Es sind die 70er
Jahre und Osei, genannt O, ist nicht nur der Neue auf dem Schulhof in
Washington, er ist der einzige Schwarze in der gesamten Schule. Nicht nur die
Mitschüler reagieren skeptisch, auch die Lehrer schwanken zwischen Toleranz und
Vorurteilen. Nur das beliebteste Mädchen der Klasse, Dee, freundet sich sofort
mit ihm an. Doch das sorgt in ihrem Umfeld für Misstrauen und Ränkespiele, von
denen sie nichts ahnt und die von Intrigant Ian initiiert werden. Innerhalb
kürzester Zeit wird die Rollenverteilung auf dem Schulhof auf den Kopf
gestellt.
Tracey Chevalier
hat Shakespeares „Othello“ für das Hogarth Shakespeare Projekt neu überarbeitet
und mit „Der Neue“ einen unglaublich spannenden und atmosphärischen Roman über
Amerika in den 70er Jahren geschrieben. Geschickt verdichtet sie die Handlung
auf einen Schultag, an dem sich zwischen den Unterrichtsstunden das ganze Drama
anbahnt, bis es unweigerlich in eine Katastrophe führt. Mit großer Spannung
verfolgt man als Leser jede Entwicklung, betont wird dies noch durch
Perspektivwechsel, die teilweise die gleichen Begebenheiten von
unterschiedlichen Personen erzählen lassen und für den Leser so die gesamte Struktur
ausgiebig entwickeln. Schon früh ahnt man, wohin alles führen wird und ist
dennoch gefesselt und entsetzt zu gleich, während sich beim Lesen das Netz
immer enger im Osei zuzieht und er sich am Ende genauso verhält, wie es alle
erwartet haben – allerdings hervorgerufen durch den Druck von außen.
„Der Neue“ ist
auch ohne Shakespeare-Bezug ein großartiger und psychologisch dichter Roman,
der einen als Leser packt und aufzeigt, wie Gesellschaften Menschen in
vorgefertigte Rollen pressen und sie manipulieren, bis sie eben diesem
Rollenklischee entsprechen. Dies auf den kleinen Bezugsort eines Schulhofes zu
reduzieren ist eine großartige Idee und bringt einem den Stoff so nah wie nur
möglich. Ein wirklich herausragendes Buch, das perfekt aufzeigt, wie aktuell
Shakespeares Stoffe noch immer sind.
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Hier geht es zu weiteren Informationen und der Leseprobe des Knaus Verlags. Hier gibt es zudem weitere Informationen über das Hogarth Shakespeare Projekt.
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