Freitag, 5. Oktober 2018

Jean-Philippe Blondel "Ein Winter in Paris"


Victor verlässt seinen kleinen Heimatort in den 80er Jahren um nach Paris zu gehen und sich dort auf die Prüfungen für den Staatsdienst vorzubereiten. Als erster in seiner Familie bricht er aus dem provinziellen Leben aus. Seine Familie versteht nicht, was er in Paris macht und in Paris findet er keinen Kontakt zu seinen Mitschülern, die für ihn alle aus einer anderen Welt zu stammen scheinen. Lediglich mit Matthieu redet er gelegentlich bei einer Zigarette in der Pause, auch er kommt vom Land und findet schwer Kontakt. Doch Mattieu nimmt sich plötzlich in der Schule das Leben, Victor bleibt zurück. Und als einziger „Freund“ des Opfers wird er plötzlich interessant, findet Kontakte und baut auch ein enges Verhältnis zu Matthieus verzweifeltem Vater auf. Dieser Winter in Paris soll Victors Leben für lange Zeit prägen.
Jean-Philippe Blondels Romane zeichnen sich aus durch einen feinen Blick auf die Menschen, ihre Probleme und Verhaltensweisen. So auch in diesem Roman, in dem der Autor Victor in den Mittelpunkt stellt und alle Figuren und Geschehnisse wie ein Karussell um ihn herumdrapiert, dass sich um ihn dreht und schwindelig werden lässt. Fast scheint es, als wäre Victor glücklicher gewesen, bevor er all die Menschen traf, die Zeit mit ihm verbringen wollten, er ist verstört und verwirrt von dem Vorteil, der ihm durch Matthieus Tod entstanden ist, kann aber auch nicht loslassen und in seine Einsamkeit zurückkehren. Blondel beschreibt dies in einer fließenden und poetischen Sprache, die einen mitnimmt auf die Reise von Victor und von der wir Leser im Rückblick erfahren. Die Figur des Victor ist sehr bewegend beschrieben und seine Unsicherheit und jugendliche Verwirrung lassen einen nicht unberührt zurück.
„Ein Winter in Paris“ von Jean-Philippe Blondel ist ein wunderbarer Roman, der sehr sensibel und feinsinnig von Victors Gedanken und Gefühlen berichtet und so beim Lesen einen Sog entwickelt, der einen gefangen nimmt und auch mit der letzten Seite nicht loslässt. Es ist ein Buch das nachdenklich macht und nachwirkt, weil es einen wirklich berührt hat.


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Hier geht es zur Leseprobe und weiteren Informationen der Hanser Literaturverlage. 

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