Arjeta ist
noch ein junges Mädchen, als sie mit ihrer Familie aus dem Kosovo nach
Deutschland flieht. Sie lebt sich ein, hat eine Beziehung zu dem deutschen
Jakob Schütte. Doch nach dem Krieg in Kosova (wie die Albaner Kosovo nennen),
geht ihre Familie zurück und sie mit. Der Erzähler trifft sie später, ihr Sohn
Leka und sein Sohn Benji haben sich in Deutschland kennengelernt, er fährt mit
Benji nach Priština und lernt dort Lekas und damit auch Arjetas Familie kennen.
Aber auch die Geschichte von Jakob Schütte, der in Deutschland lebt,
Computerspiele entwirft und der Vater von Leka ist, der von ihm entfernt in Priština
aufwächst.
Jan Böttcher
beschreibt in seinem Roman „Y“ die gescheiterte Liebe von Jakob und Arjeta,
aber auch das Scheitern einer ganzen Gesellschaft in einem zerstörten Land. Das
Chaos von Priština steht fast gleichbedeutend neben der Unfähigkeit von Arjetas
Familie, in ihrem Land wieder richtig anzukommen, etwas zu Ende zu bringen. Sie
geben den Umständen die Schuld an ihrem Nicht-Weiterkommen, den „Anderen“, nie
sich selbst. In Deutschland scheinen sie als Flüchtlinge in eine Opferrolle
gefallen zu sein, aus der sich besonders Arjetas Vater nie wieder verabschiedet
hat. Arjeta ist anders, sie engagiert sich, ist aktive Künstlerin, schafft das „Provisorium“,
die künstlerische Beschreibung der ganzen Gesellschaft in Kosova.
Die
Geschichte, die Jan Böttcher erzählt ist beeindruckend und ist sehr aktuell.
Die Auseinandersetzung mit dem Fremden ist für Jakob Schütte ebenso wie für den
Erzähler eine erschütternde, tiefgreifende Erfahrung, wie sie heute auch so
viele Menschen haben, die nach Deutschland kommen. Sie sind außen vor, beobachten
Arjeta und ihre Familie ohne eine Chance, wirklich dazuzugehören.
All dies
beschreibt Böttcher in einem sehr gut lesbaren und kompakten Roman, der einen
als Leser von Anfang gut mitnimmt. Mir hat die Beschäftigung mit den Themen Krieg,
Liebe, Nähe und Fremde in diesem Roman ausgesprochen gut gefallen, auch wenn
man sich ein wenig in die Geschichte hineinarbeiten muss. Die Charaktere
fliegen einem nicht zu, sie sind etwas sperrig, nicht makellos und
lebensbejahend sondern auch in sich gebrochen, zweifelnd und suchend. Für
jeden, der von einem Buch mehr als fröhliche Unterhaltung erwartet, ist „Y“ von
Jan Böttcher absolut zu empfehlen.