Samstag, 30. Juni 2012

Sören Sieg "Superdaddy"


Ein Superdaddy- wie könnte der aussehen? Vielleicht ein Vater der immer für seine Kinder da ist? Oder ein beruflich erfolgreicher Typ, der am Wochenende seine Kinder ins Bett bringt und von seinen Heldentaten erzählt, der sich um seine Frau kümmert, sie liebt und nicht betrügt und für den seine Familie alles ist. Aber ganz sicher nicht dieses von Sören Sieg konstruierte Wesen aus missratener Rampensau, Memme und jaulendem Hausmann. 
Ich hatte von dem Buch eine lustige launige Unterhaltungsgeschichte erwartet, vielleicht nicht anspruchsvoll aber mit netten Charakteren und vielleicht auch Familienmomenten, bei denen sich jeder Leser denkt „ja, kenne ich, das war bei uns auch so“. Statt dessen jammert der Protagonist 300 Seiten lang über sein schweres Leben, ständig unterdrückt von seiner feministischen Akademikerfrau und gedemütigt von seinem coolen Investmentbanker-Freund. Das ist vielleicht die ersten 100 Seiten unterhaltsam, dann wird es nur noch anstrengend und spätestens auf Seite 200 wollte ich die Hauptfigur mal am Kragen packen und ordentlich durchschütteln. Von seiner egozentrischen unsympathischen Frau mal ganz zu schweigen! 
Das ist natürlich eine sehr subjektive Wahrnehmung der Charaktere und wird sicher immer auch ein wenig vom Hintergrund des Lesers bestimmt. Eine weniger einseitige Konstruktion der Figuren hätte der Geschichte jedoch sehr gut getan, dann wirkt es auch nicht so unglaubwürdig, wenn Phillips Frau einer plötzlichen Sinneswandlung gleich fünf Minuten lang weint, weil sie ja so eine schlechte Mutter ist, um dann einen Job in einer völlig anderen Stadt anzunehmen ohne die Familie zu informieren. Alles in allem leider keine empfehlenswerte Lektüre. 

Dienstag, 26. Juni 2012

Eine neue Rubrik

Seit heute gibt es eine neue Rubrik, viel Spaß beim Lesen und Entdecken. Die Fotos sind vom ersten Versuch Sushi selber zu machen- viel besser gelungen als gedacht!

Tom Rachman "Die Unperfekten"


Wie tickt eigentlich eine Zeitung? Und was kann sie in den Untergang treiben? Aus den Perspektiven von Gründer, Verleger, Mitarbeitern und Lesern beschreibt Tom Rachman in diesem großartigen Stück Literatur den Weg einer internationalen Zeitung, die in Rom produziert wird und deren Gründer großes mit ihr vor hatte. Im Laufe der Zeit jedoch wandelt sich die Zeitung und auch ihr Umfeld, neue Medien drängen auf den Markt, neue Chefredakteure versuchen das sinkende Schiff zu retten. 
 Der Roman ist eigentlich eine Zusammenstellung von kurzen Episoden, die uns am Leben von Personen teilhaben lassen, die die Zeitung am Laufen halten. Die Redaktion und das produzierte Blatt sind der Rahmen, der diese Geschichten zusammenfügt und auch die Menschen zwingend zusammenhält, ob sie das nun wollen oder nicht. Sie ist wie eine eiserne Klammer, die alles festzieht und wenn sie weg bricht, purzeln all die Geschichten und Lebensentwürfe beinahe haltlos durcheinander. Für einige mag das positiv sein, für andere bedeutet es eine Katastrophe, ohne diesen Rahmen leben zu müssen.  
All diese Entwicklungen beobachtet Tom Rachman mit Abstand zu den Figuren, er erzählt und beschreibt sie, der Erzähler hält jedoch immer eine kühle Distanz zu den Figuren und ihrem Schicksal, was auch dem Leser die Möglichkeit gibt, das große Ganze zu sehen und sich nicht in den einzelnen Figuren zu verlieren.  
Mich hat das Buch wirklich begeistert, auch wenn die Aufteilung auf einzelne Episoden am Anfang etwas ungewöhnlich war. Für diesen Roman hat Rachman damit aber die perfekte Darstellungsform gefunden! 

Montag, 11. Juni 2012

Lucinda Riley "Das Orchideenhaus"


Julia Forrester ist gezeichnet von einem schweren Schicksalsschlag und hat sich in ihr kleines dunkles Cottage in der Nähe ihres Heimatortes zurückgezogen, um zu trauern. Da gerät über eine Zufallsbekanntschaft das Tagebuch ihres Großvaters aus dem Zweiten Weltkrieg in ihren Besitz, das einige Fragen aufwirft. Ihre Großmutter Elsie kann die Rätsel lösen und lässt Julia an ihrer wahren Familiengeschichte teilhaben, die einige Geheimnisse und Überraschungen birgt. 
„Das Orchideenhaus“ von Lucinda Riley ist weitaus mehr, als der unterhaltsame Kitsch den ich mir vom Klappentext erwartet hatte. Die Autorin erzählt sehr ausgefeilt und in Rückblenden und eingeschobenen Ich-Perspektiven aus Vergangenheit und Gegenwart und gibt einem als Leser so die Möglichkeit, alle Perspektiven der Geschichte kennenzulernen. Die Charaktere sind sympathisch und teilweise von schweren privaten Schicksalsschlägen gezeichnet, ohne allzu platt und stereotyp daherzukommen. Einige leicht unglaubwürdige Wendungen am Schluss weniger hätten es meiner Meinung nach durchaus getan, aber das Grundgerüst der Geschichte ist gut nachvollziehbar und trieft nicht vor Kitsch und romantischen Verklärungen, auch wenn die große Liebe in Zeiten des Krieges natürlich nicht fehlen darf. 
Alles in allem ein sehr gelungener Roman mit guten Figuren und schönen Kulissen, absolut lesenswert für alle, die auch „Die Schmetterlingsinsel“ von Corina Boman und „Die Wildrose“ von Jennifer Donnelly mögen. 

Sonntag, 3. Juni 2012

Jennifer Donnelly "Die Wildrose"


Seamus Finnegan und Willa Alden sind endlich zurück! Die Figuren von Jennifer Donnelly die man schon aus „Die Teerose“ und „Die Winterrose“ kennt, rücken in diesem Buch in den Mittelpunkt der Geschichte. Willa lebt nach ihrem furchtbaren Kletterunfall im Himalaya und bewegt sich zwischen Tibet und Nepal. Seamus ist zurück von Expeditionen zum Südpol und lässt sich in London nieder. Für die beiden scheint es keine Hoffnung zu geben, dass sie doch noch zusammenfinden, doch der Zweite Weltkrieg bringt alles durcheinander und lässt sie immer wieder ihre Wege kreuzen. 
Auch dieser Roman der Rosen-Trilogie von Jennifer Donnelly packt einen von der ersten Seite, ihr Schreibstil ist so bildhaft und anschaulich, dass die Figuren im Kopf des Lesers fast Wirklichkeit zu werden scheinen. Zwar bewegt sich die Handlung immer an einem schmalen Grad zum Kitsch, schafft es aber auf angenehme Weise, soweit realistisch zu bleiben, dass es einen beim Lesen nicht stört. Die Figuren sind so angelegt, dass sie noch Überraschungen bergen und die Geschichte nicht von Anfang an vorhersehbar ist. Dies ist einer der Gründe, warum einem die über 700 Seiten an keiner Stelle zuviel vorkommen. Im Gegenteil, als ich das Buch geschlossen hatte, war ich traurig, dass die Geschichten rund um Fiona, India und Willa nun beendet sind, nach drei umfangreichen Bänden.
 Ich hoffe sehr, dass Jennifer Donnelly ihre Leser bald mit neuen Charakteren und Geschichten in ihre Welt entführt, die Rosen-Trilogie hat mich mit allen drei Bänden begeistert!

Mona Misko "Tod in der Kalurabucht"


Alessia Cappeletti ist Kommissarin bei der italienischen Polizei und gerade erst von Rom nach Sizilien gezogen, als sie am ersten Arbeitstag gleich wegen eines Mordes aus dem Bett gejagt wird. Ihren ersten Arbeitstag hatte sie sich wirklich entspannter vorgestellt, plötzlich muss sie mit fremden Kollegen in einer unbekannten Umgebung den Mord an einer deutschen Touristin untersuchen. Aber war sie wirklich nur eine Touristin? Und wieso hat sie sich am Abend ihres Todes mit mehreren Männern getroffen? Neben der Mordermittlung muss Alessia auch noch einige private Probleme lösen, so dass sie kaum zur  Ruhe kommt. 
Leider ist Mona Miskos „Sizilien-Krimi“ ein Sammelsurium an platten Italien- und Mafiaklischees, die noch dadurch betont werden, dass ständig italienische Wörter eingestreut werden. Unglaubwürdig wird dies spätestens, wenn diese italienischen Floskeln auch den deutschen Urlaubern in den Mund gelegt werden, doch auch bei den italienischen Charakteren wird es spätestens auf Seite zehn sehr anstrengend. Dass ab der Hälfte des Buches die Mafia ins Spiel kommen muss, ist schnell klar, denn Sizilien ohne Mafia wäre ja frei von Klischees und Vorurteilen, was der Autorin leider unmöglich scheint. 
 Ich war sehr enttäuscht von dem Buch, jeder der Italien ein bisschen kennt, wird sich über die Stereotypen ärgern, es gibt in dem Buch keinen Mann der nicht als extrem dunkelhaarig und gutaussehend beschrieben wird. Die Geschichte an sich hätte Potenzial zu einem vernünftigen Krimi gehabt, die Umsetzung ist leider wirklich nicht gelungen.