Montag, 30. Juni 2014

Jean-Luc Bannalec "Bretonische Verhältnisse. Ein Fall für Kommissar Dupin"


Kommissar Dupin als eingefleischten Bretonen zu bezeichnen wäre ganz sicher übertrieben, doch er hat sich an die Bretagne gewöhnt. Bereits vor fast drei Jahren wurde von Paris zwangsversetzt, weil sein Umgangston mit Vorgesetzten mehr als ein wenig zu wünschen übrig lässt. Jetzt muss in dem Mord an einem 90-jährigen Hotelbesitzer in einem nahegelegenen Künstlerort ermitteln, in dem schon Gauguin seine berühmten Werke malte. 
Die ganze Geschichte und die Ermittlungen von „Monsieur le Commissaire“ haben mich sehr an Romane von Agatha Christie erinnert. Seine Art, an Fälle heranzugehen ist davon geprägt, dass er sich auf seine Sinneseindrücke und eine Art Intuition verlässt, wobei ihn seine Kollegen nur stören. Verständlicherweise treibt er sie in den Wahnsinn, wenn er sie ständig von A nach B beordert, ohne ihnen zu sagen warum, oder Leute zu Befragungen einbestellen lässt, die für seine Kollegen überhaupt keinen Bezug zu dem Fall haben. Wenn er nicht weiter weiß, läuft der einsame Wolf Dupin durch die Gegend und wartet auf die Eingebung, die manchmal kommt und manchmal auch nicht. Nur ungern lässt er sich durch herkömmliche Ermittlungsmethoden einengen. All dies macht den besonderen Charme dieses Protagonisten aus, der zwar seine Fälle lieber alleine löst, die Gesellschaft von Menschen (bei einem guten Essen) aber durchaus zu schätzen weiß. Beim Lesen vermittelt sich das Gefühl, es mit einem guten alten Krimi zu tun zu haben, in dem Fälle nicht von Forensikern und Pathologen mit Hightech-Gerät aufgeklärt werden, sondern von einem Menschen, der durch bloßes Nachdenken und Kombinieren seine Fälle löst. Damit hebt sich diese Geschichte positiv von vielen anderen Krimis ab und bietet dem Leser spannende Unterhaltung und fordert auch seine eigene Kombinationsgabe ein bisschen, wenn er mit dem Kommissar mithalten will.
Der Krimi „Bretonische Verhältnisse“ und Kommissar Dupin haben mich sehr positiv überrascht und überzeugen durch angenehme Charaktere mit besonderem Charme und eine originelle Geschichte. 

Sonntag, 29. Juni 2014

Ursula Poznanski "Blinde Vögel"


Nach dem Geocaching-Fall haben es Beatrice Kaspary und Florin Wenninger erneut mit einem anspruchsvollen Mordfall zu tun. Ein junger Mann wird erschossen aufgefunden, neben ihm liegt eine erdrosselte junge Frau. Die Ermittler glauben zunächst an ein Paar, eine Tat aus Eifersucht, doch schnell rückt ein neuer Aspekt in den Mittelpunkt. Beide waren aktiv in einer Facebook Gruppe, in der die Teilnehmer sich über Gedichte ausgetauscht haben und scheinen sich bis vor einigen Tagen gar nicht persönlich gekannt zu haben. Als ein weiteres Mitglied der Gruppe seinen Selbstmord ankündigt, ist sich Beatrice Kaspary sicher, dass die Lösung des Falls nur in der Gruppe zu finden ist und beginnt sich mit einer falschen Identität intensiv in die Gespräche einzuschalten.
 „Blinde Vögel“ ist einfach unglaublich spannend und mitreißend. Die Ermittler sind sympathisch beschrieben und bringen auch private Aspekte mit in die Geschichte, ohne dass diese die Geschichte dominieren. Auch wenn einem die Story am Anfang etwas absurd vorkommt, nimmt sie einen schnell gefangen und überzeugt durch eine klare Struktur und spannende Wendungen, die anfangs nicht zu erwarten waren. Auch die Ermittler scheinen von der Entwicklung der Geschichte genauso überrascht wie man als Leser selbst, was sowohl die Story als auch die Charaktere so glaubhaft macht. 
Ich war von dem zweiten Thriller von Ursula Poznanski absolut begeistert und hoffe schon jetzt sehr auf einen dritten Band mit Kaspary und Wenninger als Ermittler. 

Mittwoch, 25. Juni 2014

Kate Morton "Die fernen Stunden"


Edith Burchall wird durch Zufall auf die Vergangenheit ihrer Mutter aufmerksam, als ein 50 Jahre alter Brief zugestellt wird. Dieser stammt von einer alten Freundin, bei der sie 1940  während der Evakuierung aus London auf Schloss Milderhurst lebte. Edith beginnt über das Schloss zu recherchieren, wo die drei Schwestern Percy, Saffy und Juniper Blythe seit Jahren abgeschieden leben und das schwere Erbe ihres Vaters verwalten, der mit der Geschichte vom Modermann einen literarischen Klassiker schrieb.
 Zunächst scheint es beim Lesen, als wäre Edith Mutter Meredith die Protagonistin der Geschichte, doch schnell wird klar, dass sie nur eine Art Auslöser ist, der Edith dazu bringt die wahre Geschichte herauszufinden. Dabei wird immer deutliche, dass die Fiktion der Modermann-Geschichte untrennbar mit dem wahren Leben der Blythe-Schwestern verbunden ist und die jüngste Schwester Juniper sogar in den Wahnsinn getrieben hat. Der Vater hat die Schwestern an das Schloss gekettet, in dem die Geschichte spielt und das aus Geldmangel um sie herum immer weiter verfällt. Die Geschichte beeindruckt besonders durch die starken Charaktere und die vielen Aspekte der Story, die die Autorin jedoch problemlos zusammenführt und wieder trennt, was die Handlung so spannend und nervenaufreibend macht. Als Leser folgt man vielen Andeutungen, die einen in die falsche Richtung führen, um sich dann um so überraschender aufzulösen. Fantasie und Fiktion auf der einen Seite kollidieren immer wieder mit der Realität, in der die Schwestern leben und manchmal fällt es schwer, beides auseinander zu halten. Dies passt aber gut zu dem gesamten Leben auf dem Schloss, denn auch die Schwestern haben sich mit ihrer Vergangenheit wie in einer fiktiven Geschichte eingerichtet, die sie nicht ändern können, in der sie jedoch brav ihre Rollen spielen müssen. 
„Die fernen Stunden“ ist mit Abstand der bisher literarischste und tiefgehendste  Roman von Kate Morton und überzeugt durch Spannung und ausgefallene Charaktere. 

Sonntag, 22. Juni 2014

Jo Nesbø "Das fünfte Zeichen"


In diesem Fall bewegt sich Harry Hole mal wieder dicht an der Grenze zur Illegalität und verliert sogar seinen Job, weil seine Methoden und seine Alkoholsucht ihn zu einem unkontrollierbaren Faktor in den Ermittlungen machen. Und diese haben es mehr als in sich. Eine Leiche wird gefunden und die Obduktion ergibt, dass sich unter ihren Augenlidern ein fünfzackiger Diamant verbirgt. Welches Zeichen will der Mörder damit setzen? Als weitere Leichen auftauchen wird klar, dass die Polizei es mit einem Serientäter zu tun hat, der eiskalt und nach System mordet. Obwohl Kommissar Hole inzwischen suspendiert ist, ermittelt er weiter und kommt der Lösung des Falls gefährlich nahe. 
Harry Hole ist wie immer einmalig, an Grusel und Spannung kaum zu überbieten. Harrys zerrissenen Psyche drängt sich dabei immer wieder in den Vordergrund, er ist der klassische Ermittlertyp des einsamen Wolfs. Der Verlust seiner Kollegin Ellen, für deren Tod er einen Kollegen verantwortlich macht, und die Trennung von seiner Freundin Rakel und deren Sohn Oleg verstören ihn zutiefst und treiben ihn immer tiefer in die Sucht. Und diese Sucht ist nicht nur der Alkohol, sondern auch der Tanz auf dem Vulkan bei der Suche nach dem Serienkiller. Immer wieder bringt er sich selbst in Gefahr und ohne zu wollen auch Rakel und Oleg. Denn der Killer weiß genau, wo seine schwache Seite ist und versucht so den gewieften Ermittler auszuspielen. 
"Das fünfte Zeichen“ ist hochgradig mitreißende Krimiunterhaltung und gehört bei jedem Krimi- und Thriller-Fan - wie im übrigen auch alle anderen Harry Hole Romane - ganz vorne in das Bücherregal. 

Samstag, 14. Juni 2014

Kate Morton "Das geheime Spiel"


Wenn Kate Morton eine Geschichte entwickelt, hat diese Gefühl und Spannung, sie nimmt den Leser mit in eine andere Welt und lässt ihn Figuren entdecken, die ihn berühren. Genauso ist es auch in ihrem Roman „Das geheime Spiel“, in dem die Hauptfigur Grace sich als alte Frau an ihr Leben Anfang des 20. Jahrhunderts erinnert. Damals war sie Hausmädchen bei Lord und Lady Ashburry und lernte die Kinder David, Hannah und Emmeline. Sie begleite sie durch Liebe und Verlust, Angst und Verzweiflung angesichts der Schicksalsschläge, die sie in den unsteten Zeiten während des ersten Weltkriegs und später in den wilden zwanziger Jahren ereilen. Dabei wird die Geschichte überschattet von dem alles entscheidenden Unglücksschlag, dessen wahre Entstehung nur Grace zu kennen scheint. Und so bewegt man sich mit ihr unweigerlich auf die große Katastrophe zu. 
Die authentischen Figuren und detaillierten Beschreibungen lassen einen sofort tief in die Geschichte eintauchen, so dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legt. Die Personen wachsen einem ans Herz, die emanzipierte, eigensinnige Hannah ebenso wie die verzogene und vergnügungssüchtige Emmeline, die mit ihren Exzessen Ablenkung von einer lieblosen Kindheit zu suchen scheint, abgestellt bei Kindermädchen und Zofen, die jedoch keine Eltern ersetzen können. Trotz ihrer Individualität sind die Figuren auch Stereotypen ihrer Epoche. Die Frauenbewegung beginnt das Wahlrecht und Selbstbestimmung einzufordern, während es den reichen Erbinnen der englischen Oberschicht zwar nicht an Geld mangelt, aber an heiratsfähigen Männern, da viele ihrer Generation im ersten Weltkrieg starben. Der Titel von Lord oder Lady allein sind nicht mehr ausreichend, der amerikanische Geldadel beginnt mit den alteingesessenen Briten zu konkurrieren und schlägt sie wirtschaftlich ein ums andere mal. All dies fasst Kate Morton in ihrem Portrait einer Familie und ebenso einer Epoche zusammen und schafft ein umfassendes, berührendes Bild von Menschen, die mit oder gegen ihre Zeit leben. 
In „Das geheime Spiel“ nimmt die Autorin ihre Leser mit auf die Reise in eine andere Zeit und lässt einen selbst diese beim Lesen vergessen. Das sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. 

Montag, 9. Juni 2014

Rita Falk "Schweinskopf al dente"


Der bayrische Provinzpolizist Eberhofer möchte eigentlich nur seine Ruhe, seine Freundin zurück und jeden morgen das gute Frühstück seiner Omi. Doch als der Richter Moratschek von einem verurteilten Mörder bedroht wird und dieser dann aus dem Gefängnis fliehen kann, bleibt ihm nichts anderen übrig, als Zeit mit dem Richter zu verbringen, um ihn zu beschützen. Erst recht nachdem dieser einen Schweinekopf in seinem Bett gefunden hat - das grenzt ja schon an mafiöse Methoden. Eberhofer muss also wohl oder übel ermitteln und Omis Frühstück ein paar mal ausfallen lassen. 
Ich habe mir das Buch gekauft, nachdem ich die Verfilmung von „Dampfnudelblues“ gesehen habe, die ich ausgezeichnet fand. Während der filmische Eberhofer facettenreich und unterhaltsam war, scheint die literarische Vorlage jedoch flach und langweilig. Die Story kommt meiner Meinung nach nicht richtig in Gang und beim Lesen blieb das Gefühl, es müsste noch irgendwas passieren, damit es überhaupt eine sinnvolle Handlung wird. Die Idee scheint zwar witzig und spannend, die Umsetzung bleibt jedoch leider farblos und etwas langatmig, denn Eberhofer springt hin und her zwischen den Ermittlungen im Kriminalfall, seiner Familie mit ihren Problemen und der Tatsache, dass seine Freundin nach Italien abgehauen ist. Ein stringenter roter Faden ist schwer zu finden, so dass keine Spannung aufkommt und auch die Figuren blass zurückbleiben.
 Abschließend war ich enttäuscht von dem Roman und hoffe dennoch auf weitere witzige und unterhaltsame Verfilmungen. 



Donnerstag, 5. Juni 2014

Kerstin Böhm & Ulrike Wronski "Verplant Verliebt"


Marie ist an Ordnungsliebe kaum zu überbieten, alles wird bei ihr vorbereitet, geplant und durchorganisiert - auch ihr gesamter Lebensplan. Um so schlimmer, als der planmäßige Vater ihrer Kinder sie betrügt und sie sich von ihm trennt. Ihr schöner Plan ist dahin. Ein Neustart muss her und so lässt sie sich auf einer Party mit dem attraktiven Karlo auf einen One-Night-Stand ein. Doch die einmalige Planlosigkeit bringt ihr gesamtes Leben durcheinander, denn Karlo stellt sich als ihr neuer Kollege heraus und als Frauenaufreißer obendrein- das glaubt Marie jedenfalls. Da ist jede Menge Chaos vorprogrammiert. 
Der Roman besticht durch viel Liebe zum Detail, sowohl was das Szenarie, als auch die Charaktere betrifft. Karlo und Marie haben ihre Macken und Eigenarten, die sich jedoch auf eine natürliche Art zu ergänzen scheinen. Das gibt der Geschichte eine Menge Spannung, ohne jedoch konstruiert oder gewollt zu wirken. Das Lesen des Romans mach einfach Spaß und die Geschichte wirkt keineswegs wie ein Kopie bekannter Romane von Marian Keyes, Carly Phillips oder Meg Cabot. Die Autoren bringen ihren eigenen Stil in die Geschichte und halten das Niveau vom Anfang bis zum Ende. So schaffen sie liebenswerte Charaktere in einem glaubwürdigen Szenario, mit denen man gerne bis zum Ende mitfiebert und ihnen nur das Beste wünscht
Ein durch und durch gelungener Liebesromane, für laue Sommerabende genauso geeignet wie für verschneite Tage vor dem Kamin. 

Dienstag, 3. Juni 2014

Tilman Birr "On the left you see the Siegessäule"


Tilman ist Ende zwanzig und hat sein Studium der Geschichtswissenschaften in Berlin beendet. Auf der Suche nach einem Job, der die Miete zahlt, landet er als Stadtbilderklärer auf einem der zahlreichen Touristenboote, die stündlich die Spree durch die Berliner Mitte rauf und runter dümpeln. In seinem Buch erzählt Tilman von allerlei kuriosen Begegnungen mit Menschen, die doch ein etwas spezielles Bild von Berlin und Deutschland haben. 
Der Klappentext klang auf jeden Fall sehr witzig und viel versprechend, leider hatte ich das Gefühl, dass die besten Gags auch genau dort schon verschossen wurden und das Buch nicht viel mehr zu bieten hat. Die Geschichte lebt von den witzigen Passagieren, mit denen Tilman unterwegs ist, nur leider sind die gar nicht so kurios und witzig wie erhofft. Ein Landei, dass in eine Disco will? Als ob man so etwas Uncooles in Berlin noch hätte. Auch dass viele Menschen mit einem witzigen Dialekt daherkommen, wird für immer neue Kalauer verwendet, die sich aber wenig voneinander abheben und dass Buch schnell etwas öde und langatmig werden lassen.
 Im Großen und Ganzen war das Buch zwar gut lesbar, hat aber enttäuscht. Ich hatte mir nach der Ankündigung doch einige abstrusere Szenen vorgestellt. So reicht es meiner Meinung nach einfach nicht, um ein ganzes Buch zu füllen.