Dienstag, 2. Mai 2017

Heidi Rehn "Das Haus der schönen Dinge"

Lilly ist noch ein junges Mädchen, als ihre Eltern Thea und Jacob Hirschvogel sich Ende des 19. Jahrhunderts einen Traum erfüllen und am Münchener Rindermarkt das Kaufhaus „Hirschvogel“ eröffnen. Schnell werden sie zum Highlight der Innenstadt und entwickeln das Kaufhaus immer weiter. Schon früh ist klar, dass Lilly wie ihre Eltern für das Kaufhaus lebt und langsam wächst sie in die Aufgaben hinein, die die Zukunft für sie bereithält. Doch schwierige Zeiten stehen Hirschvogels bevor, besonders weil sie wie viele Kaufhausbesitzer Juden sind und oft wendet sich die Stimmung gegen sie. Lilly muss kämpfen, um den Traum ihrer Eltern weiterführen zu können, und dabei wenden sich nicht nur bekannte Widersacher gegen sie und ihre Familie, auch viele Freunde entpuppen sich als falsch und unzuverlässig.
Heidi Rehns Roman „Das Haus der schönen Dinge“ ist ein umfassender Roman über eine Kaufhausdynastie, die so zwar nie wirklich existiert hat, aber deren Leben Rehn sehr realistisch und nachvollziehbar beschreibt. Das Buch erstreckt die Geschichte über drei Generationen, wobei Lilly als mittlere die ganze Zeit im Mittelpunkt des Romans steht. Am Beispiel der Familie Hirschvogel geht es um die bewegende Zeit in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts bis in die späten 30er Jahre, eine Zeit gezeichnet vom ersten Weltkrieg, von Wirtschaftskrisen und dem Aufstieg der Nazis. Waren die Hirschvogels zu Beginn noch angesehene Bürger der Stadt und königlicher Hoflieferant, sehen sie sich nach dem Krieg immer stärkeren Anfeindungen ausgesetzt. Sehr gut deutlich wird hier, wie viele Menschen sich plötzlich auf die Seite der lauten Mehrheit gestellt haben, um nicht anzuecken und so auch langjährige Weggefährten im Stich ließen. All das beschreibt Rehn bewegend und mitreißend, mit einer sehr sympathischen Hauptfigur, die dennoch nicht fehlerlos ist. Lilly ist mir von der ersten Seite an ans Herz gewachsen, ebenso wie ihre Eltern und Geschwister, so unterschiedlich sie auch alle sind.
„Das Haus der schönen Dinge“ ist ein wunderschöner historischer Roman, in den man einfach versinken kann und bei dessen Lektüre man die Zeit um sich herum völlig vergisst. Heidi Rehn beschreibt eine funkelnde Welt, die auch viele Schatten hat und gemeinsam mit Lilly durchleidet man die schwierigsten Episoden des 20. Jahrhunderts. Mich hat der Roman uneingeschränkt überzeugt und ich konnte gar nicht mehr aufhören, weiterzulesen. 

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