Donnerstag, 31. Dezember 2015

Herman Koch "Sommerhaus mit Swimmingpool"

Marc Schlosser ist Hausarzt, hat eine gut gehende Praxis, zwei hübsche Töchter, eine wunderbare Frau und eine ziemlich abgeklärte Sicht auf sein Leben. Er weiß sich durchzuwursteln. Doch als der berühmte Schauspieler Ralph Meier sein Patient wird und er mit seiner Familie und der Familie Meier die Ferien im Sommerhaus mit Swimmingpool in Frankreich verbringt, ändert das alles. 
„Sommerhaus mit Swimmingpool“ ist ein außergewöhnliches Buch, sowohl den Stil des Autors als auch die Charaktere betreffend. Ich habe selten einen Protagonisten in einem Buch erlebt, der mir von Anfang an so unsympathisch war, ohne sagen zu könne, warum. Sein Blick auf seine Mitmenschen ist teilweise so erbarmungslos und auch seinen Beruf als Arzt verübt er regelrecht herzlos und einfach nur berechnend nach Minuten, dass man sich fragt, woraus er überhaupt Lebensfreude zieht. Dass seine teilprominenten Patienten ihn dann auch noch zwingen, an ihren Konzerten und Theaterpremieren teilzunehmen, scheint ihm eine unglaubliche Zumutung. Die ganze Zeit habe ich mich jedoch gefragt, was ihn denn glücklich machen würde? Darauf scheint Marc Schlosser jedoch auch keine Antwort zu haben. Er ist auch nicht wirklich unzufrieden, er scheint irgendwo im leeren Raum zwischen Glück und Unglück zu schweben, bis er auf eine Seite gerissen wird.
Die Story ist nicht chronologisch aufgebaut, der Autor beginnt eigentlich mit dem Ende und erklärt dem Leser dann Stück für Stück, wie Schlosser sich in diese Lage manövrieren konnte. Ob er im Recht war, muss jeder am Schluss selber entscheiden. Diese Konstruktion der Geschichte lässt einen als Leser von Anfang gespannt weiterlesen und auch der Charakter des Protagonisten lässt einen nicht los und stellt mehr Fragen als aufgelöst werden. Mit „Sommerhaus mit Swimmingpool“ ist Herman Koch ein unglaublich subtiler und unaufgeregter Thriller gelungen, der Spannung über die Konstellation der Charaktere aufbaut und nicht über oberflächlich konstruierte Verbrechen. Wirklich ein großartiges Buch!

Mittwoch, 23. Dezember 2015

Kristina Ohlsson "Papierjunge"


Papierjunge

Ein verwirrender Fall für die Ermittler Fredrika Berg und Alex Recht: Eine Erzieherin in der jüdischen Salomongemeinde in Stockholm wird erschossen, kurz danach verschwinden zwei Jungen der Gemeinden auf dem Weg zum Tennistraining. Ist das nur Zufall oder hängen die beiden Fälle zusammen? Lange können sich die Ermittler keinen Reim auf die Zusammenhänge machen und tappen völlig im Dunkeln. Wer ist der ominöse Papierjunge, der nach einer jüdischen Erzählung Kinder nach verschleppt und ermordet? Was hat die Geschichte mit den Vorfällen in Stockholm zu tun?
Die Geschichte um die Morde in Stockholm ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Während die Ermittler der Polizei lange nichts mit den Vorfällen anzufangen wissen, erfahren die Leser über die Figur der Eden, der Leiterin der schwedischen Sicherheitspolizei, einige Hintergründe, die zu Spekulationen veranlassen. Der Lösung kommt man jedoch auch nicht wirklich auf die Spur. Das hat mir an diesem Thriller besonders gut gefallen, bis zum Schluss hat man fast keine Idee, wer hinter den Taten steckt und mit welchem genauen Hintergrund. Man rätselt immer weiter und versucht Verbindungen zu ziehen, doch die letztendliche Lösung, erhält man erst ganz zum Schluss. Dies führt zu einer regelrechten Lesesucht, ich musste immer weiter Lesen, um endlich Licht ins Dunkel zu bringen.
Dabei sind die Charaktere ausgesprochen abwechslungsreich und ambivalent beschrieben. Man kann nie dem ersten Eindruck trauen und gräbt sich Stück für Stück zu Ihrem wahren Charakter vor. Ist man sich in einem Moment noch sicher, einen Mörder vor sich zu haben, entpuppt er sich als besorgter Familienvater oder andersherum. Viele Geheimnisse umgeben die Personen, die man nur ganz langsam enträtseln und auflösen kann. Auch das macht „Papierjunge“ so unglaublich spannend.
Kristina Ohlsson ein großartiger Thriller gelungen, der einen bis zur letzten Seite gefangen hält., keineswegs simpel konstruiert, sondern sehr komplex mit vielen spannenden Charakteren und Verbindungen. Dieses Buch kann man guten Gewissens jedem Weiterempfehlen. 

Montag, 21. Dezember 2015

Wolfgang Schorlau "Die schützende Hand"

Dengler ermittelt in seinem achten Fall und aktueller war ein Buch Wolfgang Schorlaus wohl noch nie, auch wenn seine Krimis immer am Puls der Zeit spielen. In diesem Fall wird der Privatdetektiv Georg Dengler damit beauftragt, herauszufinden wer Bönhardt und Mundlos, die zwei toten Mitglieder des NSU-Trios ermordet hat. Denglers Ergebnis scheint zunächst klar, denn die offizielle Version lautet Selbstmord. Doch je weiter er in seinen Ermittlungen kommt, desto unlogischer wird diese Schlussfolgerung. Folgt man den Tatsachen, kann es unmöglich Selbstmord gewesen sein. Doch wer brachte die beiden Rechtsterroristen um?
Gemeinsam mit Dengler beginnt man die Ermittlungen und immer wieder läuft es einem kalt den Rücken herunter, wenn er aus Akten und Protokollen der Untersuchungsausschüsse zitiert. Denn auch dem Leser wird schnell klar, dass die offizielle Version so nicht belastbar ist. Der Zeitplan ist nicht schlüssig und die Spurensicherung vor Ort so bewusst dilettantisch, dass keine Spuren über blieben. Kaum vorstellbar, dass die Polizei das Wohnmobil, in dem die beiden sich erschossen haben sollen, noch mit den Leichen auf einen Abschleppwagen gezogen hat, so dass im Innenraum alle Spuren zerstört wurden. Schwer vorstellbar ist auch, dass während des gesamten Einsatzes, bei dem Schüsse gehört wurden und ein Feuer festgestellt wurde, zu keinem Zeitpunkt ein Notarzt gerufen wurde. Die beiden hätten ja auch schwer verletzt im Wohnmobil liegen können.
Ich habe das Buch als geradezu gruselig empfunden, selbst wenn sich hier natürlich Fakten und Fiktion mischen. Wie der Autor im Nachwort selber erläutert, ist es eine von mehreren Lesarten, die Georg Dengler hier ermittelt. Als Leser muss ich jedoch sagen, dass es sich um eine sehr logische und gut nachvollziehbare Lesart handelt.

Durch die Aktualität und Brisanz der Ereignisse tritt Dengler selbst mit seinen Freunden und seiner Partnerin Olga hier etwas mehr in den Hintergrund als in den bisherigen Geschichten von Wolfgang Schorlau, durch viele Aktenzitate wirkt das Buch mehr wie eine Reportage, als wie ein Krimi, was die ganze Story jedoch umso eindringlicher macht. Daher finde ich „Die schützende Hand“ ist ein absolut gelungener Krimi, der einen nicht nur theoretisch gruseln lässt, sondern einem vor Augen führt, wie gutgläubig und unwissend wir schnell glauben, was uns von den Institutionen des Staates präsentiert wird. 

Steffi von Wolff "Ausgepackt"


Ausgepackt: und andere Weihnachtsgeschichten



In diesem Buch sammelt die Autorin einige Weihnachtsgeschichten, die sich eigentlich mit missglückten Weihnachtsfesten auseinandersetzen sollen. Leider überzeugen diese Geschichten gar nicht, die wenigsten haben überhaupt einen weihnachtlichen Rahmen und sind sehr beliebig zwar auf den Weihnachtstag gelegt, jedoch ohne irgendeinen weihnachtlichen Bezug aufzuweisen.In den Geschichten geht es dann auch eher um Beziehungen und Beziehungskrisen als um weihnachtliche Erlebnisse. 
Auffällig ist, dass hier wirklich ausschließlich mit einfachen Klischees gearbeitet wird, statt wirklich Figuren zu entwickeln, mit denen der Leser (auch bei einer kurzen Geschichte) eine Verbindung eingehen kann. Stattdessen sind die Frauen immer entweder unglaublich erfolgreich und gut aussehend (dafür aber bösartig und hinterhältig) und nett, dumm und dicklich und werden am Ende für ihre Gutgläubigkeit mit einem Mann belohnt. Dies scheint nach Ansicht der Autorin der einzige Lebenssinn für Frauen zu sein, sich möglichst schnell in einen Mann zu verlieben und ihn an sich zu binden. Da reicht ihr dann auch schon einmal Blickkontakt und schon ist allen Beteiligten klar, dass hier ganz schnell geheiratet werden muss.
Doch auch bei den männlichen Figuren bleiben nur Klischees kleben, es gibt eigentlich keine wirklichen Charaktere in den Geschichten. Wahlweise haben wir den faulen alten betrügerischen Ausländer, der nicht arbeiten will; den unglaublich gut aussehenden indischen Arzt, in den man sich sofort verlieben muss oder den dümmlich-verliebten Anwalt, der sich von seiner wahnsinnig erfolgreichen (und deshalb natürlich fiesen) Freundin mit seinem besten Freund betrügen lässt.
Leider war das Buch auf ganzer Linie eine Enttäuschung, die Figuren sind flach und emotionslos, die Geschichten stark konstruiert und unglaubwürdig und weihnachtlich ist keine von Ihnen. Wer ein Weihnachtsbuch sucht oder allgemein ein Buch mit kurzen unterhaltsamen Geschichten, sollte hiervon Abstand nehmen und lieber weitersuchen. 

Donnerstag, 17. Dezember 2015

Judith Winter "Sterbegeld"

In Judith Winters Roman „Sterbegeld“ geht es um zwei Fälle, einmal den brutalen Mord an einer vierköpfigen Familie und einmal einen internen Skandal bei der Polizei. Durch einen Maulwurf geraden die Mitglieder einer Spezialeinheit in Gefahr, als sogar ein Kollege stirbt, werden die Kommissarinnen Zou und Em darauf angesetzt, herauszufinden wer interne Geheimnisse Preis gibt. Um nicht aufzufallen, sollen sie den scheinbar schon aufgeklärten Vierfachmord wieder aufrollen, denn neue Spuren deuten auf die Unschuld des Hauptverdächtigen hin. Beide Fälle halten die beiden Ermittlerinnen schnell sehr viel mehr auf Trab als erwartet.
Mir hat die ganze Story mit dem Aufbau der Charaktere sehr gut gefallen. Obwohl es bereits der dritte Band mit dem Ermittlerteam Zou und Em ist, kommt man schnell in die Geschichte rein und versteht das Verhältnis der beiden. Hier treffen zwei sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander, die sich bei der Arbeit jedoch wunderbar ergänzen. Der Mord an der Familie Svenson erschien die ganze Zeit so beliebig, doch durch die Kombinationsgabe der beiden lässt sich mit der Zeit doch ein Muster erkennen. Bei der Suche nach dem Informanten in den eigenen Reihen tappen die beiden jedoch lange im Dunkeln und bringen so sich und auch ihre Kollegen in Gefahr. 

Auch wenn die Story spannend ist und man das Buch gut lesen kann, fehlte mir die Hochspannung, die einen dazu bringt, immer weiter zu lesen und eine Seite nach der anderen umzublättern. Ich habe das Buch gerne gelesen, aber richtig mitgerissen hat es mich zu keinem Zeitpunkt. Ein solider Krimi, der zwar Spaß macht, aber einen nicht richtig mitnimmt. 

Montag, 14. Dezember 2015

Marita Spang "Blut und Seide"


Blut und Seide


In Marita Spangs historischem Roman „Blut und Seide“ geht es um den Jungen Simon, der durch einen heimtückischen Übergriff seine Eltern verliert und dann bei einem guten Freund seines Vaters aufwächst. Mit dessen jüngerem Bruder Heinrich verbindet ihn ein lebenslanger Hass und Streit, was zum einen daran liegt, dass Heinrich neidisch auf die Liebe seines Bruders Johann ist, die Simon erhält. Zum anderen scheint Heinrich mit seiner ausgeprägten Gewalttätigkeit und geradezu psychopathischen Zügen geradezu dazu veranlagt, keine Freundschaften und ehrlichen Beziehungen eingehen zu können, da er kompromisslos jede Gegenstimme niederschlägt. Wenig hilfreich ist es da für die Beziehung der Beiden, dass Simon sich in die Frau verliebt, die Heinrich schon in der Kindheit als Ehefrau auserkoren wurde. 
Die Geschichte, die die Autorin hier im Umfeld des 13. Jahrhunderts beschreibt, hat mich sehr fasziniert und mir sehr gut gefallen. Besonders die historische Basis, die sehr gut recherchiert und dargestellt war, nimmt einen als Leser sofort mit in diese Welt, die uns heute doch recht fremd ist. Darauf baut dann die Fiktion auf und gerade diese Kombination macht die Geschichte so glaubwürdig und bringt einem die Charaktere sehr nahe. Ich habe mit den Figuren wirklich mitgelitten, -gekämpft und –geliebt und konnte Simons Wut auf die Ungerechtigkeit des Lebens sehr gut nachvollziehen. 
Marita Spang ist ein großartiger historischer Roman gelungen, der auf Basis vieler Fakten und vor einem glaubwürdigen historischen Hintergrund eine ergreifende Geschichte erzählt und gleichzeitig ein buntes Bild des damaligen Mittelalters schafft.  

Dienstag, 8. Dezember 2015

Petra Durst-Benning "Kräuter der Provinz"


Kräuter der Provinz



"Kräuter der Provinz" ist die Geschichte eines kleinen Dorfes und seiner Bürgermeisterin, die nicht glauben will, dass es keine Hoffnung für das kleine Örtchen gibt, obwohl alle jungen Leute abwandern und es kaum Arbeit gibt. Also beauftragt sie ihre Cousine, eine Werbekonzept für den idyllischen Ort zu entwickeln. Rund um diese Story gibt es reichlich Turbulenzen, die die Geschichte unterhaltsam machen.

Besonders gefallen haben mir die liebevoll beschriebenen Charaktere, die in der Geschichte alle ihren Platz haben. Keine geht unter oder wäre einfach nur platt beschrieben, alle sind in ihren Eigenarten und Lebensweisen sehr detailliert und nah am Leser. Dadurch hat die Geschichte besonders viel Spaß gemacht, denn man leidet und freut sich natürlich mit und möchte immer wissen, wie es weitergeht. 
Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen, es kommt sehr locker und leicht daher, gibt aber dennoch ein klein wenig Anlass zum grübeln und nachdenken. Trotz düsterer Momente überwiegt eindeutig eine Fröhlichkeit und Leichtigkeit, die einem als Leser einfach Spaß macht. Ich kann das Buch nur weiter empfehlen!

Pascal Naessens "Pur genießen"


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Auf den ersten Blick hat mir das Buch sehr gut gefallen, auch wenn ich die Bilder teilweise etwas dunkel und 90er angehaucht fand. Aber die Grundidee der gesunden Ernährung auf die beschriebene Weise kannte ich schon und dafür fand ich die Rezepte sehr ansprechend.

Nachdem ich einige Rezepte ausprobiert habe, habe ich jedoch einige kleinere Kritikpunkte. Zum einen fehlen oft Mengenangaben, so dass man herumprobieren muss, bis es gut schmeckt. Oft stehen nur Öl, Pinienkerne und Gewürze da, ohne dass die Dosierung angegeben oder empfohlen wird, was ich als störend empfinde, wenn ich ein Rezept zum ersten Mal koche.
Auch bei der Angabe der Produkte finde es es immer etwas grob. Zu Schreiben eine Hand voll Kräuter (z.B. Basilikum) ist schon eine etwas Angabe, mit Kräutern lässt sich vieles Verändern, frische reinbringen oder aber auch ein komischer Geschmack hervorbringen. Daher sollte zumindest genauer da stehen, welche Kräuter geeignet sind, wenn es kein Basilikum ist. Koriander wirkt sich dann doch etwas anders auf ein Gericht aus als Rosmarin oder Oregano. Auch die Angabe "Ziegenkäse" finde ich nicht sehr hilfreich, gibt es doch verschiedenste Arten, Ziegenkäse zuzubereiten, als Frischkäse, Ziegengouda oder Camembert, von vielen anderen Arten nicht zu sprechen. Da wären zumindest Hinweise sinnvoll, ob man von einem Hart- oder Frischkäse spricht und wie aromatisch dieser sein sollte.
Im großen und ganzen fand ich das Buch daher nicht besonders gut, es sind ein paar nette Ansätze und Ideen darin zu finden, damit es wirklich gut schmeckt und abwechslungsreich ist, muss man jedoch die Rezepte weiterentwickeln und mit Gewürzen herumprobieren, sonst ist es eher langweilig und fade.

Gillian Flynn "Gone Girl"


Gone Girl - Das perfekte Opfer



Gillian Flynns Thriller "Gone Girl" ist für den Leser wirklich ein kleiner Psychotripp. Zu Beginn erscheint einem alles logisch, eine Frau ist verschwunden, die Ehe war unglücklich, ihr Mann wirkt wie ein egoistischer Rüpel, der Fall ist klar: Sicher hat er sie umgebracht, wie unspannend doch das Buch beginnt. Doch dann beginnt Flynn mit uns als Leser zu spielen, uns Hinweise hinzuwerfen, die uns Zweifeln lassen, bis sie uns mit der weiteren Entwicklung völlig jede Sicherheit und den Glauben an unser Urteilsvermögen nimmt. War doch alles ganz anders als gedacht?
Schon durch diese Konstruktion und die Perspektivwechsel nimmt "Gone Girl" einen als Leser völlig gefangen, man ist hin und her gerissen zwischen Zuneigung und Abneigung für die Personen und traut seinem eigenen Urteil nicht mehr. Lässt man sich als Leser gerade hinters Licht führen, hat man die Hinweise richtig gedeutet? Die Autorin schafft ein psychologisches Spiel mit den Figuren, so dass ich das Buch am Ende nicht mehr aus der Hand legen konnte. Wie sollte diese Geschichte denn noch ausgehen, so ausweglos und verworren wie sie war? Die Autorin hat dafür dennoch einen verstörenden und beeindruckenden Schluss gefunden. Und hat uns allen gezeigt, wie leichtgläubig wir als Leser manchmal sein können. Meiner Meinung nach ist ihr ein wirklich herausragender Thriller gelungen!

Dienstag, 27. Oktober 2015

Jeffrey Archer "Spiel der Zeit"


Harry Clifton wächst als Sohn eines Hafenarbeiters und einer Kellnerin in den 30er Jahren in Bristol auf. Schnell zeigt sich, dass er mehr aus seinem Leben machen kann, als wie sein Vater Hafenarbeiter zu werden und sein langer und steiniger Weg in die britische Upper Class beginnt. Dabei findet er nicht nur Freunde fürs Leben, sondern auch seine große Liebe.

Das „Spiel der Zeit“ ist einer der besten historischen Romane, die ich in den vergangenen Jahren gelesen habe und kann problemlos mit Ken Folletts Jahrhundert-Trilogie mithalten. Harry Clifton ist ein außergewöhnlicher Charakter, mit dem man als Leser von der ersten bis zur letzten Seite mitfiebert und auch seine Mutter wächst einem gleich ans Herz. Den Gegenspielern, denen Harry begegnet kann er durch seine Intelligenz und auch durch seine guten Freunde und Unterstützer stets ebenbürtig entgegentreten und ich freue mich schon jetzt darauf, was in den nächsten Bänden passiert. Der Erzählstil des Autors ist dabei unglaublich detailliert und spannend, er erschafft blitzschnell Bilder im Kopf seiner Leser und schnell glaubt man, die Figuren besser zu kennen als sie sich selber. 

Besonders gut gefallen haben mir auch die wechselnden Erzählperspektiven. Dadurch dass die gleiche Geschichte von unterschiedlichen Personen erzählt wird, hat man gegenüber den Protagonisten häufig einen Wissensvorsprung, der eine unglaubliche Spannung schafft. An anderen Stellen tappt man hingegen genauso im Dunkeln wie Harry, weil er die entscheidenden Details nicht wissen kann, zum Beispiel was den neuen Freund seiner Mutter angeht. 

Jeffrey Archer ist ein wirklich großartiger historischer Roman gelungen, den man unbedingt lesen sollte. Umso schöner ist es, dass dies nur der Auftakt der Clifton-Saga ist, die auf Englisch bereits erschienen ist.


Petra Durst-Benning "Kräuter der Provinz"


"Kräuter der Provinz" ist die Geschichte eines kleinen Dorfes und seiner Bürgermeisterin, die nicht glauben will, dass es keine Hoffnung für das kleine Örtchen gibt, obwohl alle jungen Leute abwandern und es kaum Arbeit gibt. Also beauftragt sie ihre Cousine, eine Werbekonzept für den idyllischen Ort zu entwickeln. Rund um diese Story gibt es reichlich Turbulenzen, die die Geschichte unterhaltsam machen.


Besonders gefallen haben mir die liebevoll beschriebenen Charaktere, die in der Geschichte alle ihren Platz haben. Keine geht unter oder wäre einfach nur platt beschrieben, alle sind in ihren Eigenarten und Lebensweisen sehr detailliert und nah am Leser. Dadurch hat die Geschichte besonders viel Spaß gemacht, denn man leidet und freut sich natürlich mit und möchte immer wissen, wie es weitergeht. 


Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen, es kommt sehr locker und leicht daher, gibt aber dennoch ein klein wenig Anlass zum grübeln und nachdenken. Trotz düsterer Momente überwiegt eindeutig eine Fröhlichkeit und Leichtigkeit, die einem als Leser einfach Spaß macht. Ich kann das Buch nur weiter empfehlen!

Dienstag, 31. März 2015

Yoko Ogawa "Schwimmen mit Elefanten"


Ein Junge der nicht wachsen will - das klingt fast nach Pippi Langstrumpf und ihren Krummelus-Pillen. Doch der kleine Junge in diesem Buch hat nichts gegen das erwachsen werden, er will nur nicht groß werden. Seit er weiß, dass die arme Elefantendame Indira einsam auf einem Kaufhausdach sterben musste, weil sie zwar als kleiner Elefant nach oben kam, jedoch zu groß wurde um wieder im Aufzug nach unten zu kommen, hat er Angst, groß zu werden. Er lebt mit seinen Freunden, der Elefantendame Indira und dem kleinen Mädchen Mira, das in einer Spalte eingeklemmt in seinem Kleiderschrank sitzt - alles in seiner Vorstellung. Doch zufällig trifft er eines Tages einen Mann, der in einem umgebauten Bus lebt . Er bringt ihm das Schachspielen bei und verändert so das Leben des Jungen.
Die Geschichte in „Schwimmen mit Elefanten“ ist so stimmungsvoll und still erzählt, dass man beim Lesen Angst bekommt, den Ablauf zu stören, der den Jungen durch sein Leben leitet. Trotz tragischer und dramatischer Ereignisse wird die Erzählung nie hektisch, Yoko Ogawa schafft es, einen von der ersten bis zur letzten Zeile mit den Figuren in Verbindung zu bringen und so fühlt man mit dem Jungen, wenn er unter dem Schachbrett sitzend nach  neuen Zügen sinnt, während man gleichzeitig in Be- und Verwunderung erstarrt. Der Protagonist ist eigenartig und einzigartig zugleich, man möchte ihn beschützen und gleichzeitig ins Leben schubsen, damit er voran kommt. Und obwohl es in der ganzen Geschichte eigentlich nur um das Schachspiel geht, schafft der Autor es, auch Nicht-Kenner des Schachspiels zu verzaubern und mit in diese Welt zu nehmen, die den Jungen so fasziniert, mit einem wahren Ozean an Möglichkeiten, in dem jeder Spielzug zum Abbild des Charakters wird. 
Es ist ein ganz besonderes Buch mit ganz besonderen Figuren, das Yoko Ogawa geschaffen hat und wenn man es am Ende zuklappt, braucht man ein wenig, um die Welt des Jungen zu verlassen und wieder im hier und jetzt anzukommen. Diese Reise in die Welt des kleinen Jungen kann ich jedem nur ans Herz legen, es lohnt sich. 

Mittwoch, 25. März 2015

Gisela Graichen/ Alexander Hesse "Die Bernsteinstraße"


Wer denkt, dass Bernstein ein Phänomen der Ostsee und ihrer Region ist, wird in diesem Buch eines besseren belehrt. Schon in der Bronzezeit wurde mit Bernstein Handel getrieben, es war mystisch aufgeladen, ein Stein der schwimmt und brennen kann. Die Autoren beschreiben zahlreiche Funde, die den Handel bis nach Ägypten und in das antike Griechenland belegen.
Dabei wird auch viel über die Archäologie erklärt, was sie belegen kann und was eben nicht, weil vieles nur Vermutungen sind. Es gibt aus der damaligen Zeit aus den meisten Gebieten keine schriftlichen Überlieferungen und was würde man von uns finden, wenn man jedes schriftliche Produkt beiseite lässt? Unter anderem kreuzförmige Grundrisse von großen Gebäuden mit Kreuzen, an denen ein Mensch genagelt ist. Vermutlich würde man von riesigen Kultstätten ausgehen, an denen brutale Menschenopfer gebracht wurden, um Götter gnädig zu stimmen. Hier zeigt sich, wie viel Spekulation auch in den Berichten der Autoren steckt.
Als störend empfand ich den Aufbau des Buches, der unstrukturiert wirkte und zwischen den Themen hin und her sprang. Statt einer klaren Gliederung mit Fakten zum Bernstein, seiner Geschichte und den Handelswegen wird alles verbunden und wirkt nicht übersichtlich. Erst im allerletzten Kapitel werden die Grundlagen des Bernsteins, seine Zusammensetzung und seine Besonderheiten grundsätzlich geklärt. Dies hätte meiner Meinung nach ganz am Anfang stehen müssen. Auch wären Belege im Text zu bestimmten Stellen schön gewesen, so gibt es nur Angaben zum gesamten Buch, was ich zu allgemein finde.
Zusammenfassend war das Buch nicht schlecht geschrieben und erzählt interessante Details, für alle, die sich für die Bronzezeit und die Archäologie interessieren. In sich war es jedoch nicht schlüssig, was beim Lesen sehr störend war. 

Donnerstag, 19. März 2015

Leipziger Buchmesse am 14. März

Mit einiger Verspätung kommt jetzt endlich mein Bericht von der Leipziger Buchmesse. Auch wenn es sehr voll war, ist meine Leseliste durch den Besuch um einiges länger geworden, die viele Autoren und Verlage konnten mich begeistern 

Viel Zeit habe ich in der Abteilung für Reiseliteratur verbracht, denn die Auswahl in dem Bereich ist inzwischen enorm. Egal ob als Standardtourist, Wanderer, Motorradfahrer, Camper oder Fan von Pauschalreisen - für jeden gibt es den exakt zugeschnittenen Reiseführer. 

Doch hier jetzt die Bücher, die sofort in meiner Tüte gelandet sind:


Arno Geiger hat mich schon im Studium begeistert, da musste sein neuestes Werk natürlich auch mit. Dass das Cover einfach großartig gelungen ist, ist da nur ein Bonus. Ich bin schon sehr gespannt auf die Flusspferd-Story.











Der diesjährige Preisträger ist ein Gedichtband mit dem wunderschönen Titel "Regentonnenvariationen" Was der Autor Jan Wagner unter diesem Titel zusammengefasst hat, werde ich in kürze rausfinden.














"Die Bienen" scheint ein außergewöhnlicher Roman zu sein, es handelt von der Biene Flora, sie hat die Nummer 717 und ist eine Säuberungsbiene. Alles weitere zu dem Roman von Laline Paull folgt, wenn ich ihn gelesen habe.
Die Leseprobe von Greg Woolfs Biographie der Stadt Rom hat mich sofort überzeugt. Das Buch muss ich lesen!




Hier haben Klappentext und das kitschige Cover einfach überzeugt - ein schöner historischer Roman zum eintauchen, Elisabeth Büchles "Himmer über fremdem Land". 

Donnerstag, 12. März 2015

Deon Meyer "Cobra"


Endlich ist Bennie Griessel wieder da! Deon Meyers etwas eigenbrödlerischer Ermittler ist zwar nicht immer ein Sympathieträger bei seinen Vorgesetzten, doch seine Fälle löst er stets so erstklassig wie ungewöhnlich. In diesem Fall wurde ein Geschäftsmann getötet, obwohl er sich inkognito in Südafrika versteckt und Security angeheuert hatte. Zurück bleibt das einzige Indiz, die Kugeln, mit denen das Opfer erschossen wurde, mit eingravierten Schlagen. Geht es hier um einen Drogenring oder Geschäftsgeheimnisse? Als auch die Botschaft Bennie Griessel und seinen Kollegen Steine in den Weg legen will, ahnt er, dass sich auf einen heiklen Fall eingelassen hat. 
Deon Meyer schafft es auch hier wieder, mit seiner Geschichte zu faszinieren und einen als Leser von Anfang bis Ende mitzunehmen. Ich bin schon lange Fan der Südafrika-Krimis und wurde auch hier nicht enttäuscht. Bennie Griessel hat in diesem Band auch wieder mit privaten Problemen zu kämpfen, seine Freundin scheint ihn eindeutig zu überfordern und es stellt sich die Frage, ob es möglich ist, zu verliebt zu sein? Bennie weiß jedenfalls vor lauter Arbeit und privater Sorgen kaum wohin, so dass auch der Alkohol wieder in sein Leben kommt. Probleme gibt es also genug. Der Autor schafft es bei allen Nebenhandlungen jedoch großartig, die Handlung voranzutreiben und bei der zentralen Geschichte zu bleiben, ohne sich in den kleinen Aspekten zu verheddern. Ständig tauchen neue Ereignisse und Zusammenhänge auf, die wieder neue Fragen aufwerfen und als Leser kann man gar nicht anders, als immer mitzurätseln und zu ermitteln. 
Ein großartiges Buch, nur beginnt jetzt leider das Warten auf den nächsten Krimi von Deon Meyer aus Südafrika.

Es geht weiter

Nach einer langen Pause geht es jetzt weiter mit meinem Blog, neuen Rezensionen und Berichten zu allen Themen rund um die Welt der Bücher. Ich starte am Wochenende mit einem Bericht von Leipziger Buchmesse, danach wird es wieder regelmäßig Rezensionen zu Büchern und Hörbüchern geben. 
Ich freue mich wieder auf zahlreiche Kommentare und Anregungen.

Viele Grüße 
Sarah