kann, wenn sie keine eigenen Kinder bekommen kann und wie ihr die
Gesellschaft dabei begegnet. Mit einer kraftvollen und bildhaften Sprache
beschreibt die Autorin die Gefühlslage ihrer Protagonistin, die zunächst von
Freunde und Glück über die Entscheidung, mit ihrem Mann ein eigenes Kind zu
wollen geprägt ist, dann aber schnell umschlägt in Frustration, Wut und
Verzweiflung. Sie müssen lernen, dass nicht jeder einfach ein Kind bekommt,
sondern es für sie ein harter Weg wird, von Arzt zu Arzt, von Beratung zu
Beratung. „Die Kinderwunschindustrie eröffnet sich einem erst, wenn Defizite im
Raum stehen. Sie ist allerdings eine verschwiegene, heimlich Industrie, nicht
so eine hoffnungsvolle, sich überall anbietende und aufdrängende wie die Gebär-
und Babyindustrie.“
Dabei beginnt
ihr Verhältnis einen Sprung zu bekommen, Schuldzuweisungen stehen im Raum, die
Wut gegen sich selbst richtet die Protagonistin gegen ihren Partner. Diese
Situationen sind sehr bewegend beschrieben, danach folgt der Weg über die
Adoption zu einem Kind, doch die Probleme werden scheinbar nicht weniger, nur
anders.
Beeindruckend
ist vor allem die Bildhaftigkeit der Sprache, dies beginnt schon mit dem Titel.
„Muttergehäuse“ hatte mich zunächst an etwas technisches denken lassen, ist in
der Gesamtheit mit dem Cover aber auch ein Schneckenhaus, eine fragile Hülle,
die gefüllt werden soll, wie die Protagonistin ihren Körper mit einem Baby zu
füllen wünscht. Die „Akten wachsen wie ein Tumor“, der „Embryo wird in Papier
gepackt“ durch die ganzen Dokumente der Adoption, dies sind nur zwei Beispiele
für die wunderbare und aufrüttelnde Sprache von Gertraud Klemm.
Eingeschoben
sind immer wieder Traumsequenzen, in denen die Protagonistin mit ihren Ängsten
konfrontiert wird, die Angst nicht schwanger zu werden, das ungeborene Baby zu
verlieren, nicht gut genug aufzupassen, das Kind bei einem Unfall zu verlieren.
Mit all diesen Dingen konfrontiert sie sich tags wie nachts und hat so kaum
noch eine Möglichkeit, dem Thema auszuweichen. Zur eigenen Angst kommt die
ständige Bewertung durch das eigene Umfeld und die Gesellschaft hinzu, die ihr
das Leben nicht erleichtert.
„Muttergehäuse“
ist ein sehr bewegendes Buch, wahrscheinlich ein Frauenbuch, das auch ein Mann
einmal lesen sollte. Es zeigt viel über die Emotionen und die Psyche während
des ganzen Prozesses, ohne Klischees zu verwenden und einen Schutzwall zum
Leser zu ziehen. Gertraud Klemm ist ein bedrückendes und bewegendes Buch
gelungen, das einfach nur außergewöhnlich ist in seiner Art.
Die wunderschön
gemachte Ausgabe ist erschienen im Verlag Kremayr & Scheriau.
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