Wie soll man ein derart komplexes Buch in ein paar Sätzen zusammenfassen? Kurz gesagt geht es um die Erfindung der Fotografie, die vielleicht doch schon viel früher stattgefunden haben könnte, als heute bekannt ist. Und es geht um den Maler Silvius Schwarz und seine Geliebte Sophie von Schlosser, eine Mathematikerin, und ihr Verhältnis zueinander.
Doch das ist längst nicht alles, denn der Autor erzählt seine Geschichte nicht einfach chronologisch als historischen Roman. Auf drei verschiedenen Erzählebenen mit unterschiedlichen narrativen Stilen schafft er ein Gesamtwerk, dass die Menschen auf unterschiedlichste Art einbindet. Auf erster Ebene erzählt der Herausgeber von seinem Leben, wie er die Texte über Silvius Schwarz entdeckte und wie am eine regelrechte Obsession entwickelt, alles zu besitzen und zu wissen, was es zu diesem am Anfang als Hirngespinst erscheinenden Maler gibt.
Dann lässt der Herausgeber den Leser an zwei weiteren Textarten teilhaben, zum einen Originaltexte aus der Zeit, von einem Stummen Druckleger in Dresden geschaffen. Sechs Bögen gibt es insgesamt, die es für den Herausgeber zu finden gibt. Und letztlich von ihm den als halb fiktional, halb real bewerteten Briefroman mit den Briefen von Sophie und Silvius, in denen der Maler Silvius Schwarz von seinen Entwicklungen berichtet.
Die Briefe, und besonders die von Sophie, muss ich an dieser Stelle einmal besonders hervorheben. Dem Autor gelingt es auf unglaublich gute Art und Weise, einen Stil zu schaffen, der so glaubwürdig ist, dass man versucht ist zu denken, die Originalbriefe hätten neben Mathias Gatzas Schreibtisch gelegen, während er diesen Roman schrieb. Fiktion und Realität sind so nah, dass sie zu verschwimmen drohen und den Leser auf einen schmalen Grat zwischen Glauben und Zweifeln schicken. Sophie ist in ihren Briefen als Person so plastisch, temperamentvoll und faszinierend, dass man gerne selber einmal einen ihrer wunderbaren und völlig ungekünstelten Briefe bekommen würde.
„Der Augentäuscher“ ist kein Buch, das man einfach nebenbei verschlingen kann, man muss sich auf den speziellen Stil des Romans mit seinen verschiedenen Personen und Ebenen einlassen, um Gefallen daran zu finden. Meiner Meinung nach ist Mathias Gatza ein außergewöhnliches und faszinierendes Buch gelungen!